20.10.2010

Die demonstrative Missachtung und Verhöhnung der Opfer der Naziherrschaft durch die sächsische Landtagsfraktion hat einmal mehr und nun für alle unübersehbar das wahre Gesicht der NPD gezeigt: das Gesicht des Antisemitismus, des Rassismus und des Hasses auf die Demokratie.

Alle Demokraten sind sich zum Glück einig in dem Ziel, die Braunen zu stoppen. Aber politischer Aktionismus reicht da nicht aus, und ein Patentrezept gibt es auch nicht. Zu vielfältig sind die Ursachen für die Erfolge der Rechtsextremisten. Zu drei Obersätzen der aktuellen Debatte aber seien kritische Nachfragen erlaubt:

Erstens: "Wir müssen die NPD politisch bekämpfen, nicht juristisch." Was heißt das eigentlich? Auch die Anwendung des geltenden Rechts und seine mögliche Verschärfung sind politische Reaktionen! Die NPD ist offen verfassungswidrig. Ich wünsche mir deshalb ihr Verbot. Ich halte es auch für durchsetzbar, wenn die Lehren aus dem Scheitern des ersten Verbotsantrages im Hinblick auf eine notwendige Beobachtung durch den Verfassungsschutz und den Einsatz von "V-Leuten" gezogen werden. NPD-Aufmärsche am Brandenburger Tor oder an den Stätten des Gedenkens an die Nazi-Opfer? Eine unerträgliche Vorstellung! Deshalb brauchen wir rasch eine Verschärfung des Versammlungsrechts, die das verhindert. Denn das braune Lager will auch den 8. Mai 2005, den 60. Jahrestag des Endes von Krieg und Nazi-Tyrannei, propagandistisch missbrauchen. Volksverhetzung im Parlament ist nicht strafbar. Warum eigentlich nicht? Der Rechtsgrundsatz, wonach Äußerungen im Parlament gerichtlich nicht verfolgt werden dürfen, entstammt einer Zeit, in der das freie Wort im Parlament Schutz gegen Fürsten oder Könige brauchte. Es ist an der Zeit, ihn zu überprüfen und abzuschaffen.

Zweitens: "Wir dürfen bei den Braunen keine Märtyrer schaffen." Als könnte jemand in diesen Leuten ernsthaft Opfer sehen in einer Zeit, in der mancherorts den "Glatzen" die anerkennenden Blicke der Nachbarn sicher sind, während sich Afrikaner oder Asiaten, Langhaarige oder Rollstuhlfahrer abends nicht mehr in bestimmte Straßen trauen.

"Wir dürfen die Wähler nicht beschimpfen." Ja, warum eigentlich nicht?

Drittens: "Wir dürfen die Wähler nicht beschimpfen." Ja, warum eigentlich nicht? Wenn in einem Ort 20 Prozent rechtsextrem wählen, sind dafür zu allererst diese Wähler verantwortlich. Natürlich hoffe ich, dass demokratische Parteien die Belehrbaren unter ihnen für die Demokratie zurückgewinnen. Aber braun zu wählen muss als etwas Unanständiges gelten, das gesellschaftliche Ächtung nach sich zieht, Touristen und Investoren verjagt.

Die Härte des Rechtsstaates und eine gesellschaftliche Ächtung braunen Gedankenguts, zu der jeder Bürger beitragen muss, reichen nicht aus. Wer die Verführer stoppen will, muss gerade jungen Leuten eine überzeugende Perspektive geben. Mehr als fünf Millionen Arbeitslose sind eine dramatische Situation. Protestwahlen und politische Vertrauenskrisen werden zunehmen, wenn wir der Massenarbeitslosigkeit nicht Herr werden. Doch Schuldzuweisungen und unerträgliche historische Vergleiche sind fehl am Platz. Gefragt ist ein gesamtgesellschaftlicher Kraftakt, der die Reformen für Wachstum und Beschäftigung durchsetzt. Gute persönliche Perspektiven für den Einzelnen und eine überzeugende Demokratie sind die besten Sicherungen gegen extremistische Hetzer und Verführer. Hermann Gröhe

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