Einem palästinensischen Volkszugehörigen kann nach Auffassung des niedersächsischen Oberverwaltungsgerichtes die Abschiebung in die palästinensischen Autonomiegebiete angedroht werden, auch wenn diese kein Staat im völkerrechtlichen Sinne sind.
14.12.2017

Zwar müsse nach dem Aufenthaltsgesetz in der Abschiebeandrohung der Staat benannt werden, in den ein Ausländer abgeschoben werden soll, sagte Gerichtspräsident Thomas Smollich am Donnerstag. Der Staatsbegriff sei dabei aber weiter auszulegen als im völkerrechtlichen Sinne. (Aktenzeichen 8 LC 99/17)

Als Vorsitzender Richter des 8. Senates führte Smollich aus, dass mit dem Begriff "Staat" ein Herkunftsland im Sinne des Rechts der Europäischen Union gemeint sei. Ein solches Herkunftsland seien die Palästinensischen Autonomiegebiete, auch wenn sie kein Staat im völkerrechtlichen Sinne seien.

Das Lüneburger Gericht wies damit die Berufung eines staatenlosen palästinensischen Volkszugehörigen gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichtes Göttingen zurück. Es ließ aber eine Revision vor dem Bundesverwaltungsgericht zu. "Wir halten die Auslegung des Staatsbegriffes für eine grundsätzliche Frage", sagte Smollich. Der Kläger hatte sich gegen die Benennung des Zielstaates gewehrt.

"Wie ein Staat"

Der Anwalt des Klägers, Joachim Lau, hatte die Auffassung vertreten, im Gesetz stehe Staat und dies sei ein völkerrechtlich existierender Staat. Das sei Palästina nicht. Den Staatsbegriff könne man nicht öffnen. Der Prozessvertreter der Stadt Göttingen sagte dem epd, der Kläger habe einen Pass der palästinensischen Autonomiebehörde und könne auch wieder zurückkehren. "Da verhält sich die Autonomiebehörde wie ein Staat, auch wenn sie im völkerrechtlichen Sinne als solcher nicht anerkannt ist."

Der Kläger reiste im Jahr 2009 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Mit Bescheid der Stadt Göttingen vom 13. Mai 2015 wurde er aus dem Bundesgebiet ausgewiesen. Dabei wurde ihm die Abschiebung "in das Palästinensische Autonomiegebiet" angedroht. Die dagegen erhobene Klage hatte das Verwaltungsgericht Göttingen mit Urteil vom 31. Mai 2017 abgewiesen.

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