Strengere Auflagen für Facebook
epd-bild / Norbert Neetz
Bundesjustizminister Maas hat unmittelbar vor der Sommerpause sein Gesetz gegen Hasskommentare im Internet noch durchbekommen. Kritiker beklagen "handwerkliche Mängel" und sehen einen Rechtsstreit kommen.
30.06.2017

Soziale Netzwerke wie Facebook, Twitter oder Youtube müssen künftig rechtswidrige Hass- und Hetzkommentare konsequent löschen. Als erstes Parlament überhaupt verabschiedete der Bundestag am Freitag ein Gesetz gegen Hass und Verleumdung auf den Plattformen. Kritiker befürchten trotz Nachbesserungen am Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) eine Einschränkung der Meinungsfreiheit.

Pflicht zum raschen Löschen

Auf der letzten Bundestagssitzung vor der Sommerpause bekam Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) das von ihm initiierte Gesetz mit den Stimmen der Regierungskoalition noch durch. Zuvor hatte SPD und Union eine Reihe von Änderungen durchgesetzt. Das Regelwerk verpflichtet die Plattform-Betreiber, von Nutzern gemeldete Beiträge mit offensichtlich rechtswidrigem Inhalt binnen 24 Stunden zu löschen. Für andere rechtswidrige Inhalte erhalten sie sieben Tage Zeit.

Die Unternehmen müssen dazu ein wirksames Beschwerdemanagement einrichten. Ansonsten drohen Geldstrafen von bis zu 50 Millionen Euro. Nicht eindeutige Fälle können sie einer freiwillige Selbstkontrolle übergeben. Zudem müssen die Plattformen halbjährlich einen Löschbericht veröffentlichen und einen Verantwortlichen benennen.

Maas betonte im Bundestag, das Regelwerk beende das "verbale Faustrecht im Netz" und schütze die Meinungsfreiheit aller, die sich im Internet äußern wollen. Das Gesetz sei keine Einschränkung, sondern Voraussetzung für Meinungsfreiheit. Auch die Internetkonzerne müssten sich an das Strafrecht halten. "Niemand steht über dem Gesetz, auch nicht Facebook und Twitter", sagte Maas. Er räumte ein, das Gesetz selbst werde "nicht alle Probleme lösen können". Auch künftig seien Plattformbetreiber, Zivilgesellschaft und Politik gefordert. "Zum Schutz der Meinungsfreiheit müssen wir verhindern, dass ein Klima der Angst und der Einschüchterung entsteht", sagte Maas.

Verantwortung der Plattformbetreiber

Unions-Fraktionsvize Nadine Schön (CDU) unterstrich, die Strafverfolgung bleibe Aufgabe der Justiz. Aber die Plattformbetreiber müssten auch eine Verantwortung tragen. Übergäben die Unternehmen unklare Fälle an die Selbstkontrolle, sei sichergestellt, dass ihnen dann keine Bußgelder drohten. Das verhindere, dass mehr Inhalte als nötig gelöscht würden.

Der Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, Josef Schuster, begrüßte die neue Regelung. Das Gesetz sei ein "starkes Instrument" gegen Hass-Kommentare. Mit ihm werden aber auch "juristisches Neuland" betreten. Er regte deshalb eine Evaluierung "nach einem gewissen Zeitraum" an.

Kritik kam von der Vorsitzenden des Ausschusses für Recht und Verbraucherschutz, Renate Künast (Grüne). Sie mahnte, auch wenn die Internetkonzerne mit Algorithmen Meinung machten und sich nicht um nationale Rechte kümmerten, dürfe nicht alles gelöscht werden, was Widerstand hervorrufe. Vielmehr müsse die Gesellschaft insgesamt darüber diskutieren, wie Meinungsfreiheit im Internet verteidigt werden könne. "Das geht nicht nur mit Bußgeldtatbeständen", sagte Künast.

"NetzDG unausgereift"

Bernhard Rohleder, Hauptgeschäftsführer des Digitalverbands Bitkom, der die Interessen der digitalen Wirtschaft vertritt, sprach von einem "hastig zusammengezimmerten" und bei Rechtsexperten hochumstrittenen Gesetz. "Es ist sehr wahrscheinlich, dass das unausgereifte NetzDG genauso wie die Vorratsdatenspeicherung gerichtlich gekippt wird", erklärte er.

Die AfD kündigte an, sie wolle "mit Hochdruck" an der Prüfung einer Verfassungsklage arbeiten. Auch die Piratenpartei und der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) beklagten eine privatisiere Zensur. Der DJV rief Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier auf, das Gesetz nicht zu unterschreiben. Verfassungsrechtliche Bedenken habe der Gesetzgeber nicht ausgeräumt.

Der Bundesrat wird sich voraussichtlich am 7. Juli abschließend mit dem NetzDG befassen.

Teaserbild