15.11.2010

Der festliche Gottesdienst ist vorüber. Die Hochzeitsgesellschaft begibt sich froh gestimmt in das Restaurant, in dem weitergefeiert werden soll. Neben dem Tisch der Brautleute wartet ein junges Paar. "Hier", sagt die Frau. "Unser Geschenk. Wir wussten nicht, dass ihr groß feiert. Und wir warten schon ziemlich lange." Den Hinweis, dass das Fest, wie auf der Einladung vermerkt, in der Kirche begonnen hat, beantwortet sie lächelnd. "Oh, so genau haben wir das nicht gelesen." Er sucht sich schon mal seinen Platz und sie bemerkt noch: "Alles Gute euch beiden - solange es halt klappt."

"Alles Gute euch beiden - solange es halt klappt."

So kann man es machen, wenn man nicht viel von dem Versprechen hält, das sich zwei Menschen geben, die miteinander alt werden möchten und diesen Entschluss auf dem Standesamt und in der Kirche bekräftigen. Gratulieren? Bei den Scheidungszahlen? Gelegentlich verfassen auch liebe Verwandte zur Hochzeit Briefe, in denen sie prophetisch das Ende der Beziehung vorwegnehmen - weil die Chancen für eine Ehe insgesamt schlecht stehen und die beiden außerdem nach ihrer Meinung gar nicht zueinanderpassen. Jeder, der einem frischgebackenen Ehepaar seine Glückwünsche versagt, muss sich fragen, was wirklich hinter dieser Zurückhaltung steckt.

Und: Was die hartnäckige Abstinenz von guten Gedanken bewirkt. Als der Aberglaube vor allem auf dem Land noch verbreitet war, hat niemand gewagt, zur Hochzeit Messer und Scheren zu schenken - sie, so meinte man, könnten auch das Glück zerschneiden. Selbst wenn das Unsinn ist, liegt doch eine tiefere Einsicht in diesen Überlegungen verborgen - die nämlich, dass alles, was ausgesprochen und unausgesprochen an Gutem oder Schlechtem einem Paar auf dem Weg mitgegeben wird, Wirkung zeigen kann. Zwei Menschen, die sich trauen, einen gemeinsamen Weg zu gehen, können auf gehässige Unkenrufe, die sie wie ein böser Fluch begleiten, gut verzichten.

Ihnen helfen auch keine statistischen Hinweise auf das mögliche Scheitern von Ehen. Damit werden sie in ihrer Individualität, mit ihren ganz persönlichen besten Absichten füreinander nicht ernst genommen. Was Eheleute brauchen, sind Segenswünsche, bei denen sie spüren: Wir sind begleitet von Menschen, die uns und unserer Liebe wohlgesinnt sind. Die uns alles erdenklich Gute wünschen - gerade weil sie um die himmelhoch jauchzenden Gefühle ebenso wissen wie um die Situationen, in denen man zu zweit zu Tode betrübt sein kann. Aufrichtigkeit und Achtsamkeit sind gefragt. Wer einem Paar echter Freund, wahre Freundin sein will, hat drei Gelegenheiten, für die beiden da zu sein.

Es geht darum zwei Menschen beizustehen

Die erste vor der Hochzeit, wenn man seine Meinung zur Partnerwahl kundtun soll. Da lässt sich offen und behutsam sagen, was einem an Schönem und an Fragen zu beiden durch Kopf und Herz geht. Die zweite Gelegenheit ergibt sich meist Jahre nach der Hochzeit, falls es irgendwann heftig kriseln sollte und man um Hilfe gebeten wird. Vieles lässt sich tun, um zwei Menschen beizustehen, damit sie wieder zueinanderfinden. Und schließlich - wenn zwei es trotz allen Bemühens tatsächlich nicht mehr schaffen, einen gemeinsamen Weg zu finden. Dann kann man ohne Besserwisserei Trauer und Schmerz teilen und dazu beitragen, dass die beiden vielleicht sogar in gegenseitiger Achtung auseinandergehen.

Aber so weit muss es nicht kommen. Deshalb, liebe Leserin, lieber Leser: Wenn Sie demnächst heiraten oder Ihren Hochzeitstag feiern: Alles Liebe und Gute - und Gottes reichen Segen für Sie beide!

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