Wertvoller Oldtimer auf dem Kurfürstendamm in Berlin
epd-bild/Juergen Blume
Damit die Schere zwischen arm und reich nicht größer wird, fordern Experten ein Umdenken in der Politik. Sie setzen vor allem auf Steuerreformen, die Vermögende stärker belasten.
28.03.2017

Mehr Hilfen für arme Menschen, höhere Abgaben für Reiche: Das Bündnis "Umverteilen" fordert die Parteien auf, soziale Gerechtigkeit und eine faire Steuer- und Umverteilungspolitik in den Mittelpunkt des Wahlkampfs zu rücken. Am Dienstag stellte der Zusammenschluss von 30 Organisationen in Berlin die Kampagne "Reichtum umverteilen - ein gerechtes Land für alle!" vor. Zentraler Punkt ist dabei eine stärkere Besteuerung finanzstarker Unternehmen sowie großer Vermögen, Einkommen und Erbschaften.

Zu dem Bündnis gehören Gewerkschaften, Wohlfahrts- und Jugendverbände, sowie Migranten- und Umweltorganisationen. Dem enormen privaten Reichtum stehe eine massive öffentliche Armut gegenüber, die in immer mehr Kommunen deutlich sichtbar werde, erklärte der Hauptgeschäftsführer des Paritätischen Gesamtverbands, Ulrich Schneider, zum Auftakt der Kampagne. "Wer auf Verschleiß fährt, dort wo Menschen existenziell auf soziale Hilfen angewiesen sind und es um die Chancen unserer Kinder geht, der handelt bereits unmoralisch", sagte Schneider.

Bsirske für Reform der Erbschaftssteuer

Die Sprecherin der Nationalen Armutskonferenz und Direktorin der Diakonie Berlin-Brandenburg, Barbara Eschen, warnte vor einer Bedrohung für den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Es sei skandalös, dass so viele Menschen in Deutschland abgehängt seien, weil sie arm sind. Der Gesetzgeber müsse sicherstellen, dass Menschen für ihre Existenz das erforderliche erhalten.

Der Vorsitzende der Vereinten Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, Frank Bsirske, sprach von sozialen "Zeitbomben". Die soziale Spaltung im Land und ihre Ursachen müssten zu einem Schlüsselthema werden. Um Bildungschancen zu verbessern und den Kampf gegen Altersarmut und prekäre Beschäftigung aufzunehmen, brauche man Steuergerechtigkeit. Bsirske plädierte unter anderem für eine Reform der Erbschaftssteuer, die die verfassungswidrige Begünstigung der Erben großer Unternehmensvermögen beende, eine Abschaffung der Abgeltungssteuer und einen wirksamen Kampf gegen Steuerbetrug.

Nach Angaben von Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund fehlen in Deutschland etwa eine Million Wohnungen. Immer mehr Menschen könnten ihre Mieten nicht mehr bezahlen und würden so aus den Städten verdrängt. Man brauche dauerhaft preisgebundene Sozialwohnungen, sagte Ropertz. Nötig seien auch ein dynamisches, den heutigen Kosten gerecht werdendes Wohngeld und realistische Regelsätze in der Grundsicherung. Energiearmut in Form von Sperrungen oder unbeheizten Wohnungen dürfe es in Deutschland nicht geben.

Unterstützung von der Opposition

Unterstützung für die Forderungen des Bündnisses kam von Linken und Grünen. Die Vorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping, forderte gebührenfreie Bildung von der Kita bis zur Uni. Eine solidarische Gesellschaft sei nur durch eine Abkehr von der neoliberalen Politik möglich, teilte Kipping mit. "Fehlende Aufstiegschancen, eine starke Vermögenskonzentration und eingeschränkte Teilhabe schaffen wirtschaftliche Probleme und gefährden unseren gesellschaftlichen Zusammenhalt", sagte die Bundesvorsitzende der Grünen, Simone Peter. Sie plädierte für eine verfassungsfeste und umsetzbare Vermögenssteuer.

Das Bündnis beruft sich bei seinen Forderungen auch auf die Ergebnisse des aktuellen Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung. Darin warnen die Experten selbst vor einer zu starken Spaltung der Gesellschaft. Der Bericht befindet sich derzeit in der Ressortabstimmung.