Gegen den Hamas-Terror : Texterin schreibt Briefe an israelische Soldaten

"Der Brief ist genauso wichtig wie die Schokolade"
Yulia Federova lebt in Tel Aviv und schreibt aufmunternde Botschaften an israelische Soldaten

Yonatan Fastag

Oft schreibt Yulia Federova die Briefe im Meir Park im Zentrum von Tel Aviv

Yulia Federova lebt in Tel Aviv und schreibt aufmunternde Botschaften an israelische Soldaten.

Die Texterin Yulia Federova lebt in Tel Aviv und schreibt aufmunternde Botschaften an israelische Soldaten. Ihre Briefe kommen so gut an, dass daraus ein Projekt entstanden ist. Durch "Letters to the Front Lines" erhalten die Soldaten nun Zuschriften aus der ganzen Welt.

Seit der Krieg ausgebrochen ist, bin ich nie alleine. Mehrmals am Tag muss ich runter in unseren Bunker im Keller laufen, wo ich meine Nachbarn und ihre Hunde treffe. Wir checken uns dann meistens mit Fragen ab, wie es so geht und was der "Alltag" macht. Der Kontakt zu Menschen hilft mir gegen die Angst vor den Bomben und dem Krieg. Ich arbeite als Texterin im Homeoffice, meine Mitbewohnerin ist jetzt zu ihren Eltern gezogen, in einen Ort, in dem es weniger Raketensirenen gibt.

Am Feierabend und an den Wochenenden verabrede ich mich mit Freunden. Zusammen machen wir bei verschiedenen Hilfsaktionen mit. Wir kochen für Bewohner der Kibbuzim, die von den Hamasterroristen zerstört wurden. Die Menschen leben nun in Hotels in Tel Aviv. An anderen Tagen packen wir Carepakete für die über 350.000 Reservisten, die innerhalb weniger Tage an die südliche Grenze zum Gazastreifen und an die nördliche Grenze zum Libanon stationiert worden sind. In die Pakete packen wir neben Snacks auch Powerbanks, Schutzwesten, Socken und Zigaretten.

Marie Kröger

Marie Kröger ist Volontärin beim GEP. Zuvor arbeitete sie beim "Focus Magazin", dem "Hamburger Abendblatt" und diversen Onlineredaktionen. Sie hat Journalismus, European Studies und Philosophie in Berlin, Budapest und Stellenbosch studiert. Am liebsten schreibt sie Reportagen über Menschen, die keinen geraden Lebensweg gegangen sind – und trotzdem erfüllt sind.
PrivatMarie Kröger

Yulia Federova

Yulia Federova, geboren 1996, ist in Israel geboren und als Fünfjährige mit ihrer Familie nach Toronto, Kanada ausgewandert. Sie hat an der York Universität in Toronto Psychologie studiert. Im Sommer 2023 beschloss sie, wieder in ihre alte Heimat zu ziehen. Federova arbeitet als freiberufliche Texterin und lebt in Tel Aviv. Im Oktober 2023 gründete sie die Website www.letterstothefrontlines.com.
Yonatan Fastag

Mir ist beim Packen aufgefallen, dass dazwischen manchmal Zettel und Briefe klemmten. Auf Hebräisch stand da zum Beispiel: "Du bist stark und sollst wissen, dass wir dich lieben." Teils waren auch längere Texte dabei, die Mut machen sollten und inspirieren.

Die Briefe werden in der Kaserne aufgehängt

Aber in vielen Paketen waren gar keine Nachrichten. Ich schrieb selbst Briefe auf Englisch und fügte meine Telefonnummer hinzu. Ich wollte testen, ob die Briefe auch wirklich gelesen werden. Am nächsten Tag schrieb mir ein Soldat namens Ohad auf Whatsapp: "Dank dir habe ich gelächelt." Und Reservist Arad schrieb mir auf Instagram zurück: "Dein Brief ist genauso wichtig wie die Schokolade." Andere Soldaten schickten mir Bilder davon, wie sie die Briefe gesammelt in der Kaserne aufhängen.

Das gab mir Energie. Worte haben so viel Kraft!

Ich bin in Israel geboren, meine Familie kommt aus Russland, und als ich fünf Jahre alt war, bin ich mit ihr nach Kanada ausgewandert. Nun bin ich wieder zurück in meinem Heimatland. Der größte Teil meiner Familie lebt in Kanada und Russland. Sie sehen die schrecklichen Nachrichten und fühlen sich ohnmächtig, weil sie nichts tun können. So geht es vielen Auswanderern, die Angehörige in Israel haben. Deshalb kam ich auf die Idee, dass man doch von überall auf der Welt eine Nachricht an die israelischen Soldaten schreiben könnte.

 Yonatan Fastag, Privat
Wenn Yulia Federova Briefe schreibt, wird sie ganz ruhig.

In vier Stunden habe ich dann die Website "Letterstothefrontlines.com" aufgesetzt. Über ein Textfeld können Menschen ihre Nachricht an die Soldaten hinterlassen sowie ihre Kontaktdaten und das Herkunftsland. Mir war es besonders wichtig, dass die Autoren ihre Kontaktdaten und Social-Media-Profile zum Austausch dalassen. Viele Soldaten wollen sich bedanken und dem Inhalt ein Gesicht zuordnen.

"Ich werde beim Schreiben und Malen ganz ruhig"

In der ersten Woche erreichten mich 60 Anfragen. Mittlerweile sind es über 220 Briefe aus 26 Nationen. Am Anfang schrieb ich noch alleine. Jeden Brief schreibe ich von Hand, das schaffe ich jetzt schon gar nicht neben meinem Job. Deshalb unterstützt mich eine Freundin. Täglich schreiben wir und legen die fertigen Briefe zusammen in die Pakete. Lior aus der Schweiz schreibt: "Lieber Soldat, du bist so mutig und stark für uns Juden auf der Welt. Danke!"

Die meisten Briefe kommen von Frauen. Einige flirten regelrecht mit den Soldaten. "Wenn du reden willst, ruf mich an", steht da mit einem Herzchen-Emoji. Andere werden schon konkreter: "Wenn du zurückkommst, gehe ich mit dir aus und spendiere dir einen Drink - vorausgesetzt, du bist Single." Natürlich wollte ich die Soldaten mit meinem Projekt in erster Linie ermutigen, aber wer weiß, vielleicht lernen sich so zukünftige Paare kennen?

Ich werde beim Schreiben und Malen der Briefe ganz ruhig. Es nimmt mir die Ohnmacht, dem Krieg hier ausgeliefert zu sein. Und die Soldaten spüren so, dass sie nicht nur von Israel unterstützt werden, sondern von der ganzen Welt.

Aufgezeichnet von Marie Kröger

Leseempfehlung

Peace, Love and Freedom: Dafür stand das Musikfestival in Israel, auf dem die Terrororganisation Hamas mindestens 260 Menschen tötete. Freunde von mir waren dort
Assaf Aron, 26, entkam den Hamas-Terroristen auf dem "Tribe of Nova"-Festival. Sieben Stunden dauerte seine Flucht. Er verlor seinen Job, die Liebe zur Musik und seine engsten Freunde
Nach dem Hamas-Angriff auf Israel gehen Antisemiten in vielen Ländern auf die Straße. Auch hierzulande ist Judenfeindlichkeit tief verankert, sagt der Berliner Antisemitismus-Beauftragte Samuel Salzborn. Er sieht muslimische Verbände in der Pflicht
Der Publizist Michel Friedman spricht im Interview über die menschenverachtende Ideologie der AfD. In seinem neuen Buch rechnet er mit gelangweilten Demokraten und leidenschaftlichen Antidemokraten ab
Sie protestierten unter Lebensgefahr – jetzt leben sie in Deutschland und sorgen sich um Freunde und Familie im Iran
FOTOPROJEKT: DEUTSCHE PFLEGEN MENSCHEN MIT BEHINDERUNG IM LIBANON
Junge Deutsche kümmern sich im Libanon ehrenamtlich um Menschen mit Behinderungen. Der Münchner Fotograf Erol Gurian hat sie begleitet

Neue Lesermeinung schreiben

Wir freuen uns über einen anregenden Meinungsaustausch. Wir begrüßen mutige Meinungen. Bitte stützen Sie sie mit Argumenten und belegen Sie sie nachvollziehbar. Vielen Dank! Damit der Austausch für alle ein Gewinn ist, haben wir Regeln:

  • keine werblichen Inhalte
  • keine Obszönitäten, Pornografie und Hasspropaganda
  • wir beleidigen oder diskriminieren niemanden
  • keine nicht nachprüfbaren Tatsachenbehauptungen
  • Links zu externen Webseiten müssen zu seriösen journalistischen Quellen führen oder im Zweifel mit einem vertretbaren Prüfaufwand für die Redaktion verbunden sein.

Die Redaktion behält sich das Recht vor, Beiträge zu bearbeiten, macht dies aber stets kenntlich. Wir zensieren nicht, wir moderieren.
Wir prüfen alle Beiträge vor Veröffentlichung. Es besteht kein Recht auf Publikation eines Kommentars.

Lesermeinungen

Klar, mir ist Bewusst das der Empfänger meines Schreibens der Meinung sein wird eine Niete gezogen zu haben! Keines der Attribute, weiblich, jung, alleinstehend, trifft auf mich zu. Aber ich habe trotzdem versucht etwas freundliches zu sagen. Denn alleine das Bewusstsein das Menschen aus aller Welt Grüße senden sollte den Verteidigern Israels Hoffnung geben. Das es Menschen gibt die für den göttlichen Frieden "Shalom" beten, die Israel segnen, die für den Frieden Jerusalems beten. Gut, ich habe selbstverständlich kein Foto von mir beigelegt. Aber meine Gebete habe ich für denjenigen, der meine Botschaft erhält, gesprochen. Ja, der Herr wird diesen Menschen gesund und wohlbehütet nach Hause kommen lassen! Und dieser Verteidiger wird sich fragen ob seine glückliche Heimkehr an diesem segensreichen Gebet gelegen hat. Bitte lieber Leser dieser Zeilen, verstehe es als Ermunterung ebenfalls eine Botschaft an die Kinder Israels, die unter Waffen das heilige Land verteidigen, zu senden!