Thanhs Anwältin spricht von Vorverurteilung aus politischen Motiven, Amnesty von einem gängigen Muster. Der Prozess gegen den vietnamesischen Ex-Funktionär beschäftigt auch die Bundesregierung. Denn er war im Juli aus Deutschland verschleppt worden.
22.01.2018

Der in Berlin entführte vietnamesische Ex-Funktionär, Trinh Xuan Thanh, ist in seiner Heimat wegen Korruption zu lebenslanger Haft verurteilt worden. Das Gericht in der Hauptstadt Hanoi sprach den früheren Öl-Manager am Montag der Veruntreuung und Bestechung schuldig, wie seine deutsche Anwältin, Petra Schlagenhauf, erklärte. Die Bundesregierung müsse sich weiter für seine Freilassung einsetzen, forderte sie.

Das Verfahren sei allein schon deshalb nicht rechtstaatlich gewesen, weil Thanh im Juli vom vietnamesischem Geheimdienst und der Botschaft in seine Heimat verschleppt worden sei, sagte Schlagenhauf dem Evangelischen Pressedienst (epd). Das Ganze sei von vorn bis hinten inakzeptabel. Dei Verurteilung habe von Beginn an festgestanden. Deutschland dürfe das Vietnam nicht durchgehen lassen. Sie gehe davon aus, dass Thanh in Berufung gehen werde.

21 weitere Angeklagte

Amnesty International verurteilte den Richterspruch und sprach von einem gängigen Muster. "Das Urteil ist nicht überraschend", sagte James Gomez, Regionaldirektor Südostasien und Pazifik der Organisation am Montag dem epd. "Kritiker sind Ziel eines Kreislaufs der Einschüchterung." Die Regierung arbeite mit Schikane, Überwachung, schließlich mit Verhaftungen, Gewahrsam und am Ende mit unverhältnismäßigen Urteilen.

Die Bundesregierung nahm zur Kenntnis, dass kein Todesurteil gesprochen wurde. Für die Anklagepunkte wäre es die Höchststrafe gewesen. Das Verfahren habe in großen Teilen dem entsprochen, was das vietnamesische Strafgesetzbuch vorgebe, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes. In gewisser Weise sei das Bemühen zu beobachten, dass es einen rechtstaatlichen Prozess gebe. Man werde sich dafür einsetzen, dass die deutsche Anwältin künftig guten Zugang zu ihrem Mandanten bekomme und auch internationale Medien den Prozess verfolgen könnten. Schlagenhauf war vor Beginn des zweiwöchigen Prozesses ohne Begründung an der Einreise nach Vietnam gehindert worden.

Neben Thanh standen 21 weitere Angeklagte vor Gericht. Sie wurden zu Haftstrafen bis zu 22 Jahren verurteilt, wie das Nachrichtenportal "VNExpress" berichtete. Unter ihnen war Thanhs früherer Vorgesetzter, das ehemalige Politbüro-Mitglied Dinh La Thang. Er muss wegen Missmanagements für 13 Jahre hinter Gitter.  

"Menschenraub" und "Rechtsbruch"

Than hatte 2016 in Deutschland um Asyl gebeten und war Ende Juli aus Berlin verschwunden. Der Fall belastet das Verhältnis zwischen Deutschland und Vietnam. Während die Regierung in Hanoi erklärte, Thanh sei freiwillig zurückgekehrt, spricht das Auswärtige Amt in Berlin von "Menschenraub" und "Rechtsbruch". Voraussichtlich am Mittwoch soll wegen ähnlicher Vorwürfe ein weiterer Prozess gegen Thanh beginnen. Dann droht ihm erneut die Todesstrafe.

Das südostasiatische Land gilt als eines der korruptesten der Welt. Die politische Führung des Ein-Parteien-Staates hat vor einiger Zeit einen Feldzug gegen Bestechung und Vetternwirtschaft begonnen. Kritiker vermuten dahinter jedoch vor allem politische Motive in einem Richtungskampf innerhalb der Kommunistischen Partei.

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