Ditib-Zentralmoschee in Köln
epd-bild/Guido Schiefer
Die Polizei in Köln rüstet sich für den Großeinsatz: Mit einer Demo wollen Muslime am Samstag ein Zeichen gegen den Terror setzen und ernten viel Zustimmung. Die Absage des türkisch-islamischen Verbands Ditib sorgt parteiübergreifend für Kritik.
16.06.2017

Die Weigerung des türkisch-islamischen Verbands Ditib, an der Demonstration gegen Terror und Gewalt an diesem Samstag in Köln teilzunehmen, stößt weiterhin auf Kritik und Unverständnis. Parteiübergreifend äußerten sich unter anderem Vertreter des Bundestages, der Bundesregierung und die Islamwissenschaftlerin Lamya Kaddor. Sie sprachen mit Blick auf die Ditib, den größten Islamverband in Deutschland, von einer vergebenen Chance, sich gemeinsam gegen islamistischen Terror zu positionieren und ein öffentliches Zeichen gegen den Missbrauch einer Religion zu setzen.

"Damit hat der Vorstand eine große Chance vertan - und letztlich auch Wasser auf die Mühlen von Islamhassern geschüttet", sagte Kaddor, Gründerin des Liberal-Islamischen Bundes, am Freitag "Spiegel online". Mitglieder der Ditib seien nun aufgerufen, selbst Verantwortung zu übernehmen.

Ditib hatte sich am Mittwoch von dem Aufruf zur Teilnahme an der Demonstration distanziert. Forderungen nach "muslimischen" Anti-Terror-Demos griffen zu kurz, stigmatisierten Muslime und verengten den internationalen Terrorismus auf sie, erklärte der Verband mit Sitz in Köln, der der türkischen Behörde für religiöse Angelegenheiten in Ankara unterstellt ist.

De Maizière: Demo wichtiges Zeichen

Dass Ditib an der Kundgebung nicht teilnehmen wolle, sei "einfach schade", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Freitag in Berlin. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) begrüße es sehr, dass "Muslime und ihre Freunde ein klares Zeichen gegen Gewalt und Terrorismus jeder Art setzen" wollten.

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) erklärte, er hätte sich gewünscht, dass alle muslimischen Verbände zu der Demonstration aufrufen und "im großen Stil" daran teilnehmen. Die Demonstration bezeichnete der Innenminister als "wichtiges Zeichen von Muslimen in unsere Gesellschaft hinein", dass sie dem Terror und dem Missbrauch ihrer Religion eine Absage erteilen. Neben der Ditib hatte sich auch der Islamrat in der vergangenen Woche von einer Teilnahme distanziert.

Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), bezeichnete die Haltung der Ditib als "sehr bedauerlich". Bei der Demo gehe es um ein sichtbares Zeichen gegen Gewalt und Terror, sagte sie den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Freitag). Der Verband stelle sich weiter ins Abseits und drohe vollends, seine Glaubwürdigkeit zu verspielen. Familienministerin Katarina Barley (SPD) nannte es unverzichtbar, in Zukunft einen stärkeren Dialog mit nicht-religiösen Migrantenverbänden zu führen. "Ditib tut sich mit der Absage keinen Gefallen", erklärte sie am Freitag in Berlin.

Grünen-Chef Cem Özdemir sprach in der "Berliner Zeitung" von einer vertanen Chance, im Fastenmonat Ramadan ein Zeichen des Friedens und der Solidarität zu setzen. Die Argumente der Ditib gegen die Demonstration seien "mehr als fadenscheinig".

Sternberg: Absage verheerendes Zeichen

Die Linken-Abgeordnete Sevim Dagdelen nannte die Absage der Ditib "falsch, aber folgerichtig". Der Verband werde von der Regierung in Ankara gesteuert und finanziert, "von eben jener Regierung also, die die Türkei zur zentralen Aktionsplattform für islamistische Terrorgruppen im Nahen Osten umgebaut hat und Terrormilizen in Syrien mit Waffenliegerungen unterstützt", erklärte die Beauftragte ihrer Fraktion für Migration und Integration.

Auch vom Zentralrat der Muslime in Deutschland, der sich an der Kölner Demo am Samstag beteiligen wird, forderte Dagdelen kritische Worte über den "türkischen Despoten Erdogan". Wer gegen islamistischen Terror demonstriere, dürfe über Erdogan und seine Politik nicht schweigen.

Der Präsident des Zentralkomitees der Katholiken, Thomas Sternberg, betonte, auch wenn sich die Ditib immer wieder von islamistischen Terrortaten distanziert und diese verurteilt habe, sei die Absage gerade in der aktuellen gesellschaftlichen Situation ein "verheerendes Zeichen". "Es gibt keinen Grund, sich diesem wichtigen, gemeinsamen öffentlichen Zeichen und unser aller gemeinsamer Verantwortung für ein friedliches Zusammenleben zu entziehen." Mit Sorge sei zu beobachten, dass sich die Ditib mit diesem Verhalten weiter isoliere.

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