Mit einer Schweigeminute und Gesprächen mit Psychologen hat für Schüler in Lünen die Aufarbeitung des gewaltsamen Todes ihre Mitschülers begonnen. Gegen den 15-jährigen mutmaßlichen Täter wurde Untersuchungshaft wegen Mordverdachts angeordnet.
24.01.2018

Nach dem gewaltsamen Tod eines Schülers hat die Käthe-Kollwitz-Gesamtschule in Lünen am Mittwoch mit der Aufarbeitung der Tat begonnen. Mit einer Schweigeminute und in Gesprächen mit Psychologen und Seelsorgern trauerten Schüler und Lehrer um den 14-Jährigen, der am Dienstagmorgen an der Schule von einem 15-jährigen Mitschüler erstochen wurde. Schulleiter Reinhold Bauhus sagte, es gehe nun darum, die Ereignisse aufzuarbeiten und so schnell wie möglich wieder ein Stück Normalität einkehren zu lassen. Eine Haftrichterin ordnete für den mutmaßlichen Täter am Mittwoch Untersuchungshaft wegen Mordverdachts an.

"Aggressiv und unbeschulbar"

Vor der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule erinnerten Kerzen, Blumen, Luftballons und ein Schal des Fußballclubs Borussia Dortmund an den getöteten Jugendlichen. In allen Schulen der Stadt und im Rathausfoyer trafen sich um 12 Uhr Menschen, um in einer Schweigeminute des Opfers zu gedenken. Die Kollwitz-Gesamtschule hatte regulär um 8.15 Uhr geöffnet. Die Klassenlehrer hätten mit den Schülern zunächst über die Tat gesprochen, sagte Schulleiter Bauhus. 20 Notfallseelsorger und Schulpsychologen waren vor Ort, zudem wurde ein Trauerraum eingerichtet. Die Lüner Stadtflagge hing am Mittwoch auf Halbmast.

Die nordrhein-westfälische Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP) besuchte am Mittwochmorgen die Gesamtschule und nahm mit dem Lüner Bürgermeister Jürgen Kleine-Frauns (Wählergemeinschaft GLF) und Vertretern der Bezirksregierung Arnsberg an einer Lehrerkonferenz teil. Sie dankte den Lehrern, Schülern und Eltern für ihr besonnenes Handeln.

Der 15-jährige Tatverdächtige wurde am Mittwoch der Haftrichterin vorgeführt, die Untersuchungshaft wegen Mordes anordnete. Der Jugendliche hatte dem Opfer nach Polizeiangaben mit einem Messer in den Hals gestochen, als er mit seiner Mutter auf einen Termin bei der Schulsozialarbeiterin wartete. Als Motiv gab der Tatverdächtige laut Polizei an, der 14-Jährige habe seine Mutter "mehrfach provozierend angeschaut". Der 15-Jährige galt nach Polizeiangaben als aggressiv und unbeschulbar. Er habe deshalb zwischenzeitlich eine andere Schule besucht, nun aber wieder auf die Kollwitz-Gesamtschule wechseln sollen. Bislang war er der Polizei wegen eines Falls von Sachbeschädigung bekannt.

Mehr Unterstützung gefordert

Der Dortmunder Polizeipräsident Gregor Lange warnte am Mittwoch vor Spekulationen: "Räumen Sie den Familien, Mitschülern, Lehrern und allen Mittrauernden Raum und Zeit zur Trauer ein", mahnte er. Es gehe nun darum, durch professionelle Polizeiarbeit alle Hintergründe aufzuklären.

Auch der Bielefelder Konfliktforscher Andreas Zick mahnte eine gründliche Ursachenforschung an. So müsse gefragt werden, wie sich hoch aggressive Persönlichkeiten entwickelten und wie man diese früher erkennen könne, sagte der Wissenschaftler am Mittwoch in Bielefeld dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Der Lehrerverband Bildung und Erziehung (VBE) forderte als Konsequenz mehr Unterstützung der Politik für Schulen. "Schon länger weisen wir darauf hin, dass Konflikte schneller und öfter eskalieren und mit derberen Mitteln ausgetragen werden", sagte der Verbandsvorsitzende Udo Beckmann. "Schule wird mit vielen Herausforderungen einfach alleingelassen, aber wir können nicht alles schaffen."

Schulleiter Bauhus sagte am Mittwoch, seine Gedanken seien "ganz bei der Familie des Opfers, aber natürlich auch bei der Familie des Täters, die unsägliches Leid erfahren müssen". Viele Schüler hätten gefragt, wie so etwas passieren könne und warum der Täter das getan habe, sagte Bauhus. "Aber da finden wir auch keine Antworten, denn da gibt es glaube ich auch keine Antwort."

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