Ursula von der Leyen
epd-bild/Christian Ditsch
Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) verspricht im Bundeswehrskandal um den rechtsextremistischen Terrorverdächtigen Franco A. umfassende Aufklärung.
03.05.2017

Sie wolle mit großer Ernsthaftigkeit an das Thema herangehen, sagte von der Leyen am Mittwoch am Standort der deutsch-französischen Brigade in Illkirch bei Straßburg. "Wir sind am Anfang eines langen Prozesses", sagte die Ministerin.

Von der Leyen machte sich vor Ort ein Bild von den Räumen, in denen der Oberleutnant Franco A. untergebracht war. Zudem führte sie Gespräche mit weiteren Soldaten am Standort. Die Ministerin betonte, dass nun aufgeklärt werden müsse, wo es Bruchstellen oder Lücken bei der Meldung oder Weitergabe von Informationen gab. Dass der Soldat A. eine Masterarbeit abgeben konnte, die klar rassistisch war, zeige, dass hier das Maß nicht stimme, sagte sie. Dasselbe gelte für die Vorkommnisse in der Kaserne Pfullendorf in Baden-Württemberg. Dort werden derzeit Vorfälle von sexuellen Übergriffen überprüft.

Gutachten bestätigte Verdacht

In den vergangenen Tagen war bekannt geworden, dass der in der vergangenen Woche festgenommene Bundeswehrsoldat bereits 2014 in seiner Masterarbeit klar rechtsextreme Haltungen erkennen ließ. Ein Gutachten bestätigte den problematischen Inhalt, hatte aber keine Konsequenzen für die weitere Karriere von Franco A. in der Truppe.

Auf einer durch Medienberichte bekannt gewordenen "Todesliste" hatte Franco A. Personen als Ziel von Anschlägen notiert. Darunter sollen Spitzenpolitiker wie Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) gewesen sein. Wie die Tageszeitung "Die Welt" (Online-Ausgabe) am Mittwoch unter Berufung auf Sicherheitskreise berichtete, sollen auch Menschenrechtsaktivisten und religiöse Verbände, darunter der Zentralrat der Juden und der Zentralrat der Muslime in Deutschland, auf der Liste gestanden haben.

Gegen die Bundeswehr gab es immer wieder den Vorwurf, bei rechtsextremen Umtrieben von Soldaten nicht ausreichend reagiert zu haben. Wie ein Sprecher des Bundesverteidigungsministeriums am Mittwoch in Berlin sagte, geht der Militärische Abschirmdienst (MAD) aktuell 280 Verdachtsfällen nach. Einige davon reichen bis ins Jahr 2011 zurück. Von 2012 bis 2016 hat es seinen Angaben zufolge 18 vorzeitige Entlassungen von Soldaten wegen Rechtsradikalismus gegeben.

Prüfung eingeleitet

Der Sprecher des Soldatenforums "Darmstädter Signal", Florian Kling, verteidigte die Bundeswehr gegen den Vorwurf, rechtsextreme Umtriebe in den eigenen Reihen nicht konsequent zu verfolgen. "Das ist Quatsch", sagte Kling dem Radiosender Bayern 2. Er erlebe die Truppe als "extrem sensibel, was rechte Aktivitäten angeht". Jeder Vorgesetzte wisse, wann er einzugreifen hat.

Derweil hat nach Angaben eines Sprechers des Bundesinnenministeriums auch die wegen des Falls Franco A. gegründete Ermittlungsgruppe im Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ihre Arbeit aufgenommen. Sie soll prüfen, wie es dem Offizier gelingen konnte, sich bei der Behörde erfolgreich als syrischer Flüchtling auszugeben. Sämtliche Entscheidungen und Verfahrensschritte des ungewöhnlichen Falls sollen den Angaben zufolge nun nochmal angeschaut werden. Zudem sollen stichprobenartig andere Fälle untersucht werden, um herauszufinden, ob die Fehlentscheidung im Fall Franco A. auf strukturelle Mängel in den Asylverfahren zurückzuführen ist.