Die AfD-Fraktion im Bundestag, darunter Alice Weidel (2.v.l.), Fraktionsvorsitzende
epd-bild / Christian Ditsch
Islamfeindliche Äußerungen von AfD-Politikern sind Experten zufolge eine Gefahr für die gesamte plurale Gesellschaft. Gefordert wird deshalb Solidarität zwischen verschiedenen Gruppen. Kirchenvertreter wehren sich zudem gegen eine Vereinnahmung.
01.02.2018

Nach dem Einzug der AfD in den Bundestag warnen Experten vor einer wachsenden Islamfeindlichkeit in der Mitte der Gesellschaft. Mit neurechten politischen Gruppen wie "Pegida", der "Identitären Bewegung" sowie der AfD etabliere sich in Deutschland ein antimuslimischer Rassismus, sagte die Leiterin der Akademieprogramme des Jüdischen Museums Berlin, Yasemin Shooman, am Donnerstag in der Bundeshauptstadt. Es bestehe die Gefahr einer Normalisierung von Ressentiments gegen Muslime, aber auch gegen andere Minderheiten. So treffe Islamfeindlichkeit auch häufig Menschen, "die aufgrund ihres Aussehens für Muslime gehalten werden, egal ob sie sich mit dem Islam identifizieren oder nicht".

Der Landessprecher der muslimischen Ahmadiyya-Gemeinde in Thüringen, Suleman Malik, betonte, dass mit dem Einzug der AfD in den Thüringer Landtag sowie in den Bundestag sich die öffentliche Auseinandersetzung um die Religionsausübung von Muslimen "deutlich verändert" habe. Die Ahmadiyya-Gemeinde bemüht sich bereits seit mehreren Jahren, in Erfurt eine eigene Moschee zu errichten und stößt dort teilweise auf massiven Widerstand.

Verfassungsmäßigkeit beobachten

Unter anderem wurde von der AfD in Thüringen ein Online-"Bürgerbegehren" gegen den Moscheebau gestartet. Zudem gab es immer wieder Demonstrationen mit AfD-Beteiligung gegen das Vorhaben. Der Protest gegen Muslime sei mittlerweile "ganz anders organisiert" und habe "ganz andere Dimensionen" als frühere Proteste etwa gegen den Bau einer Moschee in Berlin-Pankow, sagte Malik.

Daniel Legutke, Referent für Menschenrechte bei der "Deutschen Kommission Justitia et Pax", einem zentralen Beratungsgremium der römisch-katholischen Kirche in Deutschland, rief dazu auf, die AfD in den Parlamenten auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin "genau zu beobachten". Sowohl im Grundsatz- als auch im Wahlprogramm der rechtspopulistischen Partei gebe es "hochproblematische" Passagen, etwa was die Religionsfreiheit im weiteren Sinne betreffe. Zugleich betonte Legutke, dass sich die christlichen Kirchen gegen eine Vereinnahmung der AfD als deutsches Kulturgut wehren: "Kirchen sind keine Kulturvereine", sagte der Menschenrechtsexperte.

Legutke warnte zudem vor Tendenzen, Religion oder Religiosität in der Gesellschaft unsichtbar machen zu wollen, etwa das in mehreren europäischen Ländern diskutierte Verbot von religiösen Symbolen wie dem muslimischen Kopftuch, der jüdischen Kippa, dem Turban der Sikh oder dem christlichen Kreuz. Eine Möglichkeit gegen wachsende Islamfeindlichkeit sei generell ein offener Umgang sowie eine gesellschaftliche Debatte um religiöse Pluralität.

Offener Dialog

Kontraproduktiv wäre dagegen ein "Verdängen der Sichtbarkeit von Religion", sagte der Katholik. Zugleich kritisierte er, dass der Islam in der Öffentlichkeit oft als "monolithischer Block" dargestellt werde, der den Pluralismus in der islamischen Welt völlig ausblende.

Shooman rief zu Solidarität zwischen verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen auf. Wenn die Existenzberechtigung von Minderheiten angegriffen werde, sei das eine Gefahr für die gesamte demokratische Gesellschaft, sagte die Wissenschaftlerin. Malik betonte, dass viele Muslime bereit seien für einen offenen Dialog - auch mit fremdenfeindlichen Rechtsextremen. So habe er selbst mehrfach im Erfurter Stadtzentrum mit Neonazis diskutiert, um islamfeindlichen Einstellungen entgegenzuwirken.

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