Proteste vor türkischer Botschaft in Berlin für die Freilassung türkischer Medienschaffender. Mai 2017.
epd-bild/Rolf Zoellner
Der Online-Chefredakteur der regierungskritischen türkischen Zeitung "Cumhuriyet", Oguz Güven, ist wegen angeblicher Terrorpropaganda verurteilt worden.
21.11.2017

Ein Gericht in Istanbul verurteilte den Journalisten am Dienstag zu drei Jahren und einem Monat Gefängnis, wie die "Cumhuriyet" auf ihrer Website berichtete. Die Richter befanden Güven demnach für schuldig, Propaganda für die Gülen-Bewegung gemacht zu haben. Zudem habe er Methoden der kurdischen Arbeiterpartei PKK gutgeheißen, urteilte das Gericht den Angaben zufolge.

Anklage stützt sich auf Tweets

Güven war wegen dieser Vorwürfe im Mai festgenommen worden. Nach einem Monat in Untersuchungshaft kam er im Juni zunächst wieder auf freien Fuß. Die Anklage stützte sich laut "Cumhuriyet" auf mehrere Tweets. Die türkische Regierung macht die Bewegung des im Exil lebenden Predigers Fethullah Gülen für den gescheiterten Putsch im Juli 2016 verantwortlich. Sowohl Gülen-Bewegung als auch PKK gelten in der Türkei als Terrorgruppen. Immer wieder wird Journalisten von türkischen Behörden vorgeworfen, Propaganda für die beiden Gruppen zu verbreiten, die auf entgegengesetzten Seiten des politischen Spektrums stehen.

DJV: "Akt der Willkür"

Der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verband (DJV) nannte das Urteil gegen Güven einen Akt der Willkür. "Wenn türkischen Gerichten nichts mehr einfällt, um ihrem Präsidenten zu imponieren, muss die angebliche Gülen-Nähe als Totschlagargument herhalten", sagte der Bundesvorsitzende Frank Überall in Berlin. Er sehe in dem Urteil auch ein "Alarmzeichen" für den derzeit laufenden Prozess gegen weitere "Cumhuriyet"-Mitarbeiter.

In diesem Verfahren wird den "Cumhuriyet"-Mitarbeitern ebenfalls unter anderem vorgeworfen, sowohl Gülen als auch die PKK unterstützt zu haben. Von den insgesamt 18 Angeklagten sitzen noch vier in Untersuchungshaft, darunter der Chefredakteur der Zeitung, Murat Sabuncu, und der Herausgeber Akin Atalay. Nach Angaben der Medienplattform P24 sind in der Türkei derzeit 155 Journalisten inhaftiert. Auf der Rangliste der Pressefreiheit von "Reporter ohne Grenzen" steht das Land auf Platz 155 von 180 Staaten.

Teaserbild

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.