Das Leipziger Paulinum ist eröffnet.
epd-bild/Jens Schulze
Fast 50 Jahre nach der Sprengung der Leipziger Hochschulkirche St. Pauli ist nun der Nachfolgebau eröffnet worden. Nach jahrelangen Debatten und Verzögerungen dominierten bei dem Festakt versöhnliche Töne - und späte Kritik an der Sprengung.
01.12.2017

In Leipzig ist der Nachfolgebau der vor 49 Jahren gesprengten Universitätskirche St. Pauli eröffnet worden. Der scheidende Ministerpräsident von Sachsen, Stanislaw Tillich (CDU), sagte bei einem Festakt am Freitag, mit der Eröffnung des modernen Neubaus könne "eine Wunde in der Stadt endlich heilen". Universitätsrektorin Beate Schücking sprach von einem historischen Moment. Der Festakt bildete den Auftakt der Eröffnungsfeierlichkeiten, die noch bis Montag dauern.

Die alte Hochschulkirche war am 30. Mai 1968 unter Bürgerprotesten auf Anweisung des SED-Regimes gesprengt worden. Der Neubau soll zugleich als Aula, Kirche und feste Stätte der Universitätsmusik dienen. Im Alltag meist verkürzt als Paulinum bezeichnet, ist sein offizieller Name laut Hochschule "Paulinum - Aula und Universitätskirche St. Pauli". Mit der Eröffnung fand der Aufbau eines kompletten Uni-Campus am Augustusplatz in der Leipziger Innenstadt seinen Abschluss.

"Frevel der Sprengung"

Tillich sagte, auch der Neubau könne den "Frevel der Sprengung" nicht tilgen. "Aber er schließt eine Lücke in der Stadt und den Herzen ihrer Bewohner", betonte der Ministerpräsident. Landeswissenschaftsministerin Eva-Maria Stange (SPD) sprach von einem "wunderbaren Bau", in dem sich die Freiheit des Geistes, des Denkens und der Wissenschaft in der Architektur und in dem, was man in dem Gebäude erleben könne, vereine.

Die Fassade des Neubaus erinnert an ihr historisches Vorbild. Im Inneren nehmen Orgelempore und Gewölbedecke Bezug auf den gotischen Vorgänger. Der Altarraum ist klimatisiert und durch eine Glaswand von dem bestuhlten Aula-Teil abgetrennt. Hinter der Wand, die bei Bedarf geöffnet werden kann, finden sich ein spätgotischer Wandelaltar und 26 wertvolle Epitaphe aus der alten Kirche.

Der geplanten Mehrfachnutzung des Baus waren jahrelange Diskussionen vorangegangen. Schücking sagte, es werde "natürlich eine Herausforderung sein, immer alles miteinander zu verbinden". Sie sei aber "fest überzeugt, dass wir neue, gemeinsame Formen finden werden". Nach dem "barbarischen Akt" der Sprengung "betreten wir hier gemeinsam Neuland", betonte die Rektorin.

Festgottesdienst am Sonntag

Der niederländische Architekt Erick van Egeraat bezeichnete das Projekt als "außergewöhnlich komplex - sogar in einem gut organisierten Land wie Deutschland". Er sei sehr stolz, beteiligt gewesen zu sein. Der Wert der Gesellschaft ermesse sich nicht an Politik oder Ideologie, sondern an ihren kulturellen Errungenschaften, "durch das, was wir gemeinsam schaffen".

Der Bau hatte sich mehrfach verzögert, zuletzt wegen besonderer Glaselemente zur Verkleidung der Säulen im Innenraum. Ursprünglich war die Eröffnung zur 600-Jahr-Feier der Universität vor acht Jahren geplant gewesen. Die Kosten für den Neubau von rund 117 Millionen Euro - etwa doppelt so viel wie vorgesehen - trug der Freistaat Sachsen.

Vier Tage lang wird die Eröffnung gefeiert. Einem Festkonzert zur Eröffnung der Universitätsmusiktage am Freitagabend sollte am Samstag ein Bürgertag folgen. Zu einem Festgottesdienst am Sonntag wird auch der evangelische Landesbischof Carsten Rentzing erwartet. Den Abschluss der Feiern bildet der "dies academicus" zum 608. Geburtstag der Hochschule am Montag.

Teaserbild

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.