Das Paradies wäre langweilig
Schöpfung: Am Anfang war die perfekte Welt. Und nun?
Ahaok
Benjamin Heisenberg über den Sündenfall
Das Paradies wäre langweilig
Wachstum und zugleich Fürsorge für die Umwelt? Benjamin Heisenberg erklärt, warum der Sündenfall ein Glücksfall ist – aber nicht für uns
"Macht euch die Erde untertan" Genesis 1,28

In den vergangenen Jahren sind mir immer wieder in unterschiedlichen Lebenssituationen die sehr verschiedenen Welt- und Menschenbilder der zwei Schöpfungsgeschichten in den Sinn gekommen: Genesis 1: "Mache dir die Welt untertan", der potente Mensch als Krone der Schöpfung, dem die Welt zu Füßen gelegt wird.

Auf der anderen Seite Genesis 2: erst mal nur der Mann, auf dem unbehausten Planeten frierend, später mit Frau im Paradies, bevor sie durch eigene Schuld verstoßen werden. Zwei fragende, zweifelnde Wesen, geprägt von der Sehnsucht nach dem glücklichen Ort, von Gott gestraft mit den Mühen des Ackerbaus und den Schmerzen der Geburt.

Benjamin Heisenberg

Benjamin ­Heisenberg, ­geboren 1974, ist Regisseur und ­Autor. Auf dem Evangelischen ­Kirchentag in Nürnberg moderiert er am 8. Juni, 11 Uhr, ein Haupt­podium zu "Wo finde ich Halt?"

Zum ersten Mal stieß ich auf die Beschreibung ­dieser Gegensätzlichkeit durch das Buch "Der Sündenfall – ­ ein Glücksfall" des israelischen Autors Meir Shalev. Die Geschichte hat sich in meiner Erinnerung festgesetzt, weil sie mein Empfinden in der Arbeit und im Leben überhaupt trifft: Die Mischung aus Selbstgewissheit und Zuversicht einerseits und Zweifel, Suche und Hinter­fragung ­andererseits ist ein zentraler Kreislauf meiner künstlerischen Arbeit.

Ich brauche den beschwerlichen Weg, um Neues zu versuchen und mir anschließend darüber klarzuwerden, ob ich mein "Versprechen" tatsächlich wahr machen konnte oder der Prozess wiederholt werden muss, um zu schärfen, oder ihn auch ganz neu zu beginnen. Nicht selten gelange ich dann fast zurück zum ersten Entwurf eines Drehbuchs oder Bildes, aber mit dem Wissen um all die Umwege und verrückten Versuche, die dazwischenliegen. Oft verstehe ich dann auch besser, warum ich ganz zu Beginn mehr oder minder intuitiv auf bestimmte Lösungen kam.

Die Bewegung ist also ein kreis- oder spiralförmiger Fortschritt und entspricht damit auf eine Weise der Genesis, weil die perfekt entworfene Welt der allmächtigen und unfehlbaren Schöpferin ganz am Anfang steht und damit impliziert wird, dass der folgende mühsame "Fortschritt" des Menschen in Wahrheit nichts mehr verbessern kann.

Wenn ich die zwei Passagen in der Bibel nochmals lese, fallen mir weitere Aspekte auf. Gott spricht: "Ich setze ­euch über die Fische im Meer, die Vögel in der Luft und alle Tiere, die auf der Erde leben . . .", und jetzt wird es interessant: ". . . und vertraue sie eurer Fürsorge an."

Der Mensch soll also nicht nur bevölkern und herrschen, sondern explizit auch Fürsorge walten lassen. Und weiter: "Als Nahrung gebe ich euch die Samen der Pflanzen und die Früchte, die an den Bäumen wachsen, überall auf der ganzen Erde." Gott scheint also noch dazu vegetarisch zu denken.

Das Leben für den Menschen als "Ebenbild Gottes" ist also auch in Genesis 1 keine "gmahde Wiesn", wie der ­Österreicher sagen würde, sondern eine anspruchsvolle Aufgabe. Gott scheint den Menschen von Beginn an ­prüfen zu wollen. Klassisch dramaturgisch wird zuerst eine Welt erschaffen ("Worldbuilding" in der Drehbuchsprech), ­danach kommen die Charaktere und zuletzt das Dilemma: Vermehrung über den ganzen Erdball, unein­geschränktes Wachstum steht gegen die Aufgabe der ­Fürsorge für die Schöpfung.

In Genesis 3 wird der Zweifel am Menschen als Vollstrecker von Gottes Willen auch nach dem Sündenfall und der Vertreibung aus dem Paradies benannt: "Nun ist der Mensch wie einer von uns geworden und weiß, was gut und was schlecht ist. Es darf nicht sein, dass er und sie auch noch vom Baum des Lebens essen. Sonst werden sie ewig leben!"

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Im Klartext heißt das, wir müssen dafür sorgen, dass dieser Zauberlehrling Mensch irgendwann auch wieder geht. Für Gott wäre dann der Sündenfall ein Glücksfall, und die Menschen wären in einer ­Tragödie ­unterwegs, die zuletzt zu ihrem Verschwinden vom Erdball führt und die Erde zurück zum Urzustand bringt. Dann erschafft die Allmächtige vielleicht im zweiten Anlauf den besseren Menschen 2.0.

Aber das Paradies ohne Adam und Eva, ohne Baum der Erkenntnis und ohne Schlange? Es wäre wahrscheinlich vor allem ein Ort unbeschreiblicher Langeweile.

Bibelzitat

"Macht euch die Erde untertan" Genesis 1,28

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"Die Bewegung ist also ein kreis- oder spiralförmiger Fortschritt und entspricht damit auf eine Weise der Genesis, weil die perfekt entworfene Welt der allmächtigen und unfehlbaren Schöpferin ganz am Anfang steht und damit impliziert wird, dass der folgende mühsame "Fortschritt" des Menschen in Wahrheit nichts mehr verbessern kann."

Selbst-Erkenntnis, bis zur Fusion des ganzheitlichen Wesens Mensch, steht vor der Überwindung, des Schicksals in Vorsehung und Offenbarung / der "göttlichen Sicherung" vor dem Freien Willen, bzw. vor der Überwindung der Illusionen im Rahmen des programmatischen holographischen Universums, für ebenbildliche Imaginationen / einen weiteren Geist / eine neue Seele - Aus geistigem Stillstand, in wettbewerbsbedingter Konfusion der gleichermaßen unverarbeiteten instinktiven Bewusstseinsschwäche in Angst, Gewalt und egozentriertem "Individualbewusstsein", seit Mensch erstem und bisher einzigen geistigen Evolutionssprung ("Vertreibung aus dem Paradies"), werden Möglichkeiten eines geistig-heilenden Selbst- und Massenbewusstseins, wird das Ende des zeitgeistlich-reformistischen Kreislaufes im jeweils kleineren und/oder größeren imperialistisch-faschistischen Erbensystem, für einen unserer Vernunftbegabung gottgefällig/vernünftig entsprechenden Anfang (vielleicht!).

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"Gott scheint den Menschen von Beginn an ­prüfen zu wollen. Klassisch dramaturgisch wird zuerst eine Welt erschaffen ("Worldbuilding" in der Drehbuchsprech), ­danach kommen die Charaktere und zuletzt das Dilemma: Vermehrung über den ganzen Erdball, unein­geschränktes Wachstum steht gegen die Aufgabe der ­Fürsorge für die Schöpfung."

Gott ist die Vernunft des Geistes / des Zentralbewusstseins / der Seele der Schöpfung / des Universums - Zu diesem Programm hat Mensch seit der "Vertreibung" nur noch die Vernunftbegabung, ist sozusagen, im Zustand der Konfusion, erstmal nur KI Mensch.

Der "Prophet" Jesaja hat mit 55,8-11 ziemlich deutlich gemacht, dass Mensch nicht der Weisheit letzter Schluss sein muss, es kann auch ein anderes Wesen sein!

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