Wonge Bergmann
Villa Merton in Frankfurt
"Erst mal gucken, was hier wächst"
Kochen mit Zutaten, die ausschließlich aus der Region stammen: Das hat einen ganz besonderen Reiz
Aktualisiert am 10.04.2024

chrismon: Sie kochen in Ihrem Restaurant, in der „Villa Merton“ in Frankfurt, eine radikal regionale Küche. Alle Zutaten stammen aus einem Umkreis von höchs­tens 250 Kilometern. Warum?

Matthias Schmidt: Mir war beim Kochen schon immer wichtig, dass ich nachhaltig einkaufe. Ich habe auch in der Küche immer darauf geachtet, dass wir nicht so viel Alu­folie und Plastik verwenden. Daher war es logisch für mich, regional zu kochen. Wir wollen Lieferwege verkürzen und wir wollen den regionalen Geschmack. Ich möchte, dass es hier so schmeckt, wie die Natur ist. Deswegen benutze ich auch keinen Pfeffer. Übrigens auch keine Tomaten, weil sie nicht unserer Tradition entsprechen.

Sie verwenden auch kein Olivenöl, keine Zitronen. Wie ersetzen Sie diese Zutaten? 

Es geht uns gar nicht darum, etwas zu er­setzen. Wir brauchen bestimmte Dinge einfach nicht mehr. Wir werden kreativer, weil wir überlegen müssen, was wir aus den Produkten machen, die wir haben. Wir servieren zum Beispiel Petersilienwurzelsaft mit Kresse, das schmeckt gefroren ein bisschen nach Banane.

Haben Sie mit Ihrem Konzept auch die Heimatküche für sich neu entdeckt?

Ja, so kann man das sagen. Ich arbeite gerade an einem Gericht mit Grüner Soße, das hätte ich früher nie gemacht. Wir verbinden unsere Küche mit der hiesigen Kultur. Die Skandi­navier kochen mit Knäckebrot und Fleischbällchen. Wir kochen mit Bier und Wurst.

In Ihrem Restaurant gibt es auch den typischen Frankfurter Handkäse als Käsegang. Den würde man in einem Sterne-Restaurant nicht vermuten.

Wir hatten früher einen Käsewagen wie jedes andere Sterne-Restaurant auch. Aber das ist eine französische Tradition. Die Leute, die aus Frankfurt kommen, freuen sich, dass sie hier einen Handkäse auf einem anderen Niveau bekommen. Und die Leute von auswärts freuen sich, dass sie hier etwas anderes essen können als in den Sterne-Restaurants in Tokio, London oder Paris.

Ein Restaurantkritiker hat über Sie geschrieben, ein Essen bei Ihnen sei wie ein Spaziergang durch das Frankfurter Umland. Lassen Sie sich beim Kochen von der Natur inspirieren?

Auf jeden Fall. Im Frühling zum Beispiel, wenn die Natur grün wird, werden unsere Teller auch grün. Mich inspiriert die Natur auch beim Anrichten.
Haben Sie Vorfahren, deren Gerichte Sie inspirieren?

Wir haben ein paar alte Frankfurter Koch­bücher. Und ich weiß aus meiner Kindheit, dass Rindswurst und Grüne Soße zu Frankfurt gehören. Wenn ich ein Dessert mit Roten Beten mache, ist das cool, aber ein Dessert mit Grüner Soße ist noch besser, weil es mit der Tradition in Frankfurt ver­bunden ist. Ich mache eine zeitgemäße ­Regionalküche, aber konsequent. Ich verstehe es nicht, wenn jemand sagt, er kocht regional und trotzdem Gänsestopfleber auf der Karte hat.

Werden Sie auch in zehn Jahren noch so kochen?

Das ist schwierig zu sagen. Jeden Frühling kommen bestimmte Produkte wieder und im Sommer andere und manchmal überlege ich mir: Was ist in zehn Jahren? Aber ich glaube, es würde mir schwerfallen, auf die Regeln, die ich mir gegeben habe, zu verzichten.

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