Aung San Suu Kyi während eines Deutschlandsbesuchs 2014
epd-bild / Rolf Zöllner
Eine Rede von Friedensnobelpreisträgerin Suu Kyi zur Verfolgung der Rohingya-Minderheit bleibt vage. Menschenrechtler werfen Myanamars faktischer Regierungschefin vor, die Gewalt zu relativieren. Der UN-Generalsekretär nennt die Krise schockierend.
19.09.2017

In Myanmar hat die De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi erstmals zu der Gewalt gegen die muslimische Rohingya-Minderheit Stellung genommen. In einer auf Englisch gehaltenen Fernsehansprache verurteilte die Friedensnobelpreisträgerin am Dienstag "alle Menschenrechtsverletzungen und ungesetzliche Gewalt" im Rakhine-Staat. Dabei nannte sie weder, wer die Täter noch wer die Opfer sind. Flüchtlinge lud Suu Kyi zur Rückkehr ein. Mehr als 420.000 Rohingya sind nach UN-Angaben seit Ende August nach Bangladesch geflohen.

Die Rede Suu Kyis wurde international mit Zurückhaltung aufgenommen. UN-Generalsekretär António Guterres nannte die Krise im Norden Myanmars schockierend. Die Rede von Suu Kyi habe er zur Kenntnis genommen, sagte Guterres bei der Eröffnung der Generaldebatte der UN-Vollversammlung in New York. Die Sicherheitskräfte in Myanmar müssten umgehend alle militärischen Aktionen stoppen und humanitären Helfern ungehinderten Zugang gewähren, verlangte er. Die Ursachen des Teufelskreises in der Region müssten angegangen werden, um den Flüchtlingen eine Rückkehr in Würde und Sicherheit zu ermöglichen. Suu Kyi hat ihre Teilnahme an der UN-Vollversammlung abgesagt.

EU verlangt Kooperation

Von der EU hieß es, dass die Situation im Rahkine-Staat sowie im angrenzenden Bangladesch "extrem ernst" bleibe. Es gebe weiterhin "zwei Prioritäten", erklärte eine Sprecherin auf Anfrage in Brüssel. Erstens müsse die Regierung das Ende aller Gewalttaten sicherstellen. Die von Suu Kyi gemachten Ankündigungen "sind in dieser Hinsicht wichtig". Zweitens müsse voller Zugang für humanitäre Helfer gewährleistet werden. "Die Europäische Union beharrt weiter auf diesem wesentlichen Punkt", sagte die Sprecherin. Die Regierung Myanmars solle zudem unter anderem stärker mit den Vereinten Nationen kooperieren. Die Einladung Suu Kyis an das diplomatische Corps, den Rakhine-Staat zu besuchen, sei in dieser Hinsicht "ein Schritt vorwärts".

Die Gesellschaft für bedrohte Völker in Göttingen äußerte sich enttäuscht und warf Suu Kyi vor, die Gewalt gegen Rohingya zu relativieren. Myanmars Militär hatte seit Ende August mit großer Härte auf Angriffe von Rohingya-Rebellen reagiert. Offiziell ist von 400 Toten die Rede, Menschenrechtler befürchten aber, dass die Zahl getöteter Dorfbewohner über 1.000 betragen könnte. Suu Kyi war für ihr Schweigen zu den Gewalttaten vielfach kritisiert worden.

Suu Kyi sagte in ihrer Ansprache, sie sei sich bewusst, dass das Augenmerk der Welt auf die Lage in Rahkine gerichtet sei. Doch ihr Land habe keine Angst vor dem prüfenden Blick der internationalen Gemeinschaft. Die Situation sei noch unklar. Ihre Regierung sei noch dabei herauszufinden, "welches die wirklichen Probleme" seien.

Welthungerhilfe gibt Unterstützung

Die Vereinten Nationen hatten das Vorgehen der Regierung gegen die Rohingya als ein "Lehrbuchbeispiel für ethnische Säuberungen" kritisiert. Rohingya leben seit Jahrhunderten in der Rakhine-Provinz. Im mehrheitlich buddhistischen Myanmar werden sie seit langem diskriminiert und nicht als Staatsbürger anerkannt. Seit 2012 kommt es immer wieder zu Pogromen und anderen Übergriffen gegen Rohingya.

Für die Regierung ist der Begriff Rohingya ein Tabu. Auch Suu Kyi sprach in ihrer Rede nicht von Rohingya, sondern von muslimischen bengalischen Gruppen. Seit 5. September habe es keine Militäroperationen mehr gegeben, betonte sie. Die meisten Muslime seien im Rakhine-Staat geblieben.

Die Deutsche Welthungerhilfe berichtete von dramatischen Zuständen der Rohingya-Flüchtlinge in Bangladesch und stellte 50.000 Euro Soforthilfe bereit. Die Aufnahmelager seien überfüllt, es fehle an Nahrung, Wasser und Unterkünften, teilte die Organisation mit.

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