Brautstrauß und Trauringe.
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Schwule und Lesben dürfen künftig in Deutschland heiraten wie Mann und Frau. Die SPD und die Opposition haben der Union im Verlauf dieser Woche eine Entscheidung abgerungen, um die Bürgerrechtler und Homosexuelle lange gekämpft haben.
30.06.2017

Die "Ehe für alle" kommt: Der Bundestag beschloss am Freitag in Berlin mit einer deutlichen Mehrheit die Öffnung der Ehe für homosexuelle Paare. Dafür stimmten in einer namentlichen Abstimmung 393 Abgeordnete - und damit auch ein gutes Viertel aus den Reihen der Union. Gegenstimmen gab es 226, vier Abgeordnete enthielten sich. SPD und Opposition hatten sich in der vorhergehenden Debatte siegessicher geäußert. Vertreter der Union warben um Respekt für die Gegner der "Ehe für alle".

 

Der Bundestag hatte seine Sitzung eine Stunde früher begonnen und war, wie Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) feststellte, zu ungewöhnlicher Zeit ungewöhnlich gut besetzt. Für die erste Abstimmung zur Ergänzung der Tagesordnung um den Gesetzentwurf "zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts" brauchten SPD, Grüne und die Linksfraktion bei einer knappen Mehrheit von 320 Stimmen jede Stimme. Auch dafür bekamen sie bereits Unterstützung aus den Reihen der Union, und damit zeichnete sich schon am frühen Morgen eine sichere Mehrheit ab.

In der lebhaften, emotionalen und weitgehend respektvollen Debatte machten Befürworter und Gegner ihre Positionen noch einmal deutlich. Der SPD-Fraktionsvorsitzende Thomas Oppermann sagte, es gehe um Gleichstellung, nicht um das Geschlecht der Menschen. Dass die SPD die Abstimmung über die "Ehe für alle" gegen die Union durchgesetzt habe, sei "vielleicht nicht gut für die Koalition, aber es ist gut für die Menschen". Oppermann bekräftigte die Auffassung der SPD, dass eine Grundgesetzänderung nicht erforderlich sei.

Kauder warb um Respekt

Daran meldete der Unions-Fraktionschef Volker Kauder (CDU) Zweifel an, ohne aber eine Verfassungsklage anzukündigen. Kauder warb um Respekt für die unterlegenen Gegner und sicherte den Befürwortern seinerseits Respekt zu. Für ihn bleibe die Ehe aber, was sie seit Jahrhunderten sei: die Verbindung von Mann und Frau. Es gehe nicht um eine Entscheidung darüber, ob Paare gleichen Geschlechts diskriminiert werden. Das sei längst entschieden mit der Lebenspartnerschaft.

Der aus dem Bundestag ausscheidende Grünen-Abgeordnete Volker Beck widersprach Kauder: "Alles andere als Gleichberechtigung ist Diskriminierung." Komme es zur "Ehe für alle", sei das "ein historischer Tag für unsere Minderheit", sagte der schwule Politiker, der allen voran in dieser Wahlperiode für die Gleichstellung homosexueller Paare gestritten hatte. Beck hielt sichtlich bewegt seine letzte Rede im Parlament zu diesem Thema.

"Historischer Tag"

Die Fraktionsvorsitzenden der Opposition verwiesen auf den langen Weg zur rechtlichen Gleichstellung homosexueller Paare. Der Fraktionschef der Linken, Dietmar Bartsch, sagte, der Kampf sei mit der Gleichstellung in der Ehe nicht zu Ende. Er gehe im Alltag überall dort weiter, wo Schwule und Lesben Angst haben müssten, sich zu zeigen. Die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katrin Göring-Eckardt sprach von einem historischen Tag. Eine große Mehrheit in der Bevölkerung und selbst unter Unionswählern befürworte die Öffnung der Ehe. Zwar sei nur eine Minderheit betroffen, doch habe sie die Unterstützung der Zivilgesellschaft. "Vertrauen, Verbindlichkeit, Verlässlichkeit - darum geht es, und zwar für alle", sagte Göring-Eckardt.

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), die die Dynamik dieser Woche erst ausgelöst hatte, stimmte gegen die Öffnung der Ehe. "Für mich ist die Ehe im Grundgesetz die Ehe von Mann und Frau", sagte sie nach der Abstimmung. Merkel war Anfang der Woche vom Nein der Union abgerückt und hatte erklärt, über die Öffnung der Ehe solle im Bundestag als Gewissensentscheidung ohne Fraktionszwang entschieden werden. Daraufhin hatte die SPD gemeinsam mit der Opposition eine Abstimmung noch am letzten Sitzungstag des Parlaments in dieser Legislaturperiode durchgesetzt.

 

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