Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig
epd-bild/Jens Schulze
Deutschlands höchstes Verwaltungsgericht ist überlastet. Ein Grund sind komplexere Verfahren. Und die Arbeit wird nicht weniger: Für 2018 rechnet das Gericht damit, dass viele Klagen zum Asylrecht aus den Vorinstanzen Leipzig erreichen.
07.03.2018

Der Präsident des Bundesverwaltungsgerichts in Leipzig, Klaus Rennert, sieht seine Behörde trotz eines Rückgangs der Zahl neuer Klagen an der Belastungsgrenze angelangt. Das liege unter anderem an zunehmend komplexen Verfahren, sagte Rennert am Mittwoch in Leipzig.

Zudem sei der Aufwand für Klagen gestiegen, bei denen das Gericht als erste und letzte Instanz zuständig ist, erklärte der Präsident weiter. Zugleich müssten die Leipziger Richter beim Thema Umweltrecht zunehmend grundsätzlich urteilen und "Behördenhandeln in jedweder Hinsicht überprüfen".

Insgesamt gingen 2017 laut Rennert 1.459 neue Verfahren in Leipzig ein. Das entspreche einem Rückgang um rund 200 im Vergleich zum Vorjahr. Insgesamt liege die Zahl der Eingänge von 2017 im Durchschnitt der Vorjahre, erklärte Rennert. Die höhere Zahl der Klagen 2016 war auf die Aktivitäten einer einzelnen Klägerin zurückzuführen.

1.407 Verfahren wurden erledigt, 782 waren zum Jahresende noch anhängig. Wichtige Entscheidungen traf das Gericht etwa zu Dieselfahrverboten in Städten, zum Sonntagsschutz und zur Vertiefung der Elbe.

Abschiebung terroristischer Gefährder

Die Zahl sogenannter A-Verfahren, bei denen das Gericht erst- und letztinstanzlich zuständig ist, sei leicht auf knapp 100 gestiegen, erklärte Rennert. Die bloße Anzahl sei zwar "nicht weltbewegend". Jedoch seien die Verfahren besonders aufwendig, da das Gericht hier nicht nur Berufungsinstanz sei, sondern zunächst selbstständig die jeweiligen Tatsachen ermitteln müsse.

In diesen Bereich fallen demnach unter anderen Entscheidungen über die Abschiebung terroristischer Gefährder. Auch für Klagen, die den Bundesnachrichtendienst betreffen, ist erst- und letztinstanzlich das Leipziger Bundesgericht zuständig. Der dritte Bereich umfasst laut Gericht Klagen zu großen Infrastrukturvorhaben bei der Bahn, bei Fernstraßen und Wasserwegen oder im Energiesektor, etwa bei Stromtrassen.

Für 2018 erwartet Rennert nach eigenen Worten einen deutlichen Anstieg der Verfahren zum Thema Asylrecht. "Wir rechnen damit, dass die Migrationswelle 2018 auch bei uns zahlenmäßig deutlich ankommt", sagte er. Bereits im vergangenen Jahr habe sich die Zahl der Eingänge gegenüber 2016 verdoppelt, aber "noch im zweistelligen Bereich" gelegen.

210 Mitarbeiter

Bei den Oberverwaltungsgerichten, der Vorinstanz, habe sich die Zahl der Klagen zum Asylrecht 2016 und 2017 im jeweiligen Vorjahresvergleich ebenfalls mehr als verdoppelt, erklärte Rennert. Bei den Verwaltungsgerichten habe sie im vergangenen Jahr bei rund 400.000 gelegen. "Die Welle kommt", sagte der Präsident.

Wichtige Entscheidungen stehen im laufenden Jahr den Angaben zufolge etwa zur Tötung männlicher Küken und zu Vereinsverboten von Rockerclubs an. Außerdem werden das Gericht Klagen zum Bundesnachrichtendienst bezüglich der Fernmeldeüberwachung und "zum äußeren Erscheinungsbild von Soldaten" beschäftigen, wie Gerichtssprecherin Petra Hoock ankündigte.

Am Bundesverwaltungsgericht sind den Angaben zufolge aktuell rund 210 Mitarbeiter beschäftigt, darunter 54 Richter und 14 wissenschaftliche Mitarbeiter. Eine Richterstelle, die des Gerichts-Vizepräsidenten, ist seit einigen Monaten vakant. Rennert sagte, er habe das Bundesjustizministerium darum gebeten, die Zahl der Richterstellen um zwei auf dann 57 aufzustocken.

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