"Ob Gelb, Schwarz, Rot oder Grün ­ das ist egal. Die versprechen alles Mögliche, aber wirklich etwas gegen die Arbeitslosigkeit tun sie doch nicht." Der Taxifahrer, um die 50, macht aus seinem Verdruss keinen Hehl. Er erzählt von seinen Kindern, dann von seiner Scheidung, schließlich, dass er eigentlich Bauingenieur ist und gekündigt wurde. Den Taxischein habe er gemacht, um sich finanziell über Wasser zu halten. Und dann lässt er seiner Wut freien Lauf. Die Großkopferten, die in Berlin, in München und in Brüssel, dächten so gut wie gar nicht an den Normalbürger. "Die tun so, als sei man selbst schuld an der Arbeitslosigkeit, und dann bestrafen sie einen mit Hartz IV." Wenn es nach ihm ginge, müssten "die alle weg" und "was ganz andres müsste an die Regierung".

"Aber so wie bisher geht's nicht mehr, das meinen alle."

Ich horche auf. Ich sehe, dass er sich in einer schwierigen Situation befindet, da kann er mit meinem Verständnis rechnen. Nicht aber, was seine vermeintliche Lösung angeht. Die Rechts- oder Linksextremisten sind bestimmt keine Alternative, sage ich. Die trieben unser Land ins Unglück, das wüssten wir aus der Geschichte. Der Taxifahrer dämpft seinen Zorn. Doch er fügt hinzu: "Aber so wie bisher geht's nicht mehr, das meinen alle, die ich kenne, Sie müssen sich nur mal umhören."

Stimmt. Wer sich umhört, der gerät nicht selten in solche Gespräche. Viele sind unzufrieden mit der Politik, geben denen da oben die Schuld an ihrer Misere. Die Motive ihrer Unzufriedenheit sind vielschichtig. Aber die Zahl derer, die kein Zutrauen mehr in die Demokratie haben, wächst. Es sind nicht nur Skinheads, die mir Sorgen bereiten. Immer mehr Normalbürger sympathisieren mehr oder weniger offen mit politischen Feindbildern: Sie sehen in den Ausländern die Schuldigen für die hohe Arbeitslosigkeit oder fürchten die Muslime als Bedrohung unserer Kultur und unserer Sicherheit. "Die sollen endlich dahin zurückkehren, wo sie herkommen", das, so die falsche Erwartung, sei die Lösung unserer Probleme.

"Wir müssen die politische Auseinandersetzung mit dem Rechtsextremismus offensiv führen"

Im Februar hat Bundespräsident Horst Köhler vor dem Parlament in Jerusalem festgestellt: "Fremdenfeindlichkeit und Antisemitismus sind nicht aus Deutschland verschwunden. Vergleiche, die die Shoah verharmlosen, sind ein Skandal, dem wir uns entgegenstellen. Wir müssen die politische Auseinandersetzung mit Rechtsextremismus und Antisemiten suchen, und wir müssen sie offensiv führen, und wir werden das auch tun."

In Bayern entsteht nun ein breites Bündnis, das aktiv gegen demokratiefeindliche Tendenzen eintreten will. Ich habe die Initiative dazu ergriffen und gemeinsam mit Kardinal Wetter, Innenminister Beckstein, den Repräsentanten der kommunalen Spitzenverbände, der Gewerkschaften und der Unternehmerschaft und weiteren gesellschaftlichen Gruppen wie dem Lehrer- und Lehrerinnenverband das Bündnis gegründet. Die ersten Schritte dieses Bündnisses: Briefe an alle Erstwähler, Projekttage an Schulen und für Auszubildende, Aktionen in der kommunalen Jugendarbeit und Öffentlichkeitskampagnen im Rahmen der Fußball-WM.

Wir wollen gerade junge Menschen ansprechen und auf die Gefahren extremistischer Weltbilder aufmerksam machen. Wir wollen uns umhören und ihre Sorgen ernst nehmen. Das ist der notwendige Anfang, um gemeinsam für den Schutz der Menschenwürde und für ein Klima der Toleranz einzutreten ­ in Bayern und darüber hinaus.

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