Wirtschaftsexperte Fratzscher rät der Politik zu Investitionen.
epd-bild/DIW Berlin/B.Dietl
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Marcel Fratzscher, plädiert für Investitionen in Bildung.
28.09.2017

Den Erfolg der AfD bei der Bundestagswahl betrachtet der Wirtschaftswissenschaftler Marcel Fratzscher als Ausdruck der Spaltung der deutschen Gesellschaft. "Die Politik muss sich viel mehr als bisher auf Chancengleichheit und eine größere Teilhabe für mehr Menschen im Bildungssystem, im Berufsleben, in den gesellschaftlichen Strukturen konzentrieren", sagte der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW, Berlin) dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Präsenz der AfD im Bundestag könnte die Polarisierung der Gesellschaft weiter vorantreiben und die Politik von wichtigen Zukunftsreformen ablenken, befürchtet der Ökonom.

Warnung vor Klientelpolitik

Fratzscher forderte die künftige Bundesregierung auf, die hohen Staatsüberschüsse für Zukunftsinvestitionen zu nutzen. "Die drei Prioritäten müssen sein: die Umsetzung einer Investitionsoffensive in Bildung, Innovation, Infrastruktur, eine Politik der stärkeren Inklusion und Teilhabe mit nachhaltigeren Sozialsystemen und die Reformen Europas." Er warnte davor, auf den Wahlsieg der AfD "mit mehr Klientelpolitik zu reagieren und künftige Generationen durch Steuersenkungen und andere Wahlgeschenke zu belasten".

Die Stärke der AfD sollte ein "Weckruf an die Politik sein, die Ungleichheit und soziale Polarisierung der deutschen Gesellschaft endlich ernster zu nehmen", sagte Fratzscher. Bessere Bildung und Qualifizierung, gezieltere Leistungen des Sozialstaats für Menschen, die diese Hilfe benötigen, und eine stärker auf die Zukunft ausgerichtete Wirtschaftspolitik seien die richtige Antwort auf das Erstarken des Populismus, sagte der Ökonom dem epd.

"Wir benötigen ein Einwanderungsgesetz"

Dazu gehört nach Fratzschers Überzeugung auch ein Einwanderungsgesetz. "Zur Sicherung des Wohlstands ist Deutschland immer stärker auf Zuwanderung angewiesen", betonte er. Bisher habe die deutsche Wirtschaft die demografische Entwicklung vor allem durch eine stärkere Erwerbsbeteiligung von Frauen und älteren Menschen sowie durch Zuwanderung aus der EU kompensieren können. Dies werde aber nicht reichen. "Wir benötigen ein Einwanderungsgesetz, das die Zuwanderung lenkt und dabei die Interessen der deutschen Wirtschaft berücksichtigt und Planungssicherheit schafft."

Die Beseitigung des Fachkräftemangels in der Pflege bezeichnete Fratzscher als "riesige Herausforderung". Bis zum Jahr 2040 werde in Deutschland rund eine weitere Million an Pflegefachkräften gebraucht. Um mehr Menschen für diesen Beruf zu gewinnen, müsse diesem Berufsstand mehr Wertschätzung entgegengebracht werden. "Zudem braucht es eine angemessene Bezahlung und bessere Arbeitsbedingungen", unterstrich Fratzscher.

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