Der Präsident der Bundeszentrale für politische Bildung Thomas Krüger begrüßt die Berufung eines Antisemitismusbeauftragten durch die Mainzer Landesregierung. Dieser Schritt sei "geradezu vorbildlich", sagte Krüger dem epd.
21.12.2017

Krüger kritisierte jedoch, dass es sich dabei um ein Ehrenamt ohne Budget handeln soll. Auf Bundesebene vermisst Krüger noch einen Beauftragten für das Thema. Thomas Krüger leitet die Bonner Bundeszentrale für politische Bildung (bpb) seit 2002. Zuvor war der evangelische Theologe Mitglied des Deutschen Bundestages.

Ehrenamt ohne Budget

epd: Herr Krüger, in dieser Woche gab die rheinland-pfälzische Landesregierung bekannt, einen Antisemitismusbeauftragten einsetzen zu wollen. Es handelt sich allerdings um ein Ehrenamt ohne Budget. Ist das eine leere Geste?

Krüger: Nein, dass Rheinland-Pfalz diese Verantwortung erkennt, ist geradezu vorbildlich. Wichtig ist jedoch, keine Parallelstruktur aufzubauen: Die Landeszentrale für politische Bildung in Rheinland-Pfalz ist bei der Bekämpfung des Antisemitismus sehr aktiv. Es wäre also sicher nicht im Sinne des Erfinders, wenn der Landesbeauftragte auch in der Bildungsarbeit aktiv wäre. Dennoch sollte er kein zahnloser Tiger sein. Auch um Forschungsergebnisse aufzubereiten und die Fakten zum Thema auf den Tisch zu legen, braucht er Mittel.

epd: Auf Bundesebene gibt es Beauftragte für zahlreiche Themen, etwa für Drogen, Aussiedlerfragen oder auch Datenschutz. Ein Beauftragter für die Bekämpfung des Antisemitismus ist seit Jahren im Gespräch. Warum gibt es ihn bisher nicht?

Ausgrenzung

Krüger: Das verstehe ich auch nicht. Ich vermute dahinter eine Zurückhaltung, die sich auf die Einführung neuer Bundesbeauftragter im Allgemeinen bezieht. Zugleich wertet der Bund damit jedoch die Bedeutung der Auseinandersetzung mit dem Antisemitismus ab. Das darf aber nicht vernachlässigt werden! Der Bund müsste klarere Prioritäten setzen und gegebenenfalls andere Beauftragte hinterfragen. Beim Antisemitismus handelt sich ja nicht um eine rein ideologische Debatte, dahinter stehen Menschen, es geht um ihre Ausgrenzung bis hin zu Gewalt gegen sie.

epd: Kennen Sie jemanden, der für das Amt in Frage käme?

Krüger: Personalempfehlungen auszusprechen, gehört nicht zu meinen Aufgaben, da müssen sich Regierung und Parlament einigen. Wichtig ist, dass derjenige Sachverstand hat, dass er die öffentliche Diskussion mitgestaltet und die politische Berichterstattung prägt. Indem er die Fakten parat hat, Straftaten beobachtet und einen Überblick über all die Bereiche hat, in denen uns Antisemitismus begegnet. Dazu gehören auch Schulen, Sport oder die Haft. Deshalb, meine ich, ist Antisemitismus auch ein Thema für den Bund.

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