Islamkunde-Unterricht in Düsseldorf, Archivbild 2011
epd-bild / Stefan Arend
Der Kommunikationspsychologe Wolfgang Frindte hat die Kultusministerien und die Islamverbände aufgefordert, bessere Strategien gegen eine salafistische Radikalisierung von Jugendlichen zu entwickeln. Demokratie müsse geübt werden.
28.11.2017

In den Schulen müsse die Erziehung zur Demokratie eine viel größere Rolle spielen, sagte Frindte am Dienstag dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Rande einer Tagung zum Thema Dschihadismus der Evangelischen Akademie Loccum: "Es sollte weniger über Demokratie geredet als vielmehr fächerübergreifend Demokratie im Alltag eingeübt werden."

Abgeschlossenes System

Die Behörden bekämen nach eigenen Aussagen zunehmend Probleme mit Familien, die sich der salafistisch-dschihadistischen Ideologie angeschlossen hätten, erläuterte der Professor der Universität Jena. "Das ist ein abgeschlossenes System, das in sich oftmals noch als Verstärker wirkt. Da kommt man von außen kaum noch heran." Studien hätten gezeigt, dass Menschen mit einer starken religiös-fundamentalistischen Überzeugung in hohem Maße dazu neigten, sich radikalen Gruppen anzuschließen.

Eine der wenigen Chancen, wenigstens auf die Kinder in diesen Familien Einfluss zu nehmen, biete die Schule, sagte Frindte. Dort verbrächten die Kinder und Jugendlichen einen Großteil ihrer Zeit. Wenn sie im Schulalltag Werte wie Respekt und Verantwortung selbst erlebten und Kritikfähigkeit und Mitgefühl übten, könnte das einer Radikalisierung vorbeugen. Auch sei es sinnvoll, mehr Menschen mit Fluchterfahrung als Lehrer in die Schulen zu bringen. Sie könnten bei sprachlichen Problemen helfen und leichter die Probleme der Jungen und Mädchen mit Migrationshintergrund nachvollziehen.

Moscheegemeinden und Jugendarbeit

Frindte forderte darüber hinaus die Islamverbände und Moscheegemeinden auf, ihrer großen Verantwortung gerecht zu werden. Sie sollten sich nicht auf die Position zurückziehen, der Dschihadismus habe nichts mit dem Islam und mit ihnen zu tun. "Das ist falsch. Natürlich hat das was mit ihnen zu tun. Die Salafisten berufen sich auf den Islam." Die Verbände positionierten sich nicht deutlich genug im politischen und öffentlichen Raum, kritisierte der Professor. "Wenn die Salafisten auf der Straße Korane verteilen, müssen die Moscheegemeinden mit ihren Angeboten etwa zur Jugendarbeit auch auf die Straße gehen."

Der Psychologe appellierte aber auch an die deutsche Politik, mehr Geld in den Aufbau von Netzwerken zu investieren. Sicherheitsbehörden, Justiz, Schulen, Vereine, Akteure der Jugendarbeit und Islamverbände müssten ihre Angebote und Strategien besser abstimmen. Das sei wichtig, weil es viele Motive gebe, warum sich junge Menschen radikalisierten. Sie reichten vom Gefühl des Abgehängtseins über psychische Probleme und eine kriminelle Karriere bis zum Abenteurertum.

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