Serien mit neuen Erzählweisen, eine Netflix-Serie und social-media-fähige Parodien: Bei den diesjährigen Grimme-Preisen spiegelt sich der Epochenwandel im deutschen Fernsehen wider.
14.03.2018

Veränderte Sehgewohnheiten und neue Erzählweisen haben den wohl wichtigsten deutschen Fernsehpreis erreicht: Mit "Dark" erhält in diesem Jahr zum ersten Mal eine Streamingdienst-Produktion einen Grimme-Preis. Die deutsche Netflix-Mysteryserie zählt zu den Preisträgern in der Kategorie Fiktion, wie das Grimme-Institut am Mittwoch in Essen mitteilte. Weitere Auszeichnungen in diesem Bereich gehen unter anderen an die von der ARD und dem Pay-TV-Anbieter Sky produzierte Serie "Babylon Berlin" und "4 Blocks" des Bezahlsenders TNT Serie.

"Die Qualität dieser hochklassigen Serien zeigt, dass Deutschland auch auf dem internationalen Serienmarkt bestehen kann", sagte die Direktorin des Grimme-Instituts, Frauke Gerlach. Mit dem Zweiteiler "Landgericht - Geschichte einer Familie" (ZDF) und dem Drama "Zuckersand" (BR/MDR) werden in der Fiktion auch zwei klassische Fernsehfilme ausgezeichnet. Insgesamt werden in diesem Jahr 13 Grimme-Preise, ein Spezialpreis und eine Auszeichnung für eine besondere journalistische Leistung in den vier Kategorien Fiktion, Unterhaltung, Information und Kultur sowie Kinder und Jugend vergeben.

Satire über Unterhaltungsbranche

Unter den Preisträgern ist erneut auch Jan Böhmermann. Der Satiriker erhält für "Eier aus Stahl - Max Giesinger und die deutsche Industriemusik" einen Spezialpreis in der Kategorie Unterhaltung. Böhmermann und sein Team hatten in der Parodie im "Neo Magazin Royale" (ZDFneo) die deutsche Musikbranche auf die Schippe genommen. Böhmermann hatte bereits in den vergangenen beiden Jahren sowie 2014 Grimme-Preise erhalten.

Mit "#Goslinggate" wird eine weitere Satire über die deutsche Unterhaltungsbranche ausgezeichnet: Die mittlerweile eingestellte ProSieben-Show "Circus Halligalli" mit Joko Winterscheidt und Klaas Heufer-Umlauf hatte einen falschen Star bei der "Goldenen Kamera" 2017 eingeschleust. Ein Double von Schauspieler Ryan Gosling schaffte es bis zur Preisverleihung.

Die Unterhaltungsjury schien insgesamt jedoch eher unzufrieden mit der Auswahl: Sie vergibt nur drei Preise - neben "#Goslinggate" und "Eier aus Stahl" wird die Sketch-Comedy "Kroymann" (Radio Bremen) mit Kabarettistin Maren Kroymann ausgezeichnet. "Das Neue war schwer zu finden", sagte der stellvertretende Juryvorsitzende Gerd Hallenberger.

Undotierte Auszeichnung

In der Kategorie Information und Kultur wird unter anderen der Dokumentarfilm "Alles gut - Ankommen in Deutschland" (NDR/SWR) geehrt. Die Autorenfilmerin Pia Lenz hatte dafür zwei Flüchtlingskinder und ihre Familien ein Jahr lang begleitet. Im Bereich Kinder und Jugend erhält unter anderen das öffentlich-rechtliche Jugendangebot Funk für das Format "Germania" von Künstlern mit Migrationshintergrund den Preis. Der Preis für die besondere journalistische Leistung geht an die Redaktion des NDR-Magazins "Panorama" für ihre Berichterstattung zu den Ausschreitungen beim G20-Gipfel in Hamburg.

Bei den Grimme-Preisen, die traditionell eher von den Öffentlich-Rechtlichen dominiert werden, waren in diesem Jahr mit "#Goslinggate", "4 Blocks" und "Dark" gleich drei Produktionen privater Anbieter erfolgreich. Bis auf ProSieben sind darunter allerdings keine frei empfangbaren Privatsender. Die Nominierungskommissionen hatten insgesamt zehn Produktionen vorgeschlagen, an denen private Anbieter beteiligt waren.

Die undotierten Auszeichnungen werden am 13. April im Theater der Stadt Marl verliehen. Der Grimme-Preis wird zum 54. Mal vergeben.

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