Pro-Erdogan-Kundgebung in Köln (Archivbild)
epd-bild/Guenay Ulutuncok
Wieder sorgt ein geplanter Erdogan-Auftritt in Deutschland für Unmut. Diesmal positioniert sich die Bundesregierung klar dagegen. Ein Auftrittsverbot soll künftig für alle nicht-europäischen Politiker gelten, die Konflikte aus ihrem Land mitbringen.
29.06.2017

Die Bundesregierung will einen Auftritt des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan am Rande des G20-Gipfels in der nächsten Woche in Hamburg verbieten. Der Türkei werde mitgeteilt, "dass wir der Überzeugung sind, dass ein solcher Auftritt in Deutschland nicht möglich ist", sagte Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) am Donnerstag bei einem Besuch in Russland.

"Ich habe meinem türkischen Kollegen bereits vor Wochen gesagt, dass wir das für keine gute Idee halten", erklärte Gabriel. Er begründete seine Abwehr mit Sicherheitsbedenken. Zudem habe er "ganz offen gesagt, dass ein solcher Auftritt angesichts der Konfliktlage, die es mit der Türkei gibt, nicht angemessen wäre und derzeit nicht in die politische Landschaft passt". Ein Sprecher der Bundesregierung sagte auf Anfrage, diese Haltung sei mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) abgestimmt.

Teil der Gesellschaft

Gabriel zufolge gibt es eine offizielle Anfrage der Türkei, wonach Erdogan am Rande des G20-Gipfels, der am 7. und 8. Juli in Hamburg stattfindet, in Deutschland zu Landsleuten sprechen möchte. "Wir haben rund um den G20-Gipfel nicht die Polizeikräfte, um die Sicherheit darzustellen", sagte Gabriel.

Ein Auftrittsverbot soll dem Außenminister zufolge nicht nur den konkreten Fall betreffen. Er habe Merkel den Vorschlag gemacht, noch einen Schritt weiter zu gehen, sagte Gabriel mit Blick auf Wahlkampfveranstaltungen ausländischer Politiker in Deutschland. Es solle allen Staaten, die nicht der EU angehören - also auch der Türkei - mitgeteilt werden, "dass wir keine Wahlkampfauftritte bei uns erlauben, die auch dem Ziel dienen, die innenpolitischen Konflikte eines anderen Landes nach Deutschland zu bringen". Aus Sicht des Auswärtigen Amts solle dies nicht mehr zugelassen werden.

Die in Deutschland lebenden Türken seien Teil der Gesellschaft. "Wir möchten nicht, dass diese Menschen durch Konflikte in ihrem Heimatland aufgewiegelt werden", sagte Gabriel.

Stark angespannte Beziehung

Vor dem Hintergrund des Verfassungsreferendums in der Türkei im April hatte es eine breite Diskussion um Auftritte türkischer Politiker in Deutschland gegeben. Die Städte Gaggenau in Baden-Württemberg und Köln unterbanden Auftritte. Nach dem Versammlungsrecht sind die Kommunen dafür zuständig. Ein generelles Verbot für Auftritte ausländischer Politiker kann wiederum das Auswärtige Amt aussprechen. Die Beziehungen zwischen der Türkei und Deutschland sind seit der Bundestagsresolution zum Völkermord in Armenien und der Entwicklung in der Türkei seit dem Putschversuch stark angespannt.

Der Widerstand der Bundesregierung gegen den Erdogan-Auftritt erhielt Zustimmung. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), sagte ebenfalls mit Verweis auf die Polizeikapazitäten, sie erwarte, dass der Gastgeber des G20-Gipfels nicht zusätzlich mit solch einer Veranstaltung belastet werde.

Auch die Türkische Gemeinde in Deutschland lehnte den Auftritt ab. Eine solche Veranstaltung sei nicht angebracht, sagte der Vorsitzende Gökay Sofuoglu der "Heilbronner Stimme" und dem "Mannheimer Morgen" (Freitag). Erdogan sollte verstehen, dass die Zukunft der türkischstämmigen Menschen in Deutschland nicht in der Türkei, sondern hierzulande entschieden werde, sagte er. Auch die Kurdische Gemeinde Deutschland lehnte den Auftritt entschieden ab.

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