Häusliche Pflege
epd-bild/Juergen Blume
Nach der Einigung beim Familiennachzug von Flüchtlingen haben Union und SPD einen Kompromiss bei der Pflege erzielt. Sie streben eine bessere Bezahlung und mehr Pflegepersonal an. Den Verbänden und dem Pflegekritiker Alexander Jorde reicht das nicht.
31.01.2018

Mehr Personal und bessere Löhne in der Pflege: Darauf haben sich Union und SPD bei den Koalitionsverhandlungen geeinigt, wie die stellvertretende SPD-Vorsitzende Malu Dreyer am Mittwoch mitteilte. Sozial- und Wohlfahrtsverbände reagierten mit Skepsis und weiteren Forderungen. Auch dem Pflegeschüler Alexander Jorde, der vor der Bundestagswahl in der ARD-Sendung "Wahlarena" mit seinen kritischen Fragen an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einen Stein ins Rollen gebracht hat, reicht der Kompromiss nicht aus: "Die Politiker von Union und SPD müssen mit den Mini-Korrekturen aufhören und stattdessen einen Neustart in der Pflege wagen", sagte der 21-Jährige dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Um die Bezahlung von Pflegekräften zu verbessern, soll nach Angaben der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Dreyer der Abschluss von Tarifverträgen erleichtert werden. Bereits in den Sondierungsgesprächen hatten sich die Parteien darauf geeinigt, die Tarifbindung in der Altenpflege zu erhöhen. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz bezeichnete das Versprechen, für gerechte Löhne zu sorgen, als einen "ungedeckten Wechsel der Großkoalitionäre. Denn schließlich ist die Bundesregierung hier kein Tarifpartner."

"Schritt in die richtige Richtung"

Diakonie-Präsident Ulrich Lilie nannte die Ergebnisse von Union und SPD "einen kleinen Schritt in die richtige Richtung". Notwendig sei in der Pflege jedoch eine strukturelle und nachhaltige Lösung. Lilie begrüßte das Bekenntnis von CDU/CSU und SPD für eine angemessene und tarifliche Entlohnung.

Der Sozialverband VdK bezeichnete eine bessere Bezahlung in der Alten- und Krankenpflege als längst überfällig. Allerdings dürften die Mehrkosten für bessere Bezahlung und mehr Personal nicht dazu führen, dass die Eigenanteile von Pflegebedürftigen weiter steigen. Schon heute müssten immer mehr Pflegeheimbewohner Sozialhilfe beantragen, sagte VdK-Präsidentin Ulrike Mascher: "Pflege darf aber nicht arm machen." Die bessere Bezahlung der Pflegekräfte müsse aus Steuermitteln oder von der Pflegeversicherung finanziert werden.

Die Grünen-Politikerin Kordula Schulz-Asche nannte die Einigung auf 8.000 zusätzliche Pflegekräfte einen "Tropfen auf den heißen Stein", der für die Pflegeheime weniger als eine zusätzliche Kraft bedeute. Auch der Paritätische Wohlfahrtsverband hält die Einigung für "nicht annähernd ausreichend, um den Pflegenotstand wirksam zu beheben". Er schätzt den Bedarf an zusätzlichem Personal auf rund 100.000 Pflegekräfte.

Attraktivität steigern

Der Verband verlangte deshalb eine weitere Vereinbarung, wie und bis wann 100.000 zusätzliche Pflegekräfte gewonnen und finanziert werden sollen. Außerdem forderte der Paritätische eine gesetzliche Regelung, dass die Pflegeversicherung künftig grundsätzlich mindestens 85 Prozent der Kosten übernimmt und der Eigenanteil der Pflegebedürftigen maximal 15 Prozent beträgt.

VdK-Präsidentin Mascher sagte, notwendig seien in den Pflegeheimen und Krankenhäusern ein "ausreichender Personalschlüssel und Arbeitsbedingungen, die gute und zuverlässige Pflege ermöglichen". Auch müsse mehr dafür getan werden, die Attraktivität des Pflegeberufes zu steigern.

Der Hildesheimer Pflegeschüler Jorde forderte für die Pflege ein grundlegend neues Konzept. "Die Politiker verstehen anscheinend nicht, dass es nicht nur mehr Nachwuchs in der Pflege geben muss", sagte er. Es müsse auch darum gehen, das Pflegepersonal langfristig im Job zu halten. "Die Arbeit in der Pflege ist sowohl körperlich als auch psychisch sehr belastend", betonte Jorde.

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