Justitia
epd-bild/Heike Lyding
Rund acht Jahre nach dem Einsturz des Historischen Stadtarchivs in Köln hat die Staatsanwaltschaft Anklage gegen sieben Beschuldigte wegen des Vorwurfs der fahrlässigen Tötung und Baugefährdung erhoben.
24.05.2017

Grundlage der Anklage seien die Erkenntnisse aus einem Sachverständigen-Gutachten zu den technischen Ursachen für den Einsturz des Archivs und benachbarter Gebäude am 3. März 2009, wie die Staatsanwaltschaft am Mittwoch in Köln mitteilte. Als Ursache für den Einsturz der Gebäude gelten Bauarbeiten an einer U-Bahnstrecke.

Zwei Angeschuldigten wirft die Staatsanwaltschaft vor, im September 2005 beim Aushub einer stützenden Lamelle auf ein Hindernis gestoßen zu sein, das sie nicht beseitigen konnten. Die Angeschuldigten sind in diesem Zusammenhang "hinreichend verdächtig, entgegen den technischen Regeln eine Meldung an ihre Bauleitung unterlassen und den Aushub eigenmächtig fortgesetzt zu haben". Dabei schufen die Baustellenarbeiter laut Anklage "im Schatten" des nicht beseitigten Hindernisses eine "Erdplombe", die dann schlagartig nachgab und zu einer Verlagerung großer Mengen Erdreichs führte.

Fahrlässige Tötung durch Unterlassen

Die übrigen fünf Angeschuldigten waren der Staatsanwaltschaft zufolge mit Prüfungs- und Überwachungsaufgaben betraut. Auch diese Beschuldigten seien "hinreichend verdächtig, die Herstellung der Lamelle elf im September 2005 nicht mit der gebotenen Sorgfalt begleitet beziehungsweise überwacht und während des Aushubs der Baugrube in 2007 und 2008 eine gebotene Kontrolle der Schlitzwandfugen unterlassen zu haben". Diesen fünf Beschuldigten wird ebenfalls fahrlässige Tötung durch Unterlassen vorgeworfen. Drei von ihnen wird darüber hinaus auch Baugefährdung bei der Leitung und Ausführung eines Bauvorhabens zur Last gelegt.

Für die Anklageerhebung hat die Staatsanwaltschaft ein gesondertes Verfahren abgetrennt. Die Ermittlungen und die Untersuchungen der Sachverständigen der Staatsanwaltschaft dauern im Ursprungsverfahren nach wie vor an.

Beim Einsturz des Kölner Historischen Stadtarchivs am 3. März 2009 starben zwei Menschen und 36 Anwohner verloren ihre Wohnungen. Das Archiv beherbergte ursprünglich in einem Bau aus dem Jahr 1971 Originaldokumente aus mehr als 1.000 Jahren Kölner und rheinischer Geschichte. Bei dem Einsturz versanken 30 Regalkilometer Archivalien in Schutt und Grundwasser. Etwa 95 Prozent der Dokumente konnten geborgen und vorübergehend anderweitig untergebracht werden. Bis 2020 soll ein Neubau entstehen.