Autoabgase
epd-bild/ Heike Lyding
Die Bundesregierung hat die jetzt bekanntgewordenen Abgas-Tests der Automobilbranche an Affen und Menschen scharf verurteilt. Ein solches Vorgehen sei ethisch in keiner Weise zu rechtfertigen, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin.
29.01.2018

Dagegen verteidigte die Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule (RWTH) in Aachen, an der die Studie zur Stickstoffdioxid-Belastung an Menschen erstellt wurde, die Tests und betonte, sie stünden in keinem Zusammenhang zur Dieselabgas-Affäre. Vielmehr sei es um die gesundheitliche Belastung am Arbeitsplatz gegangen.

Gefördert wurde die Aachener Studie, die in den Jahren 2013 und 2014 durchgeführt wurde, nach Angaben der Hochschule von der Europäischen Forschungsvereinigung für Umwelt und Gesundheit im Transportsektor (EUGT), einem Lobby-Verein mehrerer Autokonzerne. Der mittlerweile aufgelöste Verein habe aber keinen Einfluss auf die Studie genommen, betonte die Universität. Die EUGT beauftragte Medienberichten zufolge auch Abgasstudien an Affen, die 2014 in den USA stattfanden. Diese Tests sollen Teil einer Studie gewesen sein, die die Wirksamkeit von Abgasreinigung bei Diesel-Autos beweisen sollte.

Stickstoffdioxid-Studie ohne Bezug zu Dieselskandal

Die RWTH und das Universitätsklinikum Aachen verwiesen darauf, dass ihre Studie bereits im Jahr 2012 und damit lange vor Bekanntwerden des Dieselskandals initiiert wurde. Sie habe die Arbeitsplatzsicherheit etwa von Kfz-Mechanikern, Lkw-Fahrern und Schweißern verbessern sollen. Anlass sei eine Diskussion um die Absenkung der Maximalen Arbeitsplatz-Konzentration von Stickstoffdioxid gewesen. Die Studie sei von der Ethikkommission der Universität Aachen genehmigt worden, hieß es.

25 Teilnehmer wurden in Aachen den Angaben nach drei Stunden lang "unter strengstens medizinisch und technisch kontrollierten Bedingungen" NO2 ausgesetzt. Dabei lagen die unterschiedlichen Belastungen "deutlich unter den Konzentrationen, wie sie an vielen Arbeitsplätzen in Deutschland auftreten können", wie die Hochschule und das Universitätsklinikum erklärten. Es sei kein Mensch zu Schaden gekommen.

Ende der Abgas-Tests gefordert

Solche Tests müssten sofort ein Ende haben, erklärte ein Sprecher des geschäftsführenden Bundesverkehrsministers Christian Schmidt (CSU). Man habe "keinerlei Verständnis" für Tests, "die nicht der Wissenschaft dienen, sondern ausschließlich PR-Zwecken", sagte er. Ein Sprecher des Bundesumweltministeriums ergänzte, es gebe bereits einen guten Wissensstand zur Schädlichkeit der Abgase von Autos. Inwieweit die Tests strafbar sind, wollten die Regierungssprecher nicht bewerten.

Regierungssprecher Seibert erklärte, die Automobilbauer sollten Schadstoffe begrenzen und Grenzwerte einhalten, nicht die vermeintliche Nichtschädlichkeit beweisen. Justizminister Maas sagte der "Passauer Neuen Presse" (Dienstag): "Wer solche Tests in Auftrag gibt, scheint jeglichen Maßstab verloren zu haben." Menschen und Tiere für die eigenen Zwecke zu missbrauchen, sei einfach entsetzlich, rügte der geschäftsführende Minister.

"Kuschelkurs mit Autoindustrie beenden"

Die Organisation LobbyControl forderte die Politik zum Handeln auf: "Die Bundesregierung muss ihren Kuschelkurs mit der Autoindustrie beenden und sich generell beim Umgang mit Lobbyisten neu aufstellen", rügte Christina Deckwirth von LobbyControl. "Der Fall zeigt, mit welch manipulativen Methoden die deutschen Autokonzerne dem Diesel ein umweltfreundliches Sauber-Image verpassen wollten."

Der Berliner Wirtschaftsethiker Ulrich Thielemann warf den Automobilkonzernen ein übertriebenes Gewinnstreben vor und sprach von einem "Rentabilitäts-Extremismus". "Jedes Mittel ist recht, um Gewinne zu vergrößern und Absätze zu steigern", sagte er dem epd. Es mache fassungslos, dass Tierversuche genutzt wurden, um die Qualität eines Betrugssystems an Fahrzeugen zu messen, sagte der Direktor der Berliner "Denkfabrik für Wirtschaftsethik".

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