Ausbildung an der Berufsfachschule für Krankenpflege der Evangelischen Diakonissenanstalt Augsburg.
epd-bild/Annette Zöpf
Zunächst hat die Koalition die Leistungen für Pflegebedürftige erhöht. Nun setzt sie mit der Reform der Pflegeausbildung auf eine Aufwertung des Berufs. Ziel ist es, dem drohenden Fachkräftemangel zu begegnen.
22.06.2017

Die Berufsbilder in der Pflege verändern sich. Der Bundestag hat am Donnerstag in Berlin die Weichen für eine Vereinheitlichung der Ausbildung gestellt. Ein generalistischer Abschluss soll Pflegekräften mehr Wechsel- und Aufstiegsmöglichkeiten eröffnen. Ziel der Koalition aus Union und SPD ist es, den Beruf attraktiver zu machen, um dem Personalmangel in der Pflege zu begegnen. Die Opposition bezweifelte, dass das Ziel erreicht werde und stimmte gegen das Gesetz. Es werde Ausbildungseinrichtungen und Pflegeschülern neue Probleme bescheren.

Von 2020 an soll es eine generalistische Ausbildung zur Pflegefachfrau und zum Pflegefachmann geben. Absolventen mit diesem Abschluss können in allen Bereichen der Pflege arbeiten. Gleichzeitig bleiben die Abschlüsse in der Kinderkranken- und Altenpflege vorläufig erhalten. Nach sechs Jahren soll das Parlament im Jahr 2026 überprüfen, ob sie weiterhin notwendig sind.

Langwierige Verhandlungen

Union und SPD hatten sich darauf erst nach über einjährigen Verhandlungen verständigt. Zunächst war geplant, dass es ausschließlich die einheitliche Ausbildung für alle Pflegekräfte geben sollte. Der Unterhändler der Union, der stellvertretende Fraktionsvorsitzende, Georg Nüßlein (CSU), sprach von einem schwierigen Prozess, für den aber nicht Streit in der Koalition verantwortlich gewesen sei. Vielmehr sei "die Fachwelt tief gespalten", und man sei mit dem Kompromiss auf die Kritik insbesondere aus der Altenpflege-Branche eingegangen.

Wegen der langwierigen Beratungen entscheidet erst der nächste Bundestag über die Lerninhalte und die praktische Ausgestaltung der Ausbildung. Die scheidende pflegepolitische Sprecherin der Grünen, Elisabeth Scharfenberg, warf der Koalition vor, grundlegende Änderungen herbeizuführen, die Millionen von Menschen beträfen, ohne Details vorweisen zu können: "Wir beschließen ein Gesetz, dessen Inhalt wir nicht kennen", sagte die Oppositionspolitikerin.

Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Karl Lauterbach, der den Kompromiss mit ausgehandelt hatte, hielt der Opposition entgegen, Deutschland gehöre in Europa zu den letzten Ländern, die die Ausbildung noch nicht vereinheitlicht haben. Angesichts von 50.000 zusätzlichen Pflegebedürftigen jedes Jahr würden aber Pflegekräfte gebraucht, die alte Menschen im Krankenhaus und kranke Menschen im Altenheim gleichermaßen versorgen könnten.

Künftig sollen alle Auszubildenden in der Pflege zwei Jahre lang gemeinsam lernen und sich dann für die Fortsetzung der generalistischen Ausbildung oder die Spezialisierung auf Kinderkranken- oder Altenpflege entscheiden können. Ein berufsqualifizierendes Pflegestudium soll die Aufstiegsmöglichkeiten für Pflegekräfte verbessern.

Bundesrat muss noch zustimmen

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) und Bundesfamilienministerin Katarina Barley (SPD) warben für den Kompromiss. Barley sagte, die Reform der Pflegeberufe sei "ein großer Schritt zur Aufwertung der sozialen Berufe", in denen vorwiegend Frauen tätig seien. Mit dem Gesetz wird spätestens 2020 auch das Schulgeld in der Altenpflege überall abgeschafft und die Ausbildungsvergütung verbessert. Gröhe nannte es einen "Aberwitz", dass in Mangelberufen überhaupt noch Schulgeld erhoben werde.

Der Bundesrat muss dem Gesetz noch zustimmen. Aus der Pflegebranche kommen weiterhin unterschiedliche Reaktionen. Während der Deutsche Caritasverband bedauerte, dass sich die Generalistik nicht komplett durchsetzen konnte, wollen die privaten Arbeitgeber in der Pflege die eigene Altenpflegeausbildung erhalten und fürchten, dass die Altenpflegeschulen keine Zukunft haben.

Jedes Jahr beginnen mehr als 100.000 Menschen eine Ausbildung in der Pflege. Das sind aber zu wenige. Allein die Alterung der Gesellschaft könnte nach Angaben der Bundesregierung dazu führen, dass schon 2025 bundesweit 200.000 Pflegekräfte fehlen.

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