Der Machtkampf in Venezuela zwischen sozialistischer Regierung und bürgerlicher Opposition nimmt an Schärfe zu.
21.06.2017

Das Oppositionsbündnis MUD rief am Dienstag (Ortszeit) dazu auf, Präsident Nicolás Maduro und seine Entscheidungen nicht mehr anzuerkennen. "Das Regime befindet sich nicht mehr auf dem Boden der Verfassung", erklärte der Präsident des von der Opposition dominierten Parlaments, Julio Borges. Deswegen müssten alle Maßnahmen der Regierung als verfassungswidrig betrachtet werden, sagte Borges.

Das MUD legte einen Zehn-Punkte-Plan vor, mit dem Maduro von der Macht verdrängt werden soll, wie die Zeitung "El Nacional" in ihrer Onlineausgabe berichtete. Auch Maduros Vorhaben, die Landesverfassung mittels einer Verfassungsgebenden Versammlung zu ändern, bezeichnete der Oppositionsführer als nichtig. Eine Protestwelle mit bislang über 70 Toten und Tausenden Verletzten hat der erdölreiche Land in eine tiefe politische Krise gestützt.

Spitzenpositionen im Militär neu besetzt

Die Opposition kritisierte auch die jüngsten Umbesetzungen an der Militärspitze. Am Dienstag ernannte Präsident Maduro neue Oberbefehlshaber für die Streitkräfte und die Sicherheitskräfte, die bei den Protestaktionen eingesetzt werden. Allen neu ernannten Militärs wirft die Opposition Verletzung von Menschenrechten vor. Das Militär gilt als Schlüsselfaktor im Machtkampf zwischen Regierung und Opposition und steht bisher treu aufseiten Maduros.

Indes hat der Oberste Gerichtshof die Klage eines Regierungsabgeordneten gegen Generalstaatsanwältin Luisa Ortega Díaz zugelassen. Ziel der Klage ist, Ortega Díaz wegen Amtsmissbrauchs abzusetzen. Die ursprünglich regierungstreue Beamtin hatte sich zu Beginn der Proteste kritisch über die vom Obersten Gericht verfügte Entmachtung des von der bürgerlichen Opposition dominierten Parlaments geäußert. Später versuchte sie, juristisch gegen die Neuschreibung der Verfassung vorzugehen, woraufhin sie in Regierungskreisen als "Verräterin" kritisiert wurde.

Die sozialistische Regierung und das bürgerliche Lager in Venezuela liefern sich seit Jahren einen erbitterten Machtkampf. Die Lage im Land ist extrem angespannt, weil Venezuela unter anderem wegen des Ölpreisverfalls eine schwere Wirtschafts- und Versorgungskrise durchmacht.