Ein Traktor mit Sprühanlage auf einem Maisfeld im Mansfelder Land (Sachsen-Anhalt)
epd-bild/Steffen Schellhorn
Für die einen ein nützlicher Helfer, für die anderen gefährliches Gift: In der Wissenschaft wie in der Politik tobt der Kampf um Glyphosat. Was in Brüssel am Donnerstag erneut zu einer gewichtigen Nicht-Entscheidung geführt hat.
09.11.2017

Ob der umstrittene Unkrautvernichter Glyphosat in Europa auch künftig auf Felder und Grünflächen gesprüht werden darf, ist weiter offen. Die EU-Kommission hat mit ihrem Vorschlag für eine fünf Jahre geltende Neuzulassung am Donnerstag in Brüssel nicht die nötige Unterstützung der EU-Regierungen gefunden. Während Deutschland sich enthielt, stimmten 14 EU-Staaten für und neun gegen den Vorschlag. Die Arbeitsgemeinschaft Glyphosat drohte mit einem Prozess und teuren Konsequenzen für die EU, sollte die Neuzulassung am Ende verweigert werden.

Der zuständige Ausschuss für Pflanzen, Tiere, Lebens- und Futtermittel setzt sich aus Experten der 28 EU-Mitgliedstaaten zusammen, die unter dem Vorsitz der Kommission tagen. Unter den Ländern, die den Kommissionsvorschlag mittrugen, waren die Niederlande, Spanien und Großbritannien, zu den Gegnern gehörten Österreich und Frankreich. Neben Deutschland enthielten sich vier andere Länder. Für eine Annahme wie für eine Ablehnung des aktuellen Vorschlages wäre eine qualifizierte Mehrheit nötig gewesen. Dafür wären jeweils 55 Prozent der Mitgliedstaaten, die mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren, nötig gewesen.

Aktuelle Glyphosat-Zulassung läuft Mitte Dezember aus

Die Kommission will nun bis Ende November einen Berufungsausschuss mit ranghöheren Vertretern der Mitgliedstaaten einberufen. Was bis dahin eine Sinnesänderung bei den Regierungen und damit eine Entscheidung bewirken könnte, wollte eine Kommissionssprecherin am Donnerstag nicht sagen. Fällt auch der Berufungsausschuss kein klares Votum, müsste die Kommission allein entscheiden. Die aktuelle Glyphosat-Zulassung läuft Mitte Dezember aus.

Allerdings wäre die EU-Kommission am Ende nicht so frei wie jetzt der Ausschuss, für Ja oder Nein zu stimmen. Vielmehr müsste sie entweder den bestehenden Vorschlag annehmen oder eine Entscheidung ganz verweigern, hieß es aus Kommissionskreisen. Hintergrund ist, dass der Vorschlag der Kommission seinerseits auf dem wissenschaftlichen Gutachten der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) beruht, die Glyphosat grünes Licht gegeben hätte. Würde die Kommission sich weigern, zu entscheiden, könnte sie allerdings vor Gericht gezogen werden, verlautete aus Kommissionskreisen.

"Glyphosat ist schlicht unnötig"

Ähnlich äußerte sich ein Sprecher der Arbeitsgemeinschaft Glyphosat, die Monsanto, Syngenta Agro, Cheminova und weitere Firmen vereint, die Glyphosat-Produkte vertreiben. Die Kommission müsste am Ende die Neuzulassung annehmen, sagte Arbeitsgemeinschafts-Sprecher Thoralf Küchler dem Evangelischen Pressedienst (epd). Schließlich basiere der Vorschlag auf der EFSA-Expertise. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Kommission geltendes Recht bricht", sagte Küchler und verwies auf mögliche rechtliche Schritte. "Das würde ja dann teuer." Insgesamt kritisierte der Sprecher den Prozess der Neuzulassung, der bereits 2012 begonnen hatte und in dessen Verlauf die Kommission die vorgeschlagene Dauer der Neuzulasssung mehrfach nach unten veränderte. "Wo ist Planungssicherheit, wo ist Sicherheit?"

Die Grünen wandten sich gegen eine Neuzulassung. De Kommission dürfe nicht "vor Monsanto einknicken, aus Furcht, bei einer Nicht-Verlängerung Strafzahlungen an den Chemie-Giganten leisten zu müssen", erklärte der Europaabgeordnete Martin Häusling. "Glyphosat ist schlicht unnötig und kann durch gute landwirtschaftliche Praxis ersetzt werden." Die Verbraucherorganisation Foodwatch forderte ebenfalls ein Ende der Zulassung. Es gehe dabei um mehr als um Glyphosat: "Die Zulassungsverfahren in der EU sind mangelhaft, deshalb gehören alle eingesetzten Pestizide auf den Prüfstand, beim konventionellen wie beim Bio-Landbau", erklärte Foodwatch.

Teaserbild

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.