Sie zu Moscheen zu machen, kommt für die evangelische Kirche aber nicht infrage

Wer im vergangenen Jahr von den spektakulären, teils umstrittenen Moscheeneubauten in Duisburg und Ostberlin las oder zugleich von umgewidmeten Kirchen in Bielefeld, Marburg oder Hamburg, mochte sich fragen: Wäre es sinnvoll, nicht mehr gebrauchte Kirchen den Muslimen zu überlassen? Würde eine solche Weitergabe nicht ein tolerantes Miteinander von Christen und Muslimen beflügeln? Auch Hamburgs Kultursenatorin Karin von Welck, Präsidentin des kommenden Deutschen Evangelischen Kirchentags in Bremen, machte den Vorschlag: besser Moschee als Abriss.

Ein solcher Schritt scheint mir weder nötig noch angebracht, ganz abgesehen davon, dass Moscheen anderen baulichen Anforderungen genügen müssen als christliche Kirchen und es wohl auch nicht im Interesse der Mehrheit der Muslime wäre, christliche Kirchen zu beziehen.

Ich ärgere mich, wenn ich lese, dass Kirchen nicht mehr gebraucht würden.

Ich ärgere mich immer wieder, wenn ich lese, dass Kirchen nicht mehr gebraucht würden. Meine Erfahrung ist eine völlig andere: Seit meinem Amtsantritt als Landesbischof vor neun Jahren habe ich allein neun neue Kirchen eingeweiht. Insgesamt sind in unserer Landeskirche seit 1990 sechzig neue Gebäude - Kirchen oder Gemeindehäuser mit eigenem Gottesdienstraum - errichtet worden, während in der gleichen Zeit vier Kirchen entwidmet wurden. Und das auch nur, weil sie in Gemeinden standen, die zwei Kirchengebäude besaßen und auf eines der beiden verzichten konnten.

So ist die Lage nicht nur im glücklichen Bayern. Ähnliches erfahre ich zum Beispiel aus unserer Mecklenburger Partnerkirche. Obwohl gerade in den Dörfern die Zahl der Christen geringer geworden ist, denkt dort niemand an die Aufgabe einer der zahlreichen Kirchen. Im Gegenteil: Dort engagieren sich selbst nichtchristliche Dorfbewohner, wenn es darum geht, ihre Kirche zu erhalten und zu restaurieren.

Dennoch kann es sein, dass unsere Landeskirche genauso wie die anderen Kirchen in Zukunft das eine oder andere Kirchengebäude aufgeben muss, will sie trotz gleichbleibender Mitgliederzahl auch weiter in Neubaugebieten mit neuen Kirchen vertreten sein. Doch dieses Phänomen ist nicht neu, wir kennen es schon seit 150 Jahren. Wie damals geht es auch heute darum, eine verträgliche Nutzung für diese Kirchengebäude zu finden. Es gibt ja gelungene Beispiele dafür: Kirchen werden zu ansprechend gestalteten kulturellen Räumen für Konzerte und Vorträge, Ausstellungen und Empfänge. Der Geist Gottes weht auch in solchen Gebäuden.

Eine Kirche in eine Moschee umwandeln, kommt für mich nicht infrage. 

Eine Kirche in eine Moschee umwandeln zu lassen, kommt für mich hingegen nicht infrage. Das wäre ein völlig falsches Signal: Es würde dem Eindruck Vorschub leisten, das Christentum sei auf dem Rückzug, der Islam auf dem Vormarsch. Davon kann in Deutschland keine Rede sein.

Natürlich sollen Muslime die für ihre Bedürfnisse notwendigen Moscheen bauen können - unter Achtung der baurechtlichen Vorschriften, wie sie ja für Kirchenneubauten auch gelten. Dafür habe ich mich schon mehrfach ausgesprochen. Ich bin aber dankbar, dass sowohl die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) und die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD), deren Leitender Bischof ich bin, als auch die römischkatholische Deutsche Bischofskonferenz es mit aller Deutlichkeit ablehnen, dass eine nicht mehr gebrauchte Kirche in eine Moschee verwandelt wird.

Es gibt genügend andere Lösungen. Wir müssen nur kreativ und fantasievoll sein - was ganz oft gelingt. Und noch viel öfter dürfen wir uns über einen Kirchenneubau freuen. Gott sei Dank.

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