Ehemaliges Flüchtlingslager im Hafen von Piräus, Griechenland (Archivbild)
epd-bild/Thomas Lohnes
Im Streit um die Flüchtlingspolitik ist die Bundesregierung bereit, die Kernfrage der künftigen Verteilung von Flüchtlingen auf europäischer Ebene zurückzustellen.
25.01.2018

"Vielleicht ist es auch sinnvoll, dass wir uns zeitlich zunächst auf die anderen Themen konzentrieren, ohne dass wir den Zusammenhang aus dem Auge verlieren, dann gibt es vielleicht eher Fortschritte", sagte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Donnerstag am Rande eines Treffens mit seinen EU-Amtskollegen in der bulgarischen Hauptstadt Sofia.

Das Bundesinnenministerium widersprach allerdings im Laufe des Tages Mediendarstellungen, wonach de Maizière "die Diskussion um Flüchtlingsverteilung vorerst beenden will", wie es in einem Tweet des Ministeriums hieß. Vielmehr habe er "die Erwartung zum Ausdruck gebracht, dass es die Verhandlungen beschleunigen könne, wenn man sich zunächst auf weniger streitige Punkte" der europäischen Asylpolitik "konzentriere, ohne dabei jedoch die Frage der fairen Verteilung aus dem Auge zu verlieren", twitterte das Ministerium.

Frage bleibt bestehen

In Sofia hatte de Maizière vor der Presse auf mehrere Fragen geantwortet, die um die künftige Verteilung von Flüchtlingen innerhalb Europas kreisten. Unter anderem sagte er: "Wir wollen die Fragen zusammenhalten, aber richtig ist, dass es sozusagen verhandlungsprozessual gut ist, mal erst die Dinge einig zu machen, bei denen die Einigung leichter ist." Dazu gehörten etwa gemeinsame Verfahren, Aufnahmebedingungen und der Familienbegriff im Asylrecht. "Ohne dass wir die Frage der fairen Verteilung aus dem Auge verlieren", fügte er hinzu.

Zwar sei die Zahl der neu ankommenden Menschen in Europa nicht mehr so hoch wie 2015 und 2016 und ein Kompromiss daher generell leichter. Es gebe allerdings für Deutschland auch andere sehr wichtige Punkte bei der Reform des europäischen Asylsystems, führte der geschäftsführende Minister aus. De Maizière antwortete auch auf die Frage, ob eine Einigung auch ohne Verteilung möglich sei: "Das entscheiden wir dann am Ende der Verhandlungen."

Die EU-Staats- und Regierungschefs haben das Ziel ausgegeben, bis Juni eine Einigung über die Reform des europäischen Asylsystems zu finden. Das sollte die künftige Verteilung der Flüchtlinge einschließen. Deutschland vertritt den Standpunkt, dass zumindest bei besonders hohen Flüchtlingszahlen alle EU-Staaten einen Teil aufnehmen müssten. Dieser Punkt stand bisher bei vielen Debatten im Vordergrund.

Schutz in Europa

EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos sagte auf die Frage, ob eine Einigung über die Verteilung bis Juni möglich sei, "der europäische Geist und Geist der Solidarität werden sich durchsetzen". Bei dem Problem geht es den Worten des Kommissars zufolge ohnehin weitgehend um die Innenpolitik in den jeweiligen Ländern.

Unterdessen forderte ein Bündnis von Verbänden und Organisationen die EU zu einer Kurskorrektur in der Flüchtlingspolitik auf. Der Flüchtlingsschutz dürfe nicht auf Drittstaaten außerhalb der EU verlagert werden, hieß es in einer Mitteilung, die unter anderem vom Paritätischen Gesamtverband, von Diakonie und Caritas, Pro Asyl und dem Jesuiten-Flüchtlingsdienst unterzeichnet war. "Menschen, die vor Krieg, Terror und Verfolgung fliehen, brauchen Schutz in Europa", erklärte der Vorsitzende des federführenden Paritätischen Gesamtverbandes, Rolf Rosenbrock.

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