Flüchtlinge vor der libyschen Küste (Archivbild)
epd-bild/Christian Ditsch
"Legale Wege" für Migranten, die massenweise im Mittelmeer ertrinken, werden immer wieder gefordert und versprochen. Jetzt haben Deutschland und andere Länder ihre Ankündigungen mit Blick auf Afrika etwas konkretisiert.
29.08.2017

Deutschland und weitere EU-Länder haben die Aufnahme einer unbestimmten Zahl von Flüchtlingen aus Afrika in Aussicht gestellt und zugleich eine weitere Eindämmung der sogenannten irregulären Migration beschlossen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) kündigte am Dienstag bei ihrer Sommerpressekonferenz in Berlin und zuvor schon auf dem Pariser Flüchtlingsgipfel außerdem mehr Entwicklungshilfe an. Flüchtlingsorganisationen beklagten neben einer Abschottung Europas auch eine Irreführung der Öffentlichkeit.

Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR habe darum gebeten, Flüchtlinge aus Libyen aufzunehmen, erklärte Merkel in Berlin. "Deutschland ist dazu bereit." Bei der sogenannten Neuansiedlung (englisch "Resettlement") identifiziert das UNHCR Menschen vor Ort als schutzbedürftig. Diese reisen dann auf legalem und sicherem Weg in das Aufnahmeland. Solche Programme gibt es bereits für syrische Flüchtlinge, die zum Beispiel direkt aus Jordanien nach Österreich geflogen werden.

Keine konkreten Zahlen

Der Pariser Flüchtlingsgipfel erklärte nun die Bereitschaft zur Neuansiedlung Schutzbedürftiger aus Nordafrika. Deutschland, Frankreich, Italien und Spanien wollen dazu laut Abschlusserklärung enger mit den Transitstaaten Niger und Tschad zusammenarbeiten. Die beiden Länder, deren Staatschefs in Paris dabei waren, liegen südlich von Libyen und sind Durchgangsstation für Migranten.

Zahlen nannten die Beteiligten nicht. Die EU-Kommission hatte Anfang Juli bereits den Rahmen für derartige Neuansiedlungen insbesondere aus Nordafrika gesetzt. Alle EU-Länder sollen bis Mitte September ihre Aufnahmebereitschaft erklären. Die Kommission fördert die Aufnahme pro Person mit 10.000 Euro und hat 377 Millionen Euro zurückgelegt, was 37.700 Flüchtlingen entspräche. Allein in Libyen befinden sich geschätzt mehrere Hunderttausend Menschen, die in Europa wiederum teils als Flüchtlinge anerkannt würden, teils als Wirtschaftsmigranten abgewiesen würden.

Lob vom UNHCR

Das UNHCR begrüßte die Ergebnisse des Paris-Gipfels. Mehr Neuansiedlungsplätze seien "höchst willkommen", erklärte das Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen in Genf, das vergangenes Jahr nur für 15 Prozent der geplanten Neuansiedlungen willige Aufnahmeländer fand. Die EU hat allerdings frühere Ankündigungen noch nicht verwirklicht. Von 22.000 im Juli 2015 vorgesehenen Neuansiedlungen, damals vor allem aus der Region um Syrien, sind zwei Jahre später immer noch nicht alle Plätze in der Union vergeben.

Vor diesem Hintergrund kritisierte Pro Asyl die Gipfelbeschlüsse scharf und sprach von einer "Irreführung der Öffentlichkeit". Die Bereitschaft zur Aufnahme von Menschen sei in Europa "nicht in Sicht". Zugleich wollten die EU-Spitzen das individuelle Recht auf Asyl in Europa selbst für Schutzbedürftige "unerreichbar" machen, urteilte die Flüchtlingsorganisation. Die Gesellschaft für bedrohte Völker in Göttingen erklärte: "Wenn Asylbegehren von Flüchtlingen schon in nordafrikanischen Ländern von staatlichen Stellen überprüft werden sollen, gibt es de facto kein Recht mehr auf Asyl für politisch Verfolgte und Kriegsflüchtlinge aus Afrika."

Auswahlverfahren unklar

Wer wie genau die Flüchtlinge für die Neuansiedlung auswählen würde, ist den Angaben zufolge nicht sehr klar. In der Abschlusserklärung von Paris heißt es, die Neuansiedlungsprozedur "könnte" folgende Elemente enthalten: "Registrierung durch die Behörden des ersten Aufnahmelandes" und "Identifizierung durch das Flüchtlingshochkommissariat" von "Kandidaten". Dem könnte eine "Anhörung und Sicherheitsüberprüfung im Aufnahmeland der Kandidaten durch Delegationen derjenigen Behörden, die für die Neuansiedlung zuständig sind" folgen.

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