Anke Hassel
epd-bild/Ulrich Baatz
Befristete Arbeitsverträge erschweren jungen Menschen den Start ins Berufsleben. Deshalb haben Union und SPD in ihren Koalitionsverhandlungen beschlossen, Arbeitgebern Zeitverträge zu erschweren. Arbeitsmarktexperten erwarten positive Effekte.
08.02.2018

Die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung begrüßt die Vereinbarung im Koalitionsvertrag, die sachgrundlose Befristung von Arbeitsverhältnissen zu reduzieren. Als "intelligent" bezeichnete die wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts der Stiftung, Anke Hassel, am Donnerstag den von Union und SPD gefundenen Kompromiss, "da er die sachgrundlose Befristung nicht völlig abschafft, aber andererseits insbesondere für größere Unternehmen die Zahl der befristeten Verträge reduziert". Der Direktor des Nürnberger Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, Joachim Möller, glaubt, dass dadurch "insgesamt die Zahl der befristeten Arbeitsverträge wohl zurückgehen wird".

Insgesamt sendet der Koalitionsvertrag nach Hassels Ansicht "an einigen Stellen Signale, dass prekäre Beschäftigung reduziert werden soll". Auch ziele die Vereinbarung darauf ab, die Arbeitsmarktintegration zu verbessern. "Dazu gehören die Stärkung der Gehälter im Bereich Pflege, die Förderung von Langzeitarbeitslosen sowie die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Migranten am Arbeitsmarkt", sagte sie dem Evangelischen Pressedienst (epd).

Ziel ist gute Jobs für möglichst viele

Möller sieht den Koalitionsbeschluss im Zusammenhang mit Maßnahmen der Bundesregierung der vergangenen Wahlperiode, "die auch in den Arbeitsmarkt eingegriffen haben, ohne dass es zu großen Verwerfungen kam". Konkret nannte er die Einführung des Mindestlohns und andere Neuregelungen im Bereich Zeitarbeit. "Gute Jobs für möglichst viele Beschäftigte ist sicher ein Ziel, gegen das nichts einzuwenden ist. Das Entscheidende ist, intelligent zu regulieren, das heißt, das Gewünschte zu erreichen, ohne Schaden anzurichten", sagte der IAB-Direktor dem epd.

Höhere Tarifbindung gewünscht

Die Düsseldorfer Wirtschaftsexpertin Hassel bedauerte, dass die Stärkung der Tarifbindung im Koalitionsvertrag nicht mehr auftaucht. Im Sondierungspapier sei dies noch als wichtiges Ziel festgehalten worden. "Eine höhere Tarifbindung führt zu höheren Löhnen insbesondere im Niedriglohnsektor und zu einer gerechteren Bezahlung", sagte Hassel.

Kommt eine große Koalition nach der Zustimmung der SPD-Basis und einem CDU-Sonderparteitag zustande, wird es nach Hassels Überzeugung "auf jeden Fall weniger sachgrundlose Befristungen geben und wahrscheinlich auch weniger begründete Befristungen". Heute seien Zweijahresverträge häufig eine verlängerte Probezeit. "Das heißt: Es handelt sich um normale offene Stellen, für die Unternehmen aber befristet einstellen, um sich größere Flexibilität zu sichern. Diese Verträge werden weniger", erklärte die Instituts-Direktorin.

Auch die Tatsache, dass die Koalition Kettenbefristungen erschweren will, werde sich für Beschäftigte mit befristeten Arbeitsverträgen positiv auswirken, sagte Hassel. "Es ist derzeit nicht sinnvoll, dass in manchen Bereichen Unternehmen Arbeitnehmer über lange Zeiträume befristet beschäftigen." IAB-Direktor Möller ist hier mit einer Prognose zurückhaltender: "Der Gesamteffekt ist nicht seriös prognostizierbar", sagte er.

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