Für die Freilassung inhaftierter Journalisten
epd-bild/Rolf Zoellner
Mesale Tolu darf das Gefängnis zwar verlassen, doch nur unter Auflagen. Die Bundesregierung fordert weiterhin die Freilassung deutscher politischer Gefangener in der Türkei.
18.12.2017

Nach mehr als sieben Monaten Haft kommt die deutsche Journalistin Mesale Tolu unter Auflagen aus türkischer Untersuchungshaft frei. Das entschied ein Gericht in Istanbul am Montag. Die Bundesregierung begrüßte die Entscheidung. Dies sei eine in bestimmter Weise gute Nachricht, sagte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag in Berlin. Prozessbeobachtern zufolge darf Tolu die Türkei nicht verlassen und muss sich wöchentlich bei Behörden melden.

"Immense Erleichterung"

Auch Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) reagierte positiv auf die Entscheidung. "Das sind nicht nur gute Nachrichten, sondern das ist auch eine immense Erleichterung", sagte Gabriel. "Ich glaube, wir alle in Deutschland - und auch ich persönlich - freuen uns mit Mesale Tolu über die Entscheidung des Gerichts." Allerdings betonte auch Gabriel: "Damit ist das Verfahren noch nicht beendet, aber ein erster, großer Schritt ist damit gemacht." Die Staatsanwaltschaft hatte zuvor die Entlassung Tolus aus der Untersuchungshaft beantragt. Tolus ebenfalls inhaftierter Ehemann, Suat Corlu, war Ende November freigelassen worden.

Tolu hat im Prozess gegen sie und 17 weitere Angeklagte die Vorwürfe der Mitgliedschaft in einer Terrororganisation und der Verbreitung "terroristischer Propaganda" zurückgewiesen und ihre Freilassung gefordert. Ihr drohen bei Verurteilung mehr als zehn Jahre Gefängnis. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes sagte, man werde jetzt prüfen, wie die Auflagen gegen Tolu begründet seien. Regierungssprecher Steffen Seibert bekräftigte zudem, die Bundesregierung setze sich weiter auf allen Ebenen für die komplette Freilassung der deutschen Gefangenen ein. In türkischer Haft sitzt unter anderem noch der "Welt"-Journalist Deniz Yücel.

Ruf nach Freilassung politischer Gefangener

Auch die Grünen begrüßten die Entscheidung und übten zugleich scharfe Kritik am Zustand der Rechtsstaatlichkeit in der Türkei. "Mit fairen Verfahren hatten und haben die Vorwürfe gegen Mesale Tolu ebenso wie gegen Deniz Yücel und viele andere nichts zu tun", sagte der Grünen-Bundesvorsitzende Cem Özdemir. Er forderte die türkische Regierung auf, sämtliche politische Gefangene freizulassen und die deutschen Staatsbürger wie Mesale Tolu unmittelbar ausreisen zu lassen.

Auch die Journalistenorganisation "Reporter ohne Grenzen" forderte die türkische Justiz auf, die Anschuldigungen gegen Tolu fallen zu lassen. Sie bleibe eine politische Geisel der Türkei, solange sie das Land nicht verlassen dürfe, sagte der Geschäftsführer der Organisation, Christian Mihr. Er hofft zudem, dass die Justiz auch gegen den seit Februar inhaftierten Journalisten Yücel bald eine Anklageschrift vorlegt. Ähnlich äußerte sich die Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di. Die Freilassung Tolus sei längst überfällig, aber nur ein erster Schritt, sagte die dju-Bundesgeschäftsführerin Cornelia Haß.

Von anonymem Zeugen belastet

Die 33-jährige Tolu war am 30. April bei einer Razzia in ihrer Wohnung festgenommen worden und saß seit Anfang Mai in Untersuchungshaft. Zuletzt hatte sie für die linke Nachrichtenagentur "Etkin News Agency" (Etha) gearbeitet. Tolu hat türkische Wurzeln, besitzt seit 2007 allerdings nur noch die deutsche Staatsangehörigkeit. Zum zweiten Prozesstag war auch der deutsche Schriftsteller Günter Wallraff nach Istanbul gereist.

Nach Angaben ihrer Anwältinnen lasten die Ankläger der Journalistin unter anderem die Teilnahme an Gedenkfeiern für Aktivisten an, die in Syrien ums Leben gekommen sind. Dabei handele es sich um Menschen, die im Kampf gegen die dschihadistische Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) ums Leben kamen. Belastet werde die Journalistin zudem von einem anonymen Zeugen. Seit dem Putschversuch im Juli 2016 bringt der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan kritische Medien mit Repressionen systematisch zum Schweigen.

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