Münster, Bremen (epd). Die damaligen Erkenntnisse des Verfassungsschutz hätten keine konkreten Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen geboten, urteilte das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen am Dienstagabend in Münster. (AZ: 16 A 906/11)
Außerdem sei die Beobachtung angesichts der Eingriffe in das Grundrecht unverhältnismäßig gewesen. Damit bestätigte das Oberverwaltungsgericht eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts Köln aus dem Jahr 2011. Der Rechtsanwalt war zwischen 1970 und 2008 durch Sammlung und Auswertung von Informationen in einer Personalakte beobachtet worden.
Keine ausdrückliche Unterstützung festgestellt
Das Bundesamt für Verfassungsschutz begründete die Beobachtung mit seiner Einschätzung zufolge verfassungsfeindlichen Aktivitäten des Anwalts. Als Belege führte die Behörde das Engagement des Anwalts für den Sozialdemokratischen Hochschulbund (SHB), seine Redaktionsmitgliedschaft in der geheimdienst- und polizeikritischen Zeitschrift "Geheim" sowie eine Unterstützung der Deutschen Kommunistischen Partei (DKP) an.
Das Oberlandesgericht erklärte hingegen, es gebe weder beim SHB noch bei der Zeitschrift "Geheim" in den fraglichen Jahren Anhaltspunkte von Verfassungsfeindlichkeit. Auch könne nicht festgestellt werden, dass der Anwalt die DKP und DKP-nahe Organisationen selbst oder ihre verfassungsfeindliche Ziele ausdrücklich unterstützt habe.
Nach eigenen Angaben stand Gössner von 1970 bis 2008 unter Beobachtung des Verfassungsschutzes. Gössner hatte 2006 gegen die Bundesrepublik Deutschland Klage eingereicht. Wenige Tage vor der ersten Verhandlung im Jahr 2008 hatte ihm der Verfassungsschutz den Angaben nach mitgeteilt, dass die Beobachtung nach 39 Jahren eingestellt wurde.
Revision zugelassen
Der Anwalt gehört zum Vorstand der Internationalen Liga für Menschenrechte in Berlin. Zudem ist er Mitherausgeber des jährlich erscheinenden Grundrechte-Reports und Jurymitglied des in Bielefeld verliehenen Negativpreises "Big-Brother-Award", mit dem Datenschützer problematische Datenerhebungen anprangern.
Wegen der grundsätzlichen Bedeutung ließ der Senat des Oberverwaltungsgerichts die Revision zum Bundesverwaltungsgerichts zu.
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