AfD-Wahlplakat (Archivbild)
epd-bild/Jens Schlueter
Medienwissenschaftler kritisieren den Abgang von AfD-Politikerin Alice Weidel am Dienstagabend in einer ZDF-Talkshow als Inszenierung.
06.09.2017

Die AfD instrumentalisiere Medien, sagte die Nürnberger Kommunikationswissenschaftlerin Christina Holtz-Bacha dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Mittwoch. "Skandale werden inszeniert, die Aufregung ist da und damit auch die Medienaufmerksamkeit", erklärte die Wissenschaftlerin. Diese Strategie beobachte sie nicht nur bei der AfD, sondern auch international bei Populisten.

Schwere Vorwürfe

AfD-Spitzenkandidatin Alice Weidel hatte am Dienstagabend die ZDF-Sendung "Wie geht's, Deutschland?" verlassen und im Anschluss schwere Vorwürfe gegen Moderatorin Marietta Slomka erhoben. Nachdem CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer Weidel aufgefordert hatte, sich von ihren Parteikollegen Alexander Gauland und Björn Höcke zu distanzieren, verließ sie die Runde ohne weitere Erklärung. Auf die Frage Slomkas "Gehen Sie jetzt?" nickte Weidel und verließ eine gute halbe Stunde vor Ende der Sendung das Studio. Im Anschluss nannte sie die ZDF-Moderatorin "parteiisch und vollkommen unprofessionell". Die Abschaffung des Rundfunkbeitrages ist Teil des AfD-Wahlprogramms.

Für die Medien sei es unvermeidbar, aus diesem Mechanismus herauszukommen, sagte Holtz-Bacha. Über bestimmte Vorfälle müsse berichtet werden. "Deswegen ist es wichtig, im Anschluss die Inszenierung zu thematisieren", sagte sie. "Man kommt nicht dran vorbei, das einzige, was Medien tun können, ist die Strategie offenzulegen und zu hinterfragen."

Auch ZDF-Chefredakteur Peter Frey kritisierte den Abgang Weidels als Inszenierung. "Eine Livesendung zu verlassen, bringt zwar Aufmerksamkeit, verhindert aber eine politische Auseinandersetzung in der Sache", zitiert das ZDF Frey bei Twitter. "Wer austeilt, muss auch einstecken können." Slomka habe die Diskussionsrunde "fair und gelassen" moderiert.

"Sorgfältig geplante Provokationen"

Der Medienwissenschaftler Bernd Gäbler sagte dem epd, Weidel inszeniere sich als "Medien-Opfer". Die AfD-Politikerin sei gegangen, als Scheuer ihr vorwarf, sich nicht vom Rechtsradikalismus abzugrenzen. "Für den normalen Zuschauer wirkte dies wie ein Ausweichen vor einer völlig berechtigten Frage", sagte Gäbler. Die Inszenierung sei deshalb nur "für ihre hundertprozentige Fan-Base" gelungen. Der Wissenschaftler hat für die aktuelle Ausgabe des Fachdiensts epd medien über den Umgang von Journalisten mit der AfD geschrieben. "Allmählich lernen Journalisten, nicht mehr jedem Stöckchen nachzuspringen, das die AfD in provokativer Absicht in den öffentlichen Raum wirft, um es brav auf die größere Bühne zu apportieren", schreibt Gäbler.

In einem Strategie-Papier der Partei zum Wahljahr 2017 positioniert sich die AfD als "Tabubrecherin" und "Protestpartei". In dem Papier heißt es unter anderem, dass die AfD "vor sorgfältig geplanten Provokationen nicht zurückschrecken" dürfe.

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