Nicht nur in autoritären Regimen ist die Pressefreiheit eingeschränkt. Am Internationalen Tag der Pressefreiheit wiesen Medienvertreter und Politiker auf den zunehmenden Druck hin, dem Journalisten auch in europäischen Ländern ausgesetzt sind.
03.05.2017

Am Internationalen Tag der Pressefreiheit haben Politiker und Medienvertreter die Verfolgung von Journalisten in aller Welt angeprangert. Sogar in einigen europäischen Ländern würden politisch unerwünschte Meinungen durch Einschränkungen der Pressefreiheit unterdrückt, sagte der Sprecher der Bundesregierung, Steffen Seibert, am Mittwoch in Berlin. Freie Medien und Journalisten bezeichnete Seibert als "Grundpfeiler der Demokratie." Die Bundesregierung werde die Pressefreiheit immer wieder aufs Neue verteidigen, in Europa und darüber hinaus.

Ausdrücklich besorgt

Der Chefsprecher von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, Margaritis Schinas, betonte, Demokratie funktioniere nur mit freien und unabhängigen Medien. "Meinungsfreiheit ist ein Grundwert der EU. Daher verurteilen wir alle Drohungen und Gewalt gegen Journalisten und Medienmitarbeiter", sagte Schinas in Brüssel. In den zurückliegenden Monaten hatte sich die Kommission auch ausdrücklich besorgt über die Lage der Pressefreiheit in der Türkei gezeigt, die mit der EU durch den Flüchtlingspakt verbunden ist.

Die ARD-Vorsitzende und MDR-Intendantin Karola Wille erinnerte an die über 200 Journalistinnen und Journalisten, die nach Angaben von "Reporter ohne Grenzen" aktuell inhaftiert sind. Mindestens 74 Medienschaffende wurden der Organisation zufolge im vergangenen Jahr wegen ihrer Arbeit getötet. Da "können und dürfen wir nicht zur Tagesordnung übergehen", sagte Wille bei den Medientagen Mitteldeutschland in Leipzig. Auch in Europa nehme der Druck von Regierungen auf die freien Medien zu. Wille unterstrich zudem die besondere Verantwortung der öffentlich-rechtlichen Medien. Mit ihrer hohen Reichweite hätten sie die Möglichkeit, "auch in Zeiten einer weiter auseinander driftenden Gesellschaft Vielfalt, eine offene, demokratische Meinungs- und Willensbildung" herzustellen.

Die Kriegsberichterstatterin Düzen Tekkal sieht die Pressefreiheit in Deutschland besonders durch Rechtsradikale und Islamisten bedroht. Durch diese beiden "bösen Zwillinge" sei das Arbeiten von Journalisten auch hierzulande schwieriger geworden, sagte die deutsche TV-Journalistin. Tekkal plädierte dafür, sich nicht einschüchtern zu lassen und dort hinzuschauen, wo es besonders wehtut. In Deutschland sind einer Studie des Europäischen Zentrums für Presse- und Medienfreiheit (ECPMF) zufolge im vergangenen Jahr mindestens 19 Journalisten tätlich angegriffen worden. 18 der Übergriffe wurden im Umfeld der fremdenfeindlichen "Pegida"-Bewegung in Dresden, der AfD oder rechtsextremer Gruppen registriert.

Journalisten und Blogger festgesetzt

Besonders besorgt äußerten sich die Politiker und Medienvertreter über die Lage in der Türkei. Die Bundesregierung bekräftigte die Forderung nach konsularischer Betreuung für den "Welt"-Korrespondenten Deniz Yücel. Der deutsch-türkische Journalist sitzt seit Mitte Februar wegen des Vorwurfs der Terrorpropaganda in der Türkei in Einzelhaft. "Wir sind weiter am Ball, aber wir prallen immer wieder an der fehlenden Bereitschaft der türkischen Behörden ab, im Fall Yücel etwas an den Haftbedingungen zu ändern", sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amtes.

Vor der türkischen Botschaft in Berlin demonstrierten mehrere Dutzend Menschen für die Freilassung Yücels und weiterer Medienschaffender. In keinem anderen Land werden aktuell so viele Journalisten und Blogger festgehalten wie in der Türkei. Rund 150 Journalisten sitzen dort den Angaben der "Reporter ohne Grenzen" zufolge im Gefängnis. Etwa 150 Medien seien geschlossen und Hunderte Presseausweise annulliert worden. Auf der Rangliste der Pressefreiheit steht die Türkei auf Platz 151 von 180 Staaten.

Am Welttag der Pressefreiheit fanden weltweit mehr als 100 Veranstaltungen statt. Vor allem die Menschenrechtsorganisation Amnesty International und "Reporter ohne Grenzen" riefen dazu auf, sich für das Recht auf Meinungsfreiheit und freien Zugang zu Informationen einsetzen.

Der Tag der Pressefreiheit wurde 1993 auf Vorschlag der Unesco von der UN-Generalversammlung 1993 ausgerufen. Dieser Tag erinnert an die "Erklärung von Windhoek", die 1991 mit dem Ziel der Förderung einer unabhängigen und pluralistischen Presse in Namibia verabschiedet wurde.