Spontan sein ist schön. Doch manche Überraschung bedeutet, den anderen zu übergehen
15.11.2010

"Wir fahren im Sommer nach Ägypten", sagt Laura beim Abendessen mit den Freunden. "Zuerst eine Nilkreuzfahrt mit Besichtigungen, dann eine Woche Schnorcheln. Das Allerbeste: Im Sommer ist es wegen der Hitze richtig preiswert! " Freundin Inge schubst ihren Mann: "Das wäre doch auch was für uns, oder? Wir wollten schon lange einen auf Kultur machen! Und schnorcheln - herrlich! " Laura schaut Inge und deren Mann an: "Kommt doch einfach mit!" Die beiden stimmen begeistert zu. Doch der Abend verläuft von da ab in angespannter Atmosphäre.

"Kommt doch einfach mit!"

Lauras Mann Ralf nämlich ist stinksauer, weil sie, ohne ihn zu fragen, den ganzen schönen Urlaub mit anderen verplant hat. Als die Gäste voller Ideen für den kommenden Sommer gegangen sind, gibt es deshalb richtig Streit. Verständlich, denn Ralf fühlt sich von seiner Frau überfahren. "Das hättest du erst mit mir besprechen müssen", sagt er und hat recht. Es ist unfair, den Partner in eine Situation zu bringen, in der er entweder unhöflich wirkt, weil er gerade Eingeladene wieder auslädt, oder in der er seine eigene Meinung hinunterwürgen muss, um gute Miene zum bösen Spiel zu machen.

Es braucht Zeit, damit die Ideen, die einer hat, vom anderen erst mal in Ruhe verdaut und mit eigenen Vorstellungen in Einklang gebracht werden können, bevor er zustimmt oder eben auch nicht. Erhebliche Veränderungen sollten immer miteinander bedacht und besprochen werden. Dazu gehören auf jeden Fall der Urlaub, lange Wochenenden, Verwandtenbesuche, die Gestaltung der gemeinsamen Wohnung und von Feiertagen, gar eigene berufliche Veränderungen. Also alles, was nicht nur auf einen selber, sondern auch auf den Partner, die Partnerin erhebliche Auswirkungen hat.

Schön, wenn die Schwiegermutter für zwei Wochen zu Besuch kommt, aber das muss abgesprochen sein. Das Wohnzimmer wird zum Schlafzimmer und die Küche lila gekachelt? Eine neue Aufgabe in einer anderen Stadt? Das alles geht nur mit vorheriger Diskussion - es sei denn, man will mit vollendeten Tatsachen dem anderen signalisieren, dass seine Bedürfnisse einem piepegal sind. Wer sich regelmäßig über die Wünsche des anderen hinwegsetzt, nimmt ihn nicht wirklich ernst. Und riskiert auf Dauer seine Beziehung - weil es dazu zwei gleichberechtigte Partner braucht.

Überraschungen, sie sind der Pfeffer in der Liebe

Darf man deshalb gar nicht mehr spontan sein? Muss jede Entscheidung debattiert werden? Nein. Es wäre schrecklich, wenn man sich einen Maulkorb umhängen, der Fantasie immer Zügel anlegen müsste. "Schatz", sagte mein Mann vor kurzem, "ich habe mit einem alten Freund ausgemacht, dass wir uns am Samstagabend zu viert zum Essen treffen. Ich hoffe, du hast nichts dagegen?" Ganz ehrlich: Ich hatte einen gemütlichen Abend zu Hause geplant. Aber ich habe mich gewinnen lassen von dem Leuchten in den Augen meines Mannes, seiner Vorfreude.

Es war ein Abend voll guter Gespräche mit sehr netten Menschen. Es ist wichtig für eine Beziehung, dass einer den anderen mitreißt - und dass man sich einen Ruck gibt, herauslösen lässt aus Gewohnheiten. Wer bloß noch Bedenken trägt und diskutiert, zerstört den Zauber, der auch nach vielen Jahren Partnerschaft möglich ist. Spontan gekaufte Kino- oder Konzertkarten, ein zusätzlicher Gast bei der Abendeinladung, das schnelle Ja für den Sonntagnachmittagskaffee: Überraschungen, die einem keine zusätzliche Arbeit machen, sondern den Alltagstrott heilsam unterbrechen, sie sind der Pfeffer in der Liebe.

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