Portrait Burkhard Weitz, verantwortlicher Redakteur für chrismon plusLena Uphoff
19.01.2011

Bewertung

Liturgie
3
Predigt
4
Musik
3
Atmosphäre
2

Laut tönen die Glocken der Johanneskirche zu Bingen. Allein: Die Tore bleiben zu, kein Mensch weit und breit. Eine Warmwasserheizung wird unter den Kirchbänken installiert, die Gemeinde feiert ihre Gottesdienste im Gemeindesaal. Und der ist weiter oben an der Kur fürstenstraße.

Vor dem Haus plaudert eine Dame in rosa Bluse mit älteren Herrschaften. Drinnen die übliche Gemeindesaaltristesse: graue PVC-Fliesen, hoch hängende Tischlampen, Plastiksitzschalen, eine Guckkastenbühne mit Stehpult und geschmücktem Altar, rechts und links dicke ockergelbe Vorhänge.

Im Nacken klemmt die Halterung von Pfarrer Olliver Zobels Mikrofon. Der Verstärker lässt die Stimme dumpf klingen, wie die eines Discjockeys bei einer Hochzeitsfeier. Während der Sommerferien habe man viel Zeit, seine Talente zu entdecken, sagt Zobel. Etwas konstruiert, diese Überleitung von der Begrüßung zum Wochenspruch aus Lukas 12,48: "Wem viel gegeben ist, bei dem wird man viel suchen."

Redundanz kann schön sein - allerdings nur in Grenzen. Dass die 28 Gottesdienstteilnehmer zehn Mal den Refrain des Liedes "Gottes Liebe ist wie die Sonne, sie ist immer und überall da" singen und dass Pastor und Gemeinde 13 Mal den Psalmvers "denn seine Güte währet ewiglich" wiederholen, ist dann doch übertrieben.

Kurzweilig wird's bei der Predigt über die drei Knechte, denen der Herr Talente anvertraut. Das Talent war eine Währungseinheit, so viel wie 5000 Euro heute. Zwei Knechte mehren ihr Vermögen. Den dritten tadelt der Herr. Er vergräbt sein Geld und gibt es in gleicher Höhe zurück.

Es gehe aber nicht um Geld, sondern - wie der heutige Sprachgebrauch nahelege - um Begabungen, sagt Zobel. Er sinniert über Talente, die heute gefragt und morgen schon bedeutungslos sein können. Er grenzt die Forderung, sein Talent zu mehren, von der kapitalistischen Wirtschaftsweise ab. Im Gleichnis gehe es darum, seine Talente für andere zu nutzen. Und was würde der Herr des Gleichnisses einem vierten Knecht sagen, der seine Talente investiert und verliert? Zobel antwortet mit Jesaja 42: "Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen und den glimmenden Docht nicht löschen." Der Herr würde also nicht schimpfen. Tröstlich.

Bei der Fürbitte versagt das Mikro, Zobel knipst es aus. Seine natürliche Stimme ist viel höher als die verstärkte. Er bittet für Gerechtigkeit, "auch wenn wir uns einschränken müssen". Klare Worte. Auch gut, wie er für Verheiratete und Gestorbene aus der Gemeinde bittet. Wie schön der Gottesdienst erst sein wird, wenn die Sitzheizung installiert und die alte Kirche wieder benutzbar ist!

Zur Gemeinde

Kontaktinformationen der Gemeinde

Evangelische Johanneskirchengemeinde

Kurfürstenstr. 4, 55411 Bingen
Telefon: 06721-14171; Fax: 06721-17265
eMail:  sekretariat@bingen-evangelisch.de

Öffnungszeiten:
Dienstag und Freitag jeweils von 9 bis 12 Uhr

Neuen Kommentar hinzufügen

Der Inhalt dieses Feldes wird nicht öffentlich zugänglich angezeigt.

Plain text

  • Keine HTML-Tags erlaubt.
  • Zeilenumbrüche und Absätze werden automatisch erzeugt.