Norbert Lammert (CDU) (Archivbild)
epd-bild/Rolf Zöllner
Der Zentralrat der Juden in Deutschland hat den früheren Bundestagspräsidenten Norbert Lammert für seine deutlichen Worte gegen Antisemitismus und sein Eintreten für die Erinnerung an die NS-Verbrechen geehrt.
02.02.2018

Der CDU-Politiker nahm am Donnerstagabend den Leo-Baeck-Preis im Jüdischen Museum in Berlin entgegen. Lammert gehöre zu jenen Politikern, "die glaubwürdig und aus tiefer demokratischer Überzeugung die Verbrechen der NS-Zeit beim Namen nennen und Verantwortung für ihr heutiges politisches Handeln daraus ableiten", hieß es zur Begründung.

Der Schriftsteller Navid Kermani lobte in seiner Laudatio Lammerts Eintreten für die Stärke des Parlaments in Deutschland. Als Bundestagspräsident habe er sich für die Freiheit des Gewissens starkgemacht, Zorn über Absprachen in Hinterzimmern und die Verlagerung der politischen Auseinandersetzung in Talkshows artikuliert.

Anspielung auf die AfD

Zudem stehe Lammert auch für die Einsicht, dass die Bundesrepublik dadurch stark geworden ist, weil "auf diesem Boden niemals mehr vergessen wird", sagte Kermani mit Verweis auf Lammerts Eintreten für ein Erinnern an die Verbrechen der Nazis. Das Erbe werde heute vom ganzen Parlament anerkannt - mit einer Einschränkung, sagte Kermani und ergänzte in Anspielung auf die AfD, es sei eine Fraktion am Rand des rechten Spektrums hinzugekommen, "die mit der bundesdeutschen Erinnerungskultur nichts zu tun haben will".

Lammert war zwölf Jahre Präsident des Bundestags und gehört dem im September 2017 neu gewählten Parlament nicht mehr an. Kermani lobte auch den Humor Lammerts, der sich wiederum auf fast typische Art für den Preis bedankte: "Manche der Übertreibungen muss ich aus Gründen der Wahrheitsliebe zurückweisen." Zugleich räume er ein, "dass ich das ein oder andere wohl ganz gern gehört habe", sagte Lammert.

Der frühere Bundestagspräsident beklagte, dass es heute noch Antisemitismus in Deutschland gebe und begrüßte die Forderung des Parlaments nach einem Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung. In Deutschland sei Antisemitismus immer etwas anderes als in jedem Land der Welt, sagte Lammert. Die Deutschen hätten nicht den Antisemitismus, aber Auschwitz erfunden, sagte er.

Vertreter des liberalen Judentums

Zentralratspräsident Josef Schuster unterstrich bei der Preisverleihung seine Forderung nach Besuchen in KZ-Gedenkstätten. Vor dem Hintergrund antisemitischer Taten wurde diskutiert, solche Besuche künftig verpflichtend zu machen. In absehbarer Zeit werde es kaum noch Gespräche mit Zeitzeugen geben, sagte Schuster.

Das sei einer der Gründe, warum er sich für die Gedenkstättenbesuche ausspreche. Er würde begrüßen, wenn in Pilotprojekten Erfahrungen gesammelt würden, "bevor wir Nein sagen", schlug er vor. "Die Menschenwürde wurde nie so sehr mit Füßen getreten wie in der Schoah", sagte Schuster. Wer das in Buchenwald oder Dachau begreife, werde auch heute für die Wahrung der Menschenwürde eintreten.

Unter den rund 300 Gästen bei der Preisverleihung waren viele namhafte Vertreter aus Politik, Kultur und Kirchen. Der Leo-Baeck-Preis erinnert an den Rabbiner Leo Baeck (1873-1956), der ein bedeutender Vertreter des liberalen Judentums seiner Zeit war. Mit der Auszeichnung ehrt der Zentralrat der Juden seit 1957 Persönlichkeiten, die sich für die jüdische Gemeinschaft eingesetzt haben. Sie ist mit 10.000 Euro dotiert.

Zu den bisherigen Preisträgern zählen die früheren Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, Roman Herzog und Christian Wulff, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sowie der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Nikolaus Schneider. 2015 erhielt der Grünen-Politiker Volker Beck die Auszeichnung.

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