Der 13-jährige Schüler, der in Ludwigshafen einen Bombenanschlag geplant haben soll, ist mehr als zwei Monate lang von einem Psychologen betreut worden, der selbst Kontakte mit der islamistischen Szene unterhält.
11.07.2017

Der Leiter des Ludwigshafener Jugendamts, Heinz-Jürgen May, bestätigte am Dienstag entsprechende Presseberichte. Der Betreuer aus Baden-Württemberg habe von Anfang März bis Mitte Mai mit dem Jungen gearbeitet und sollte dabei die Gründe für dessen Radikalisierung herausfinden. Bei einer Anfang April eingeleiteten Sicherheitsüberprüfung hatte das Landeskriminalamt von Kontakten des Psychologen zu Salafisten erfahren.

Der 30-jährige Mann habe an salafistischen Werbe- und Propagandaaktionen teilgenommen und einschlägig bekannte Moscheen besucht, sagte der Präsident des Landeskriminalamts (LKA), Johannes Kunz. Bei seiner Bewerbung habe er einwandfreie Unterlagen und ein "sauberes" Führungszeugnis vorgelegt. Die polizeiliche Sicherheitsprüfung habe so lange gedauert, weil erst Ende April eine Einverständniserklärung des Psychologen vorgelegen habe. Außerdem habe das LKA erst mit zeitlicher Verzögerung relevante Informationen aus anderen Bundesländern erhalten.

"Eher als Weichei"

Der Mann wurde sofort nach Bekanntwerden seiner Kontakte von dem Fall abgezogen. Nach bisherigen Erkenntnissen habe der Betreuer keinen Einfluss auf den Jungen nehmen können. Der 13-Jährige habe den Psychologen im Gegenteil "eher als Weichei" bezeichnet und nicht als Vorbild gesehen, sagte May. Die Zusammenarbeit mit dem Jugendhilfeträger solle trotz des Vorfalls fortgesetzt werden.

Der Einsatz des islamistischen Psychologen war am Montag durch Recherchen des Politikmagazins "Report Mainz" öffentlich geworden. Die rheinland-pfälzische Familienstaatssekretärin Christiane Rohleder (Grüne) verteidigte die Entscheidung, nicht früher über die Vorkommnisse zu berichten. Die Behörden hätten das Interesse der Öffentlichkeit und Sicherheitsinteressen des Jungen und seiner Familie gegeneinander abwiegen müssen. Auch der Stadt Ludwigshafen könne kein Vorwurf gemacht werden: "Keine Kommune in Deutschland wäre auf einen solchen Fall vorbereitet gewesen."

Als Folge des Vorfalls sollen auch in den vom Land eingerichteten Beratungsangeboten "Salam" und "Leitplanke" polizeiliche Sicherheitsprüfungen für alle Mitarbeiter obligatorisch werden. Eine Arbeitsgruppe mit Vertretern verschiedener Ministerien arbeite zudem weiter an einem Konzept zur Unterbringung extremistischer Kinder. Rheinland-Pfalz sei das erste Land, das mit einer solchen Situation konfrontiert sei.

Sprengsatz nicht zündfähig

Nach bisherigen Erkenntnissen hat der damals erst zwölf Jahre alte Schüler mit deutscher und irakischer Staatsbürgerschaft zweimal versucht, in Ludwigshafen einen Sprengstoffanschlag zu verüben. Dazu hatte er am 26. November 2016 auf dem Weihnachtsmarkt und nochmals am 5. Dezember am Rathauscenter eine selbst gebaute Bombe deponiert, die jedoch nicht explodierte. Der Generalbundesanwalt ermittelt. Nach bisherigen Ermittlungsergebnissen war der Sprengsatz nicht zündfähig.

Der Junge ist wegen seines Alters nicht strafmündig. Er wird seit April gemeinsam mit seinen Eltern an einem unbekannten Ort außerhalb von Ludwigshafen betreut. Dort kümmern sich rund um die Uhr sieben Mitarbeiter einer Jugendhilfeorganisation um die Familie. Außerdem ist ein Wachdienst beauftragt.