Symbolfoto: Hass und Mobbing im Internet
epd-bild/Jens Schulze
Der Medienrechtler Wolfgang Schulz sieht durch das geplante Gesetz gegen Hass im Internet die Meinungsfreiheit bedroht. Es gebe nur wenige Inhalte, "deren Publikation in jedem Kontext rechtswidrig ist", schreibt der Direktor des Hamburger Hans-Bredow-Institut in einem Beitrag für die Fachzeitschrift epd medien.
11.05.2017

Der vom Bundeskabinett Anfang April gebilligte Entwurf des Netzwerkdurchsetzungsgesetzes (NetzDG) sieht vor, Betreiber von sozialen Netzwerken zu verpflichten, offensichtlich strafbare Inhalte binnen 24 Stunden zu löschen. Diese knappe Frist lasse es für die Anbieter rational erscheinen, Inhalte "ohne eingehende Prüfung zu entfernen, um der Haftung zu entgehen", schreibt Schulz. Nach Angaben von Facebook würden bei dem Sozialen Netzwerk monatlich 100.000 Inhalte als unzulässig gemeldet.

Schulz schreibt, wer in Internetforen andere beleidige, mache sich genauso strafbar, wie jemand, der dies auf der Straße tut. Schon jetzt gelte: Was offline illegal sei, sei auch online illegal. In dem Gesetz, das sich gegen sogenannte Fake News und Hasskommentare in Sozialen Medien richtet, würden "Tatbestände, die auf Rechtsgutverletzungen von ganz unterschiedlichem Gewicht abzielen, zusammengefasst, was mit Blick auf die Prüfung der Verhältnismäßigkeit von möglichen Verletzungen von Kommunikationsfreiheiten Probleme aufwirft". Einschränkungen der Meinungsfreiheit könnten nur "bei Taten von einigem Gewicht" rechtfertigt werden.

Gesetz noch vor der Sommerpause

Ein Problem sieht Schulz auch in der Pflicht für die Betreiber von Netzwerken, Kopien von als rechtswidrig erkannten Inhalten zu entfernen. Dies könne einen Anreiz setzen, "algorithmische Verfahren zur Erkennung und Löschung einzusetzen". Diese Verfahren seien derzeit noch nicht in der Lage, "etwa ironische oder kritische Bezugnahmen auf Inhalte zu erkennen". Das erhöhe die Gefahr, dass rechtmäßige Inhalte entfernt würden.

Die Koalition will das Gesetz noch vor der Sommerpause und damit auch vor Ablauf der aktuellen Wahlperiode durch den Bundestag bringen. Verleger- und Journalistenverbände warnten davor, dass die Plattformbetreiber durch das Gesetz animiert würden, Zensur auf Inhalte auszuüben. Derzeit liegt das Gesetz der Europäischen Kommission zur Notifizierung vor. Die Kommission prüft, ob die Regelung mit dem Europarecht vereinbar ist.

Da sich in Deutschland "offenbar bislang fast alle Entscheidungsträger einig sind, das Gesetz vor der Wahl zu verabschieden, kann wohl nur die EU-Kommission es noch aufhalten", schreibt Schulz. "Es wäre das erste Mal, dass die Europäische Union Deutschland an die Bedeutung der Kommunikationsfreiheiten erinnern muss."