Martha, Leolo, Lara und Josi (v.l.n.r.) haben ein gemeinsames Ziel: eine Bildungsrevolution
Martha, Leolo, Lara und Josi (v.l.n.r.) haben ein gemeinsames Ziel: eine Bildungsrevolution
Iona Dutz
Schulstress
"Dann schaff ich mein Leben nicht"
Mit ein paar Briefen fing es an: In Leipzig tun sich junge Menschen zusammen, weil die Schule sie krank macht. Sie wollen eine "Friedliche Bildungsrevolution". Eine pensionierte Direktorin hilft ihnen dabei
Tim Wegner
28.04.2023
20Min

In einem Altbau im Leipziger Waldstraßenviertel nimmt die Bildungsrevolution ihren Lauf. Immer wieder klingelt es ­unten an der Tür, und dann ­dauert es noch ein paar Minuten, bis wieder eine ­Rebellin oben ankommt. Der Weg ist weit, es gibt viele ­Stufen. Als alle da sind, müssen sie den Tisch von der Wand abrücken und Stühle dazu­holen, weil wieder neue Gesichter dabei sind.

An einer Tischecke sitzt Leolo, dunkle Locken, feine Gesichtszüge, leise Stimme. Er ist Schüler an einem Leipziger ­Gymnasium. Welches genau? Das ist für ihn nicht so ­wichtig an diesem Nachmittag im Februar. Er will nicht, dass sein Problem als das einer bestimmten Schule gilt. Oder als ein sächsisches Problem. Leolo geht es ums System. Er war nur der Erste, der den Stein ins Wasser ­geworfen hat, wo er nun Kreise zieht. Obwohl – der Erste? So einfach ist das nicht.

Es hatte sich was angestaut in Leolo kurz vor Weihnachten 2021. Draußen war es längst dunkel, er musste spätabends noch was fertig machen für die Schule. Was genau, weiß er nicht mehr. Aber an das Gefühl damals erinnert er sich noch: "Alles ist übergekocht. Scheiße, das kann doch nicht sein, dass ich immer noch hier sitze." Leolo war "ausge­laugt, extrem fertig und verzweifelt", nahm sein Handy und tippte einen Text in seine Notizapp: "Ich hätte gern mein Leben zurück. Meine Zeit und die glücklichen Momente, die ich mit tollen Menschen haben könnte." Als er fertig war, kopierte er den Text in eine Mail und schickte alles an einen Freund. Betreff: "Das denke ich gerade", letzter Satz: "Ich kann nicht mehr."

Anne Schulze

Iona Dutz

Iona Dutz, ­Foto­grafin, fragte nach, was "Bulimielernen" ist: Der Stoff wird auswendig ­gelernt, um ihn ­später "auszukotzen" und wieder zu ­vergessen – ein ­krankendes System.
Tim Wegner

Nils Husmann

Nils Husmann dachte bei seinem Besuch oft an eine Projektwoche zur ­Solarenergie in der 9. Klasse. Diese eine Woche war für ihn prägender als acht Jahre Physik­unterricht.

Heute erzählt Leolo, 17 Jahre, 11. Klasse:

Als Kind habe ich mich auf die Schule gefreut. Ich bin ein neugieriger Mensch, ich möchte etwas lernen. In der Grundschule hatte ich nie Probleme und viel Spaß. Ab der 8. ­Klasse wurde es stressiger. In fast allen Fächern geht um pures, stupides Auswendig­lernen. Sehr schwierig war die 10. Klasse, in der wir in Sachsen die BLF schreiben, die ­Besondere Leistungsfeststellung. Danach hat man ­einen Realschulabschluss. Die BLF besteht aus ­gro­ßen Tests in Mathe, Deutsch und ­Englisch. ­Dazu kommt eine Facharbeit. Das fiel in die Corona-­Zeit, in der es mir ­besonders ­schwerfiel, überhaupt etwas für die Schule zu ­machen.

Dass Schule kein unbedingt lustiger Ort ist, hatte ich vorher schon verstanden. Auch meine Freund*innen haben verinnerlicht, dass es uns wegen der Schule schlechtgeht. Wenn wir uns abends oder am Wochenende treffen und die Rede kommt auf die Schule, sagen alle: "Nee, fang nicht damit an, ich will einmal nicht an Schule denken müssen!"

Leolo denkt darüber nach, die Schule abzubrechen

Mir geht es psychisch schlecht. Ich ­schlafe nicht gut. Alles fühlt sich an wie taub, und ich habe keinen Antrieb. Wir bekommen beigebracht, gehorchen zu müssen. Es wird ­extrem normalisiert, dass man sich in der Schule schlecht fühlt. Die Menschen merken nicht mehr, dass das falsch ist. Ich überlege, ob ich das Abitur nicht mache, sondern eine Aus­bildung anfange.

"Jetzt reiß dich mal zusammen!" – Ja, den Satz höre ich häufiger. Und ich sage ihn mir selbst immer wieder vor. Das ist gefährlich. Das Wichtigste im Leben ist, zu lernen, was einem guttut. Aber die Schule bringt mir bei: Du bist krank? Macht nichts! Komm trotzdem.

Der Freund, dem er damals die Mail geschickt hatte, hatte sofort verstanden, was Leolo ­meinte. Das war tröstlich. Aber was würde sich ändern, wenn die Schülerinnen und Schüler voneinander wüssten, dass es ihnen schlechtging? Nichts. Also schickte er seine Zeilen auch an eine Lehrerin, der er vertraute. Sie ­holte ihn am nächsten Tag aus dem ­Unterricht. "Wir müssen mal reden, ­Leolo." Die Lehrerin fragte, ob sie die ­Notizen auf ­ihrem Rechner speichern und weitergeben dürfe, ­anonym, ohne Namen. Leolo stimmte zu. Sein Frust war über Nacht zu einem Brief ­geworden, der an der Schule die ­Runde machte, kurz vor Weihnachten 2021. Es ­sickerte durch, wer der Autor war – Leolo.

Lernen, lernen, lernen! Druck, Druck, Druck!

Briefe waren in den Monaten zuvor auch schon geschrieben worden an der Schule. Das hatte mit Corona zu tun. In Deutschland ­waren Grundschulen zwischen Januar 2020 und Mai 2021 im Schnitt an 64 Tagen ­geschlossen, weiterführende Schulen noch 20 Tage länger – das sind 17 Schulwochen. Länger als in ­vielen anderen Ländern gab es Wechselunterricht. Die Klassen wurden geteilt und beide ­Gruppen waren abwechselnd in der Schule oder zu Hause. Zählt man alles zusammen, war der Unterricht an 186 Tagen gestört. Ein halbes Jahr. Die Schülerinnen und Schüler müssen Stoff nachholen.

Lernen, lernen, lernen! Druck, Druck, Druck! – Das war die Stimmung unter den Schülerinnen und Schülern in Leipzig. Auch in Josis Klasse. Sie sitzt mit am Tisch im Waldstraßen­viertel und berichtet, dass sie gemeinsam mit anderen auch schon einen Brief geschrieben hatte. Weil sie unter dem Stress litten. Weil sie zu viele Klausuren und Tests in einer Woche hätten schreiben müssen.

"Lernstands­erhebungen", murmelt jemand in der Runde. Den Fachjargon haben alle hier verinnerlicht, oft reden sie von "Lehrpersonal", selten von Lehrerinnen oder Lehrern. Und wenn, dann sind es "Lehrer*innen". Mit Sprache gehen ­alle am Tisch bewusst um, Gendern ist selbstverständlich, niemand macht mehr Worte darum.

Mit Leolos Brief kamen die Emotionen in die Schuldebatte

Der Brief von Josi und ihrer Gruppe versandete. Alles ging weiter wie vor Corona, nur noch schneller. Die Pandemie, das sagen alle am Tisch, sei ohnehin nur der Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen gebracht ­habe. Probleme mit Schulstress habe es vorher schon viele gegeben. Mit Leolos Brief kamen die Emotionen in die Schuldebatte. Endlich hatte jemand Worte für ein Gefühl gefunden, das viele umtrieb.

Schnell landete der Brief im Schüler*innenrat. Sprecherin damals: ­Josi. Sie trommelte alle Klassensprecherinnen und -sprecher zusammen und bat Leolo, seinen Brief vorzulesen. Hinterher waren alle still, minutenlang. Der Schüler*innenrat rief die Schulgemeinde auf, über die Weihnachts­ferien Briefe zu schreiben. Josi selbst schrieb mit der Zeit drei Briefe. Sie ist eine resolute junge Frau, die sich in der Runde schnell Gehör verschaffen, aber auch gut zuhören kann. Sie wirkt reflektiert und selbstbewusst. Als sie ihre eigenen Briefe über die Schule schrieb, habe sie weinen müssen.

Josi, 18 Jahre, 12. Klasse, erzählt:

Von Sonntag auf Montag schlafe ich immer schlecht, sogar in den Ferien. In mir sitzt der Gedanke: Montags geht wieder eine Kack­woche los. Habe ich genug gelernt? O Gott, die Woche darauf ist wieder eine Klausur! Es ist das Grauen davor, in die Schule zu gehen.

Ich konnte mich immer gut anpassen ans Schulsystem. Ich bin sehr ehrgeizig. Aber wenn ich Stress habe, wird mir übelst schlecht. Ich denke, ich muss mich komplett übergeben. Das war früher nicht so. Alle wissen, mentale und körperliche Gesundheit hängen zusammen. Ich war seit ­Oktober fünfmal krank Erkältungen, Grippe, Angina. Dadurch hatte ich noch mehr Stress, denn ich musste Stoff nachholen und Klausuren nachschreiben. Ich hatte immer einen Einserschnitt. In der Oberstufe bin ich runter in den Zweier- und Dreierbereich.
Ich mag Schule, ich lerne gern, aber nicht so. Schule besteht aus Frontalunterricht. Jemand steht vorn und es wird erwartet, dass du das, was die Person erzählt, in der Woche darauf komplett kannst. Wenn ­eine Klausur ansteht, gibt es in der Woche davor keine Wiederholung des Stoffes, sondern wir machen immer schon mit dem nächsten Inhalt weiter.

Was mich aufregt, ist dieser eine Satz: "Ach, Josi, dann bist du eben ein Einzelfall!" Die ganzen Briefe beweisen das Gegenteil! Manchmal höre ich noch einen anderen Satz: "Da musst du durch, hat mir auch nicht ­geschadet!" Ich kann darauf nur mit Mitleid antworten. Tut mir leid, dass ihr auch so eine Kacke erlebt habt! Horcht mal in euch hinein, was die Schulzeit mit euch gemacht hat!

Josi möchte sie fürs Reallabor arbeiten

Nach Neujahr hingen bald 70 Briefe in der Schule aus. Und ­waren dort auch noch zu lesen, als ­Margret Rasfeld einen Vortrag in der ­Schule hielt und durch die Flure streifte. Auch sie sitzt, mehr als ein Jahr später, mit am Tisch bei Ute Puder. Dass die beiden Frauen zueinandergefunden haben, ist ein großer Zufall.

Margret Rasfeld war ­Schulleiterin, in Berlin baute sie die ESBZ mit auf, die Evangelische Schule Berlin Zentrum. 2016 wurde sie pensioniert, kämpft aber weiter für ein besseres Schul­system. Sie bezeichnet sich als Bildungsaktivistin, schreibt darüber Bücher, ist Mitbegründerin der Initiative "Schule im Aufbruch". Sie zog nach Leipzig. Auf ­einer Veranstaltung lernte sie Ute Puder kennen, eine Künstlerin mit Pagenschnitt, die an ­Leipziger Schulen Workshops anbot. Am Ende eines Kurses hatten ihr Jugendliche ­offenbart: "Sie können uns nicht alleinlassen, 70 Prozent von uns sind ­depressiv." Die beiden Frauen hatten ihr Thema gefunden: eine "Friedliche ­Bildungsrevolution" anstoßen.

Noten nehmen ihr die Freunde am Lernen

Ute Puder gehört die Wohnung, in der die Jugendlichen sich heute treffen. In der Runde ergibt nun ein Wort das andere. Wer etwas sagen möchte, meldet sich. Nicht alle möchten mit ihrem Namen zitiert werden. Je länger das Gespräch dauert, desto mehr geht es um das Lebensgefühl der Jugendlichen, auch abseits der Schule. Und um Systemkritik. Eine Neunt­klässlerin, die ein Gymnasium besucht, sagt: "Es gibt so viele Missstände, die Klimakrise, die wachsende Armut. Ich warte auf den ­Untergang. Wofür lebe ich hier noch?"

Das ruft Josi auf den Plan: "Das Klima kippt. Aber Hauptsache, wir können auswendig, was die Redoxreaktion ist. Es geht immer nur um ­Noten, ums Vergleichen. Damit ­werden wir zum Hass angestiftet." Wie meint sie das? Josi sagt, Noten nehmen ihr die Freude am Lernen. Das seien nur Zahlen, die nichts ­aussagten über Menschen. Es gehe um Konkurrenz, auch unter den Schulformen. "Viele denken: Die Oberschüler sind richtig dumm und rauchen die ganze Zeit. Und die denken, auf dem ­Gymnasium sind wir alle Spießer, aber verticken übelst die Drogen", sagt Josi.

Martha sitzt neben ihr, sie besucht ­eine Oberschule. Sie ist die Stillste an diesem Nachmittag, kein Wunder, denn sie ist noch neu bei den Bildungsrebell*innen. Alle freuen sich darüber. Die Gruppe will offen sein, keine Gymnasialveranstaltung werden.

Martha, 16 Jahre, erzählt:

Ich habe noch nicht den Eindruck gehabt, dass Gymnasiasten auf mich herabblicken. Aber von anderen weiß ich, dass sie das ­denken. Mich stört das Bewertungssystem. Noten üben Druck aus. Von den Lehrer*innen kommt kein Verständnis, wenn man mal eine schlechtere Note schreibt. Sie gucken fragend, nach dem Motto: Was ist da passiert? Noten ­verstärken das Konkurrenzdenken unter den ­Schüler*innen. Das nimmt mich mit.

Martha möchte Abitur machen

Ute Puder, die Gastgeberin, und Margret Rasfeld hören den Erzählungen der Jugendlichen zu, ­kommentieren sie aber anfangs nicht. Doch mit der Zeit rutscht Margret ­Rasfeld ­unruhig auf ihrem Stuhl hin und her. "Sehr viele ­Schülerinnen und Schüler sind krank", sagt sie. Vielleicht gehen ihr schon die kommenden Vorträge durch den Kopf. Rasfeld ist ­bundesweit ­unterwegs, bald wird sie im Rheinland erwartet. Wenn sie ­erzähle, komme es vor, dass bei Eltern oder Lehrerinnen die Tränen kullern, so berührt seien sie, "weil alle mitlaufen im Hamsterrad".

Ortswechsel; der Evangelische Kirchenverband Köln und Region hat zum "schul­politischen Aschermittwoch" geladen, ­Rednerin: Margret Rasfeld. Sie spannt den großen ­Bogen, setzt an bei der Umweltkrise, dem "Earth Overshoot Day", an dem wir die Ressourcen verbraucht haben, die uns die ­Natur in einem Jahr zur Verfügung stellen kann. Im vorigen Jahr war das für Deutschland der 4. Mai.

"Wir hätten an diesem Tag an jeder Schule eine Schulversammlung ­einberufen müssen", ruft Rasfeld in den Saal, "aber der Unterricht ging einfach weiter." Ein Mikrofon braucht sie nicht, ihr Publikum – Mitarbeitende aus der Schulverwaltung, Schulleiterinnen und -leiter – wird immer stiller. "Warum sind wir so zerstörerisch ­unterwegs?", fragt Rasfeld.

"Schule ignoriert Gefühle und Körper"

Ihre These: "Wir alle haben ein Bildungs­system durchlaufen, in dem wir nicht gelernt haben, den Krisen ­unserer Zeit zu begegnen." Besserung? Ist für sie erst mal nicht in Sicht: Rasfeld zitiert Studien: Sieben Prozent der Jugendlichen in Deutschland seien suizid­gefährdet, knapp 30 Prozent berichten von einer Depression. Und fast 90 Prozent machten sich große Sorgen um die Zukunft, fühlten sich aber ohnmächtig, selbst etwas bewirken zu können.

"Die Schule findet heute nur im Kopf statt, ignoriert Gefühle und Körper und tut alles dafür, den Kindern die Begeisterung fürs ­Lernen zu nehmen." Rasfeld schimpft über die "Arbeitsblätterschule" und fragt ihr erwachsenes Publikum: "Stellen Sie sich vor, Sie würden ­ständig überprüft und erhielten für alles, was Sie tun, eine Ziffernnote – wir ­würden das nicht aushalten!" Sie blickt in ernste Gesichter. "Die Schule hat zwei große Eltern, das Militär und die Kirche. Das Militär bringt den Drill, die Kirche die Belehrung."

Rasfeld wundert sich, warum viele von einem sozialen Pflichtjahr für alle träumten. ­"Warum denn nach der Schule? Es wäre ja ganz gut, wenn Kinder in ihrer Schulzeit lernen, was Empathie ist!"

Lösungen für Probleme im direkten Umfeld suchen

Am Ende zeigt sie einen kurzen Film, in dem Kinder vom "Frei Day" erzählen, so heißt eine ihrer Ideen: An einem Tag in der Woche lernen Kinder fächer- und jahrgangsübergreifend, indem sie in Teams Lösungen für Probleme suchen, die es in ihrem direkten Umfeld gibt – zum Beispiel, was man gegen das Insektensterben tun kann. Das Thema wählen die Kinder selbst. Auch dabei lernen sie Rechnen und Schreiben, Geschichte und Sachkunde – tun aber etwas Konkretes.

Untermalt von Geige und Klavier sagt ein Mädchen: "Wir brauchen Menschen, die wirklich daran glauben, die Welt wieder so richtig aufleben zu lassen, die sich wirklich dafür einsetzen und sich stark machen zusammen." Das Publikum ist gerührt. 111 Schulen in Deutschland haben den "Frei Day" eingeführt, bis 2025 sollen es 13 500 sein, haben sich Rasfeld und ihre Mitstreiterinnen vorgenommen.

Zurück in Leipzig erzählt Lara, 12. Klasse, 18 Jahre:

In der 10. Klasse sind wir aus dem zweiten Lockdown gekommen und wurden bombardiert mit Klassenarbeiten und Tests, weil die Lehrer uns nicht benoten konnten, während wir zu ­Hause waren. Im Januar 2022 haben wir in einem Monat sieben Klausuren geschrieben. In ­dieser Zeit war Leolos Brief ein großes Thema. Er hat einfach zu mir gesprochen – zu uns allen. ­Unsere Deutschlehrerin opferte sogar zwei Stunden und redete mit uns über die Situation.

Ich mag Schule, ich liebe die Idee ­dahinter, aber es muss mehr Bezüge zu aktuellen ­Themen geben. Wir Rebell*innen haben die Laborschule Bielefeld besucht. Es gibt Alternativen, auch zu Noten. Denn die bekommen die Schüler*innen dort an der Laborschule erst in der 9. ­Klasse. Es funktioniert. Die sind nicht alle dumm, nur weil sie nicht Bulimie­lernen müssen!

Ich schlafe meistens schlecht ein, weil mir das Horrorszenario durch den Kopf geht: ­Schaffe ich mein Abi nicht, schaffe ich mein ­Leben nicht. Ich weiß auch von anderen, dass sie bis tief in die Nacht hinein ­arbeiten und lernen. Ich habe oft ganz schlimme Bauch­schmerzen. Mein Herz rast ganz doll, ich ­zittere. Viele Mitschüler*innen haben ­Kopfschmerzen. Manche melden sich krank, ­nehmen sich ­einen Tag Auszeit, weil sie nicht mehr können, und schlafen erst mal. Die ­kommen aber in ­einen Teufelskreis, weil sie dann wieder mehr nachholen müssen. Ich kenne einige, die an ­Depressionen leiden.

"Notenstress? Kommt endlich im richtigen Leben an"

Wie Josi wirkt auch Lara selbstbewusst, gebildet, neugierig. Wer sie oberflächlich ­kennenlernt, würde nicht denken, dass Schule ihr Probleme bereitet. Tut sie aber. Lara spricht von "Leistung ohne Sinn". Für sie ist nun das Wichtigste: "Wir müssen gut ­kommunizieren, damit wir die Skeptiker überzeugen." Ein dickes Brett, damit hat sie schon Erfahrungen gesammelt.

Auf ihrem Handy ruft sie die ­Facebook-Seite der "Leipziger Volkszeitung" auf, die über die Bildungsrebell*innen und das Reallabor, das sie gerade gründen, ­berichtet hatte. Sie scrollt durch die Kommentare. "Völlig übertrieben, wenn lieber chillen und entspannen im Vordergrund ­stehen soll . . . was soll das denn später werden im Berufs­leben . . . kann das nicht nachvollziehen. Ohne Fleiß kein Preis", schreibt ein Mann. Ein anderer fragt: "Notenstress? Kommt endlich im richtigen Leben an."

Viele Kommentare sind abwertend, aber es gibt auch Zustimmung. Eine Frau schreibt: "Es stimmt, wenn ­Kinder, Jugendliche, Erwachsene schildern, dass ­unsere Gesellschaft, Wirtschaft nur auf Leistung getrimmt sind."

Lara möchte ein Jahr Auszeit

Übertreiben die Jugendlichen aus Leipzig mit ihrer Kritik? Zahlen aus der Wissenschaft belegen, dass es vielen jungen Menschen schlechtgeht. Tobias Renner, Direktor der ­Abteilung Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie im Kindes- und Jugendalter am Universitätsklinikum Tübingen, sagt: "Die Warteliste für Jugendliche, die in ­unserer Tages­klinik behandelt werden sollen, ist regel­recht explodiert. Wir haben auch so viele ­stationäre Aufnahmen wie noch nie." Renner verweist auf den Kinder- und Jugendreport 2022. Demnach haben neu diagnostizierte Depressionen bei Mädchen von zehn bis 14 Jahren um mehr als 20 Prozent zugenommen.

Lara, Martha, Josi und Leolo kritisieren nicht nur. Sie haben sich eingearbeitet ins Thema und eigene Vorschläge im Kopf, wie Schulen ein besserer Ort werden können.

Leolo sagt:

Natürlich ist Schule nicht komplett sinnlos. Sie gibt uns Methoden und Werkzeuge mit auf den Weg. Aber Schule sollte weniger Wissen ein­trichtern, sondern uns für Themen ­begeistern. Kinder und Jugendliche sind interessiert an so vielen Dingen. Sie lernen sie ganz freiwillig, weil es ihnen Spaß macht. Die Schule, die ich mir wünsche, sollte mich motivieren, mich mit Sachen zu beschäftigen. Damit wir aus ­eigener Überzeugung lernen, intrinsisch, denn nur ­dieses Lernen ist nachhaltig.

Der Zwang im Schulsystem ist schädlich. Die Schule sollte uns beweisen, dass etwas sinnvoll ist, damit wir es lernen. Und sagen: "Du interessierst dich für etwas? Das ist ­super! Dabei helfe ich dir!" Wenn Schule so an die Sache herangehen würden, wüssten alle: Es macht Sinn, zu lernen.

Josi sagt:

Ich wünsche mir, dass wir vom Konkurrenzdenken wegkommen und Schule als Gemeinschaftsort denken. Und nicht als einen Ort, an dem wir alle so handeln wie Roboter, die Leistung ausspucken. Mit Noten schürt man Hass, weil man sich immerzu vergleicht. Es ist belastend, wenn man von solch negativen ­Gedanken umgeben ist.

Und Lara sagt:

Statt Noten wünsche ich mir Beurteilungen der Lehrer*innen. Sie könnten aufschreiben: "Bei diesem Thema hast du dich voll eingebracht, warst motiviert, aber es gibt noch Punkte, an denen du arbeiten kannst." Das ist so viel besser als eine "3"! Die Stärken sollten hervorgehoben werden. Die Schwächen auch, aber immer mit einem Hinweis: "Wie kann ich dir als Lehrerin helfen? Und was kannst du tun, um dir selber zu helfen?" Besonders für Jüngere ist das besser als eine Note!

Der Nachmittag ist rum, das ­Treffen vorbei. Nach und nach stapfen die Bildungsrebell*innen wieder das Treppenhaus hinunter, steigen auf ihre Fahrräder und verschwinden in ihrem Alltag. Bald treffen sie sich wieder, sie haben einen Raum in der Leipziger Innenstadt gemietet, für ihr Reallabor, in dem sie zeigen ­wollen, welche Ideen sie für gute ­Bildung ­haben. Alle sind willkommen – Kinder, ­Jugendliche, Eltern, Lehrerinnen und Lehrer, Interessierte. Niemand sollte darauf setzen, dass die Bildungsrebell*innen ihr Ziel aus den Augen verlieren. Es ist schließlich schon mal vorgekommen, dass eine Friedliche ­Revolution in Leipzig ihren Lauf nahm.

Infobox

Liebe Leserinnn, liebe Leser,

zum Thema dieses Textes veranstalten wir am 5. Mai 2023 von 12 bis 12.45 Uhr ein Webinar im Internet. Sie können sich hier kostenlos anmelden. Darum geht es:

Macht die Schule krank? – Ein Webinar über psychische Probleme von Jugendlichen

Die Wartelisten in der Kinderpsychiatrie explodieren, Schüler und Schülerinnen leiden unter Angst und Stress. Wie kann man ihnen helfen? Die ehemalige Schulleiterin Margret Rasfeld kämpft für eine bessere Schule. Der Kinderpsychiater Jakob Hein berichtet aus seinem Alltag.

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Jugendliche, die sich in der gymnasialen Oberstufe mit dem Bewältigen des Stoffs schwertun, sollten darüber nachdenken, ob sie sich nicht die falschen Ziele gesetzt haben. Es muss nicht jeder das Abitur machen, auch wenn einem das von allen möglichen Seiten eingetrichtert wird. Es ist sogar gut möglich, dass man als Handwerker in seinem Leben mal mehr Geld verdienen wird als als Bachelor oder Master. Das hängt vom jeweiligen Job ab. Man sollte sich als Schüler aber auf keinen Fall der Illusion hingeben, dass Studieren einfacher sei als Schule. Das Lerntempo an der Universität ist im Vergleich zu dem an der Schule wesentlich höher.

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Ich bin bei dieser Thematik sehr zwiegespalten. Die Corona-Zeit und vor allem die Zeit danach ist nicht gut abgefedert worden an vielen Schulen. Wie die Berserker Leistungen zu erheben, um einen repräsentativen Notenschnitt zu bekommen, ist zweifelsohne der falsche Weg gewesen. Und ja, es ist traurig, wenn die Kids nicht gern zur Schule gehen, und es ist traurig, dass das der Normalzustand ist - schon immer gewesen ist, auch zu meiner Zeit (Abschluss 1999). Das hier Vieles auf den Kopf gestellt gehört, ist völlig klar. Das fängt schon bei der unseligen Aufspaltung in Gymnasium und Oberschule nach der vierten Klasse an. Der Druck in der Grundschule war für meine Töchter beinah größer als er jetzt auf der Oberschule ist. Unfassbar, was da erwartet wurde, ohne auch nur ansatzweise Zeit fürs Üben und Verinnerlichen zu haben. Wir haben uns dann bewusst für die Oberschule entschieden, um den beiden Zeit zu geben, sich zu entwickeln und selbst zu entscheiden, ob das Abi am Ende sein muss - eine Lernerfahrung vor allem für mich. Gleichzeitig ist mir der Ansatz "Wir wollen begeistert werden" ein bisschen zu sehr Kulturkonsum. Dann lasst euch auch begeistern, möchte ich dann zurufen. Dann macht mit, beteiligt euch, nehmt die Angebote an. Es ist ja nicht so, dass sich Schulen, Lehrer*innen gar keine Gedanken machen. Militär und Kirche sind sicher schon lange keine Vorbilder mehr für den Unterricht und vieles ist schon lockerer geworden. Die Klassen bestehen aber eben nicht nur aus engagierten Schüler*innen, wie sie im Artikel zu finden sind, sondern zum Großteil aus wenig begeisterungsfähigen Pubertierenden, die möglicherweise gerade ganz anderes im Kopf haben. Ich habe da große Achtung vor Lehrer*innen, die jeden Tag von neuem versuchen, diese träge Masse in Bewegung zu versetzen. Mir als Chemikerin blutet übrigens auch das Herz bei einem Satz wie "Das Klima kippt, aber wir sollen auswendig lernen, was Redoxreaktionen sind." Ja, um Himmels Willen. Und genau das ist ein herrliches Beispiel dafür, was passiert, wenn man vor lauter Aktivismus das Wesentliche aus den Augen verliert. Denn was anderes hilft uns denn, das Klima zu retten, wenn nicht Redoxreaktionen. Wenn wir Erdöl verbrennen, dann ist das eine Redoxreaktion, aber auch wenn wir aus Wasserstoff Energie gewinnen wollen, dann ist das eine Redoxreaktion; wenn ein Blatt Sonnenenergie in chemische Energie umwandelt, dann passieren im Blatt - na? - Redoxreaktionen - oder wahlweise in der Solarzelle. Elektrochemie und Photochemie, Zukunftstechnologien, die massiv helfen können gegen den Klimawandel - sie alle nutzen Redoxreaktionen. Man kann auf die Straße gehen, Fridays for Future und so, alles richtig, denn das Thema gehört überall ganz oben hin. Man kann sich aber auch für ein Studium oder eine Ausbildung entscheiden - zum Beispiel Chemie - mit dessen/deren Hilfe man wirklich aktiv beitragen kann, die Zukunft zu gestalten. Die Klimaretter sind nämlich nicht spinnerte Superreiche wie Elon Musk, sondern Josi, Lara, Martha, Joana, Thea, Leolo - normale Schüler*innen von heute. Dazu ist es aber eben auch wichtig, das eine oder andere zu wissen und sich vorurteilsfrei auf die Thematiken - auch trockene und schwere - einzulassen. Dass das geht, habe ich bei Neuntklässlerinnen, die bei mir zum Betriebspraktikum waren, und bei Dritt- und Viertklässlern, denen ich oben genannte Redoxreaktionen nahe gebracht habe, sehr eindrucksvoll gesehen.

Es soll den Grabspruch geben: "Er hatte die Vorfahrt!"
Unbeirrbar glauben wir, der Nabel der Werte-Welt zu sein. Das ändert sich seit ca. 50 Jahren. Weitere 50 Jahre und der Prozess wird nie enden. Im Einzelhandel bereits brutal sichtbar. Und wir wollen/sollen mit einer Bildungsrevolution dagegenhalten? Da wird zu kurz gesprungen! Neue Ordnungen brauchen neue Werte, andere Unterordnungen und Prioritäten. Die bisherige Bedeutung wird fraglich. Auch die Bildung ist evolutionär. Mit einer Revolution wird dagegen erst zerstört und dann auf Besserung gehofft. Wie die 68ger ohne Roadmap! Wie will man Demokratie machen, wenn das Unwissen Parole wird? Wie Wahrheit wissen wollen, wenn alles manipuliert ist? Kaum zu glauben! Und doch bei den Verschwörern zu besichtigen. Das zu ändern wäre eine Revolution! System und Problem beginnen nicht hinter, sondern vor dem Katheder. Wenn Trump immer noch diesen Zulauf hat, dann liegt das nicht an Trump, sondern an der Verführbarkeit dieser Geister. Und die wollen alle den leichten Weg gehen. Wir sind hier bei Chrismon. Unsere Religionen sind vermutlich am Ende. Glaubend erstarrt oder beliebig glaubend. Ungläubig die Gefahren zu erkennen. Schreckerstarrt. Aber ein Glaube ist essentiell. Jeder der sich selbst nicht für einen Gott hält, hat einen, und wenn man den Glauben Demut nennt. Allein dass der Mensch nicht "fertig" ist, zwingt jede Vernunft zur Einsicht der persönlichen "Unterwürfigkeit". Diese Revolution wäre ein Ziel. Leider haben andere Kulturen andere. Ein Revolution wäre auch, wenn ein neuer "Messias" das Charisma hätte, uns für die zu erwartenden neuen Ordnungen auch die Werte zu geben. Denn auch Werte unterliegen der Alterung. 2000 Jahre müssen nicht unendlich werden. Alles nebulös? JA! Die Wahrheit in der Zukunft ist immer ein Rätsel.

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Ich bekomme Tränen! Was haben denn diese Jugendlichen geglaubt, was Leben bedeutet? Wenn überfordert, dann andere (nicht geringere) Ziele setzen, die man erreichen kann.. Mir ging es auch so! Selbstmitleid über mangelnde Eigenschaften ist ein sicherer Weg in Unzufriedenheit und Depression. Und dann noch dem System die Schuld geben und sich die suchen, die alles versprechen.. Das ist der leichte Weg zur Verschnullerung. Jedes System hat auch Probleme. J A !! Aber wir haben keine angelsächsischen Zustände und nicht solche wie in China und Japan. Dort hättet Ihr Recht! Und bitte nicht vergessen, das Handwerk wird immer attraktiver! Es sind aber keine "Soft"-Berufe bzw. TÄTIGKEITEN mit Bachblütenansprüchen. Wer von "Work- und Life-Balance" träumt, hat noch nicht begriffen, dass sich die Welt schneller dreht als er denken kann. Die in den letzten Jahren zu beobachtende Infantilisierung führt zielsicher (zum Glück nicht bei allen) in Alimentationswünsche. Wenn die Eltern nicht mehr sorgen, soll der Staat den leichten Bildungsweg pflastern.

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Eine Bildungsrevolution? Hatten wir doch schon mal! Die Mengenlehre sollte alle zur höchsten abstrakten Denkfähigkeit und Kreativität führen. Ergebnis: Für die Begabten und die mit Eltern und Bildungsansprüchen ein Gewinn. Für alle anderen eine Katastrophe. Schreiben nach Gehör! Der leichte Weg vom Hören, über das Schreiben zum Verstehen. Nur, alle haben was anderes gehört. Lernen und Verstehen sind Arbeit. KINDERARBEIT und Pflichten. Wer das als unmenschlich betrachtet, sollte sich als Einsiedler unter seinen Phatasien begraben lassen. Zum Schluss dann womöglich noch die Vorstellung, mit Globoli und Potenzierung durch Aufstampfen Prüfungen zu bestehen. Ich bitte um Nachsicht für diesen Sakarsmus.

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Wenn das so repräsentativ unsere Jugend ist? Was glauben die denn, welche strapaziösen Entwicklungen -häufig selbst geschuldet!- in Familie, Gesundheit, Erziehung und Schicksale das Leben für sie noch in Vorbereitung hat? Mit dieser verzagten Grundeinstellung ist kein Glück zu ernten.

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Von allen Besserwissern vergessen: Wir sind nicht in einem Fort, in einer konkurrenzlosen Situation, in der allein die gute Absicht zählt. Die Welt fordert Leistungen, wie ihr sie auch möglichst billig (Urlaub, I-Phone, Bike, Netflix) kaufen wollt. Mit jedem Produkt erhaltet und akzeptiert ihr auch die Werte und Bedingungen der Herstellung. Dazu ein Einstellungs-Beispiel: Bayer will für den internationalen Einsatz 500 Chemie-Meister einstellen. Ausschreibung weltweit. Hier 1 - 2 Jahre Einarbeitung in vergleichbaren Produktionen. 10.000 Bewerber. Davon nur 10 aus Deutschland. Anforderungsprofil. Möglichst Chemieingenieur, Grundkenntnisse Deutsch, Englisch Sprache und Schrift gut, keine Familie, lösbare soziale Bindungen, keine Vorgaben für Einsatzorte, offen für alle Kulturen und deren Lebensarten. Es wurden eingestellt: 10 Holländer, 220 Chinesen, 180 Inder. Deutsche wollten nicht ihre Freunde, Vereine und Hobbys aufgeben. Die anderen 90 sollen die Niederlassungen selbst einstellen. Bei SAP und SIEMENS wird es ähnlich sein. Mit erbarmungslosem Stresstest beginnt die Auswahl, damit nicht bei dem nächsten gefährdeten Ideal die Heimreise gefordert wird. Überzeichnet? Wenn, dann hoffentlich nicht zu arg. Aber wir sind im gnadenlosen Wettbewerb der Kulturen. Wie zu Zeiten der Kolonisation, nur jetzt mit anderen Voraussetzungen. Hat man es gelernt, ist sind "Chemie", Mathematik und Naturgesetze in allen Köpfen gleich. So könnte Eure Zukunft aussehen. Es sei denn, ihr wollt in den umhegten Staatsdienst. Aber bitte nicht in den diplomatischen Dienst, denn dort gibt es dieses Profil schon immer.

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Mit dem Mantel der Nächstenliebe wird zugedeckt, welche Opfer die unveränderlichen menschlichen Eigenschaften dann doch in der Realität fordern. In anderen Kulturen könnte es wesentlich brutaler als -noch- bei uns sein. Davor schützt uns auch keine EKD. Glasperlen für Gold war einmal. Jetzt werden global über den Preis der Produkte die Arbeiter und deren kulturelle Anforderungen untereinander und uns verglichen. Wer hat die geringeren Ansprüche und die günstigeren Preise? Für eure Psyche, euer "Seelenheil", eure Zukunkt der Sonnenschein. Für euren Konsum, für den Kaffee, den Kakao und die Radieschen eure Hiwis auf dem Feld. Am Sonntag für den Großmarkt am Montag um 21 Uhr 300 Ost-Erntehelfer bei Regen und Scheinwerfer gesehen. Am 2. Weihnachtstag auch bei Schlackerschnee! Für eine Arbeit, die ihr nicht tun würdet. Dafür eine Bildungsrevolution, damit alles noch einfacher, angenehmer und möglichst ohne Leistungsnachweise geht. Oder will man die Revolution nicht für die Bildungsziele Aller? Gar für die Bildungsunwilligen eine freiwillige Verdummung durch unterlassene Disziplin? Die Welt und eure Anforderungen entsprechen nicht den Realitäten.

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Nein. Es ist nicht die Schule, Die die Kids krank macht. Lernen hatb noch nie krank gemacht. Es sind diese sogenannten "Experten" und Co. Die den Kindern einsuggerieren, dass die Schule krank macht. Das ist doch nur das heutzutage leider üblich gerordene Nachgeplapper von irgendwelchen dubiosen klugschei......wätzenden Parolen und teilweise sogar hirnlosen Phrasen, Die den Kids heutzutage mittels instrumentalisierende Gehirnwäsche, vor Allem einer bestimmten politischen "Denkweise", nein, garantiert nicht die Rechtsradikale), tagtäglich regelrecht in Ihre Gehirne reingeblasen werden, Die zudem die Kinder auch noch krank, faul und lernunwillig macht. Und dzu kommt noch dieses ganze Smartphone- und Computer-Gedaddel und vor Allem auch der ddamit leider verbundene Schlafentzug. Man muss ja mindestenz bis nach Mitternacht wach bleiben, sonst könnte man ja Etwas verpassen. Da kann man natürlich nicht schon morgens vor 9 Uhr mit dem Unterricht beginnen. Das geht nicht. Ud diesesr ganze hirnlose Schwachsinn wird leider auch noch von sogenannten "Experten", (beschönigende Umschreibung für Klug.....) , sogar von Politiker udn teilweise auch schon von Lehrer unterstützt.
Die Kids gehören Abends ins Bett ud Licht aus, wenn am nächsten Tag Schule ist. Und dafür sollten eben die Eltern sorgen. Wenn Es nicht Anderst geht, Smartphone, Computer udn Co wegnehmen Sicherung aus. Ud überhaupt haben eigentlich Kinder, Die noch nicht Lesen, Schreiben und Rechnen, können, sowieso Nichts an Computer, Smartphone und Co zu suchen. Zumindest nicht unbeaufsichtigt. Auch Nichts an Spielekonsolen. Das müsste eigetnlich vom Gesetzgeber so behandelt werden, wie Alkohol, Nikotin, Rauchgift, Pornografie. Wer Kinder, Die noch nicht Lesen, Schreiben, Rechnen können, unbeaufsichtigt an Computer und Co läst, macht Sich strafbar.

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Sehr geehrte Redaktion,

nun habe ich mich nach einiger Überlegung doch entschlossen, einen Beitrag zu Ihrem Titelthema „“Schule macht uns krank“ zu liefern.

Jovial – wie ich als „alter weißer Mann“ – gestellt bin, könnte ich über kurz antworten; „dann bleibt doch zuhause“ ,wenn ihr erschöpft, genervt und belastet seid; geht zum Arzt oder in eine geeignete Therapie.

Das Thema erscheint mir jedoch zu ernst ! Die hier nunmehr auch in Ihrem Magazin zur Schau gestellte, wie ich finde, obszöne Egozentrik, scheint mir ein gesellschaftliches Generalthema zu sein. Wie wäre es, wenn man diesen „beispielhaft“ vorgeführten jungen Menschen die rosarote Brille von der Nase zöge und ihnen die gesellschaftlichen oder gar schulischen Situationen in Schwellenländern oder womöglich Entwicklungsländern vor Augen führte?
Ob das zu besserer Einschätzung der eigenen Situation führen würde ? ich habe erhebliche Zweifel ! Das Luxusdasein, was diese jungen Menschen führen (dürfen, auf Grund der wirtschaftlichen Potenz ihrer Vorfahren und der beispilhaften sozialen Absicherungen dieses Staates) hat immerhin scheinbar dazu beigetragen, sich jovial über die Erfordernisse des eigenständigen Lebensunterhaltserwerbs hinweg zu heben – Gratulation!
Zum Weiteren: „non scolae sed vitae discimus“ scheint überholt im Zeitalter von Google, Wikipedia etc., es wird mittlerweile gelehrt, Kompetenzen zu erwerben (wo finde ich was bei z.B. Google?) anstelle von Kenntnis oder gar Wissen; wozu auch ?
Was heutzutage das Abitur wert ist, wage ich nicht zu beurteilen; früher (längst vor meiner Zeit) gab es danach das sog. Studium Generale. Eine Eigenprüfung und Erprobung dessen, was dann später in eine Fakultät mündete; heute gibt es ein Auslandssabattical - die Ironie ist nicht mehr zu überbieten.
Zu guter Letzt: Ich wage zu bezweifeln, dass ihr christliche Magazin zumindest in diesem Beitrag der Prämisse Jesu Christi (Das Kamel etc.) gerecht wird.

Freundliche Grüße aus Pattensen
Heinrich Luchtmann

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Sehr geehrte Damen und Herren,
den o.g. Artikel habe ich ich mehrmals gelesen.Das Befinden der Schüler hat mich nachdenklich gemacht.Die ihrerseits dafür genannten Gründe kann ich nur z.T. akzeptieren.
Sicher ist unser gesamtes Schulsystem krank.Fehlende Lehrer, Klassenstärken von 30 Schülern/Klasse, mangelhafte technische Ausgestaltung, der teils sehr hohe Anteil ausländischer Kinder, die häufig über keine oder nur mangelhafte Deutschkenntnisse verfügen, hoher Unterrichtsausfall...belasten zweifelsfrei die Psyche der Schüler.
Aber für die Belatung und Überforderung der Schüler nur den Staat verantwortlich zu machen, halte ich für falsch.

Viele Eltern setzen ihre Kinder unter Druck, unbedingt das Abi zu machen, obwohl diese oftmals nicht über die geistigen,physischen und psychischen Voraussetzungen verfügen.

DIESE ELTERN HANDELN VERANTWORTUNGSLOS UND BRINGEN IHRE KINDER IN KONFLIKTSITUATIONEN, DIE SIE NICHT MEISTERN KÖNNEN UND DARAN ZERBRECHEN.

Empfehelen sie diesen Schülern einen Beruf zu erlernen, der ihnen Freude und Erfolg bereitet. Damit helfen sie den Schülern mehr als mit "ihrer Bildundsrevolution", die ich für unrealistisch halte.

HELFEN SIE DEN SCHÜLERN DURCH EINE OBJEKTIVE UND ALLSEITIGE BERATUNG.

Mit freundlichen Grüßen
Volker Hintzsch

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Sehr geehrtes Chrismon Team,

mit großem Respekt vor den Schüler*innen habe ich gerade den Bericht in der aktuellen chrismon gelesen. Leider muss ich in vielen Punkten den Ausführungen recht geben. Auch bei uns an der Schule ist alles in Richtung „Notenbewertung“ ausgelegt. Dabei ist sind uns durch die KMK und den Rahmenrichtlinien die Vorgehensweise strikt vorgegeben. Ein Abweichen in „Unterrichtsfremde“ Themen ist nur bedingt möglich. Erheblicher Personalmangel, ständiger Unterrichtsausfall, Druck der Schulleitung etc. sind oftmals Dinge, die den Schüler*innen in ihrem Artikel den Frust beschwören. Uns geht es nicht anders – nur stehen wir auf der anderen Seite.

Aber auch wir sind auf der Suche nach neuen Konzepten. So wollen wir als Bildungszentrum für Technik und Gestaltung (www.bztg-oldenburg.de) in Zukunft (der Umbau steht kurz bevor) in ein neues Unterrichtskonzept investieren. Genannt „Cool“. Es geht hier um „freies Lernen“. Genauere Informationen geben ich gerne auf Nachfrage.

Aber: Es bewegt sich etwas! Auch im störrischen, veralteten, konservativen Schulsystem.

Ein Ort, auch in Oldenburg, wo sich dieses System schon etabliert hat ist die IGS Flötenteich. (https://www.igs-floetenteich.de/). Hier ist freies Lernen, freies Denken, Denken nicht in Fächern – sondern Themenorientiert bereits voll im Lehrplan integriert. Ein Zukunftsmodell.

Ergebnis: Meine Tochter ist total frustriert und desorientiert aus der Grundschule in die IGS eingestiegen – mit dem Ergebnis: Lernen macht Spaß – ohne Druck. Noten gibt es erst ab der 8. Klasse. Bis dahin nur personenbezogene positiv verfasse Einzelrückmeldungen. So wie von den Protagonisten des Artikels gefordert.

Wir Lehrer*innen wollen oftmals – können, dürfen oder schaffen es einfach nicht das System zu ändern. Hier brauchen auch wir Hilfe!

Herzliche Grüße aus Oldenburg in Niedersachsen.

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Liebes Chrismon-Team,

hier mein Leserbrief zu Ihrem obigen Artikel.

Ich kann die Not der Schüler sehr gut verstehen und sehe das Schulsystem in Deutschland genauso kritisch. Eigentlich müsste das komplette System, in welcher Form wir Kinder eigentlich fit für's Leben machen wollen, der Zeit angepasst werden. Es ist nicht mehr zeitgemäß. Meiner Meinung nach wäre es viel wichtiger, z.B. Fächer wie Gesundheitskompetenz (u.a. Ernährung), Resilienz, Empathie, der Umgang mit den Medien (Social Media, wie erkenne ich Fake News? etc.) oder Sinnfindung/Erfüllung finden/Kompetenzen entwickeln einzuführen. Ich beobachte, dass Schüler heutzutage z.B. überhaupt nicht mehr wissen, wie sie überhaupt zu einem Beruf finden sollen. Es fehlt oft auch die Perspektive und der Sinn dahinter. Die jungen Leute bekommen ja mit, dass die Welt gefühlt den Bach runtergeht, eine Krise folgt der nächsten und es hört nicht auf. Stupides Auswendiglernen und "Bulimielernen" macht langfristig gesehen überhaupt keinen Sinn. Es wird so viel kaputtgemacht. Wenn man davon ausgeht, dass Kinder eigentlich neugierig sind und von sich aus gern lernen wollen, müsste Schule, wie auch Leolo sagt, die Schüler viel mehr begeistern, inspirieren und motivieren, Selbstwirksamkeit zu entdecken und Selbstvertrauen zu entwickeln, indem die Schüler mit Freude Themen lernen und bearbeiten, die nachhaltig und für ihr Leben wichtig sind. Und solche Sätze wie "Da musst du durch, hat mir auch nicht geschadet", was Josi im Artikel sagt, kenne ich auch. "Und wie es euch geschadet hat!" möchte ich schreien. "Seht euch doch nur selbst an, was aus euch geworden ist." Ich beobachte, dass die allermeisten Menschen einfach resigniert mitlaufen im Hamsterrad und gucken, wie sie möglichst ohne große Katastrophen durchkommen. Ich wünsche den portraitierten Schülern und Frau Rasfeld ganz viel Glück und Durchhaltevermögen, dass sich vielleicht mal etwas ändert und das Bewusstsein stärker wird, was wir durch unser Schulsystem alles kaputtmachen.

Ganz viele Grüße aus Hamburg-Altona!

Steffie Haddenga

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Sehr geehrte Damen und Herren,

vielen dank an Herrn Husmann für den m.M. sehr guten Beitrag https://chrismon.evangelisch.de/artikel/2023/53769/die-letzte-generation-und-die-kirche

In dem Zusammenhang fehlt mir nur der Hinweis auf den EKD-Synodenbeschluss zur Selbstverpflichtung Tempolimit.
Finde ich sehr schade, dass man kaum offene, weitere aktuelle Kommunikation der EKD zu ihrer Tempo-Limit-Selbstverpflichtung findet, wie im November noch:
https://app.evangelisch.de/inhalte/208013/09-11-2022/evangelische-kirche-stellt-sich-hinter-bemuehungen-um-tempolimit

Ich hoffe sehr, dass die EKD den Mut aufbringt, zu ihrem Beschluss zu stehen und den auch intern agierenden Profiteuren der fossilen Industriestrukturen und dem Gegenwind ängstlicher Hauptamtlicher zu widerstehen.

Dass die Katholische Kirche leider wieder mal nur einzelne Vorkämpfer zulässt, wie z.B. den bei Letzter Generation engagierten Jesuiten Jörg Alt, wiederholt das katastrophale Beharren auf dem vermeintlichen Zeitgeist und die Mutlosigkeit trotz angeblich frei machender zölibatärer Strukturen, prophetisch zu wirken und wirklich, wenn es ernst wird, Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung an 1.
Stelle zu setzen.

Ich habe die e.mail-Adresse gewählt, weil ich einen direkten Kontakt zu Herrn Husmann nicht gefunden habe.

Mit freundlichen Grüßen
Christoph Hecker

Antwort auf von Christoph Hecker (nicht registriert)

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Tempolimit u. Zölibat im Zusammenhang mit einer Revolution der schulischen Bildung. Total unterbelichtet wird, dass die Grundlage dieser staatlichen Aufgabe bei den Eltern liegt. Ausserdem gibt es das tägliche Allgemeinwissen, dessen Umfang erst dazu befähigt, an der Gesellschaft teilzunehmen. Wer von den Revoluzzern liest denn noch täglich die Zeitung, hört die Kommentare im TV? Wieviel "Gamer" beklagen den Lerndruck? Wir gehen den Weg aller Gesellschaften, Familien und Firmen vorher. Wird der Weg bequemer, muss alles immer schneller und einfacher gehen. Jeder Anstieg wird dann zur Zumutung. Diese süssliche Infantilisierung wird massgeblich auch von der Religion begleitet. Die Revoluzzer und Autor übersehen geflissentlich, dass die Werte, die ihren Ambitionen zugrundeliegen, nicht mehr von uns alleine diktiert werden. Eine rein schulische Bildung ohne das Fundament einer täglichen Allgemeinbildung ist ein Torso.

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Sehr geehrte Damen und Herren,

hier kommt eine Leserbrief zum Artikel "Schaff ich mein Abi nicht, schaff ich mein Leben nicht", in Chrismon 05.2023:

Ich bin erschüttert. Die jungen Menschen klagen über die Schule, die Generationen und somit Millionen von Menschen absolviert haben und absolvieren. Sie sind nicht mehr belastbar. Ein Beispiel für Wohlstandsverwahrlosung. Wenn die Schüler nicht schnell in der Realität ankommen, werden sie später nicht einen einzigen Arbeitstag überstehen. Es reicht nicht, zu gendern und sich als Opfer zu stilisieren.

Mit freundlichen Grüßen

Markus Tönnishoff

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Vielen Dank für den beeindruckenden Artikel über die Jugendlichen in Leipzig und die pensionierte Lehrerin, die ihnen hilft. Hoffentlich bewirkt dieser Aufschrei eine Veränderung des krankmachenden Systems.

Mut macht mir Martha, die auf eine Oberschule für Gesundheit und Soziales wechseln will. Genau darum geht es: um die psychische Gesundheit und den sozialen Zusammenhalt, der im Leistungs- und Konkurrenzsystem der Schulen offenbar zu kurz kommt und immer noch vernachlässigt wird. Das war bei mir schon 1982-1985 auf dem Gymnasium so. Scheinbar hat sich immer noch nichts verändert!

Eine Alternative wären Waldorfschulen und so hoffe ich christliche Schulen, wenn denn der christliche Geist der Nächstenliebe in diesem System gelebt und angewendet wird...

Vielen Dank, dass Sie das Thema aufgreifen und ich wünsche den Jugendlichen und Ihnen die Kraft zur Veränderung und uns allen gesunde Lebensverhältnisse!

Klaus Westmeyer

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Sehr geehrte Redaktion von Chrismon,

da ich 1930 geboren bin, in den Köln aufgewachsen und den Bombenkrieg und die schwere Nachkriegszeit erlebt habe, kann ich über Ihren Artikel nur den Kopf schütteln. Auch uns Alten hat Corona zu schaffen gemacht; aber davon ist nicht die Rede.
Die heutige Jugend ist so verwöhnt, alles soll Spaß machen, ja glauben die tatsächlich, wenn sie später einen Beruf ausüben, das sei alles Spaß? Wenn ich lese: „Schaffe ich mein Abi nicht, schaff ich mein Leben nicht“, kommt bei mir Empörung hoch! Diese Generation hat nie Hunger, Kälte und Wohnungslosigkeit kennengelernt, aber wenn etwas bei ihnen nicht glatt verläuft, dann sind sie erschöpft, genervt und belastet!

Ich möchte Ihnen kurz von meiner Kindheit berichten, die Fliegerangriffe mit zeitweise jede Nacht in den Keller zu gehen, war für alle Menschen hier in Köln kein Kinderspiel. Als wir ausgebrannt sind, standen meine Mutter, meine Schwester und ich – wie andere Ausgebombte – mit einem Koffer vor dem Nichst, kamen bei Verwandten oder Bekannten immer nur kurzfristig unter. In die Schule sind wir trotzdem gegangen. Nach dem Krieg: in zerstörten Schulen saßen wir in kalten Räumen, ohne Bücher oder sonstiges Lehrmaterial, hatten eine Woche vor- die andere Woche nachmittags Unterricht. Da hatte uns die Stadt Köln ein kleines Zimmerchen in Berrenrath/Braunkohlengebiet angeboten. Die Verkehrsverhältnisse waren katastrophal, wir sind oft zu Fuß zur damaligen Mittelschule in der Niederichstr. In Köln gelaufen und auch wieder zurück. Man konnte keine warme Kleidung kaufen und hungrig waren wir auch, denn bis 1949 gab es Lebensmittelkarten. Wie oft haben wir Jugendliche an der Bäckerei gestanden, um Brot kaufen zu können.

Meine Mitschülerinnen und ich haben unseren Weg ins Leben gemacht, wir waren auch erschöpft und belastet, aber damals hat es keine Hilfen für uns gegeben.
Im Gegenteil, mir wurde später von Studenten !! gesagt, wir wären doch alles Nazis gewesen und hätten Hitler gewählt!

Was wird aus Deutschland werden, wenn Kinder und Jugendlich nur mit Hilfe von Psychiatern ihr Leben bewältigen können?

Gertrud Odenthal

Antwort auf von Gertrud Odenthal (nicht registriert)

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Liebe Frau Odenthal, Ihr Brief ist auch in der neuen Chrismon abgedruckt. Er hat mich sehr traurig gemacht. Sie sind im gleichen Alter wie mein 1931 in Bremerhaven geborener Vater. Als er vor vier Jahren im Sterben lag, hat er viel über seine Kriegserlebnisse gesprochen, zum ersten Mal übrigens. Vermutlich hätte es ihm sehr gut getan, wenn jemand all diese schrecklichen Erlebnisse früher mit ihm besprochen hätte. Ja, er hat ein ganz normales erfolgreiches Berufsleben gehabt, eine Familie gegründet, ein Haus gebaut. Aber vermutlich hätte ein Psychologe vieles erleichtert.

Anders aber als offenbar Sie hat mein Vater das Gymnasium abgebrochen, weil er keine Lust auf diese Art von Bildung hatte. Nach einer kaufmännischen Ausbildung (Begingung seiner alleinerziehenden Mutter) ist er 15 Jahre zur See gefahren und hat die ganze Welt bereist. Danach hat er eine Umschulung gemacht, um bei seiner Familie zu sein. Er hat sich - auch im hohen Alter - nie ganz vereinnahmen lassen und immer Dinge gemacht, die ihm Spaß gemacht haben.

Sie können Kindern im Jahr 2023 nicht vorwerfen, dass sie keine Kriegs- und Nachkriegszeit erleben mussten. Und es macht einen nicht zu einem besseren Menschen, wenn man diese Zeit überlebt und durchgestanden hat. Sie hatten damals keine Wahl, sie mussten da durch. Aber wenn Jugendliche heute die Zeit und Muße haben, darüber nachzudenken, wie sie sich ihr Leben vorstellen, wenn sie Dinge kritisieren oder anders gestalten möchten - dann ist das nicht automatisch Verweichlichung und Lebensuntauglichkeit. Ich finde es beruhigend, dass nicht alle mit der Masse laufen. Das hatten wir schon mal - und das hat zu nichts Gutem geführt.

Die Jugendlichen in diesem Text sagen übrigens nicht, dass sie nicht lernen oder arbeiten wollen. Das scheint mir ein wenig Ihre Interpretation.
Wir sollten froh sein, dass unsere Kinder nicht im Krieg aufwachsen müssen, hungern müssen und nach Brot anstehen. Das kann doch nicht der Maßstab sein, an dem man die Tauglichkeit einer Generation ausmacht.

Und ja: Sie waren erschöpft, überanstrengt und sicherlich oft auch überfordert von Ihrem Leben. Zu Recht. Vielleicht wäre es gut gewesen, wenn man das früher mehr zur Kenntnis genommen und darauf hätte eingehen können. "Was uns nicht umbringt macht uns nur härter" sollte nicht der Leitspruch für alle Generationen sein.
Herzliche Grüße

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Sehr geehrte Damen und Herren,
Josi beklagt in Ihren Briefen, dass sie in ihrer Schulzeit von ihrem Einserscnitt auf einen Zweier— oder gar Dreierbereich runtergefallen ist.
Die „Einser“ waren zu meiner Schul— und Studienzeit immer die „Streber“!
Der „Rest“ kam auch mit den weniger guten Noten im Leben zurecht.
Der Numerus clausus war dabei nicht gerade sehr förderlich!
Ein Arzt mit Empathie ist mir allemal lieber als alle die Kollegen, die mit Einserabitur zum Studium zugelassen wurden!
Dr. med. dent. Fritz Haun (Nachkriegsgeneration)

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Sehr geehrte Frau Ott,
den Anfang machten Freiburger Studenten vor über 5o Jahren mit dem unsinnigen Spruch
"Schick Dein Kind länger auf bessere Schulen!"
Als ob es "bessere" Schulen gäbe und nicht die passende Schule zu wählen sei, damit sich
Schüler wohlfühlen. Wohlfühlen tun sich die von Ihnen zitierten Schüler offenbar nicht,
sonst hätten Sie nicht gegen das "Wissen Eintrichtern" (wo gibt es das noch?) und für das
"Begeistern" gesprochen, - ohne daran zu denken, daß auch nach 1933 viele Jugendliche
von der Aufbruchsstimmung begeistert waren, nur eben für die falsche Sache.
Schade, daß sich Chrismon nicht die geeigneten Ratgeber in Sachen Bildung sucht, wie
Philipp Melanchthon, Eduard Spranger, Andreas Flitner und andere.
Ob sich an dieser Entwicklung etwas ändern läßt ?
Mit freundlichem Gruß:
Friedrich Kuntz

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Sehr geehrte Damen und Herren,

ist das die neue deutsche Jugend ?

Wohl der rot-grüne Mensch?

Überfordert , bunt ,schwach...?

Jeder soll Abi machen, keine Volksschule , kein Handwerk erlernen ... ?

Bis 1945 hatten wir 1500 protestantische Puplikationsorgane.

Allesamt stramm braun-rot ( national -sozialistisch) .

Die Menschen waren überlegen , stark , blond...!

Hat das was mit Christentum zutun ?

Liebe Grüße

Hermann Eck

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Sehr geehrte Dwmen und Herren,
zum im Betreff genannten Artikel habe ich den folgenden Leserbrief verfasst, den ich Sie bitte in Ihrer Zeitschrift abzudrucken.
Er ist leider etwas länger geraten, aber da ich vom Fach bin, musste ich Dinge erläutern, die dem Laien in diesem Zusammenhang vermutlich völlig unbekannt sind.
Leserbrief:
Mit fast tränenblindem Entsetzen habe ich, Gymnasiallehrer (Englisch/Deutsch), 64, lesen müssen, mit welcher Antipädagogik man da Schülern die vermeintlich besten Jahre ihres Lebens unnötig zerstört. Unnötig, weil so etwas wie „Lernstoff“ entgegen der Laienmeinung gar nicht natur- und gottgegeben, fächerbedingt und objektiv in Stein gemeißelt vorliegt, sondern in jedem Bundesland mit jeweils etwas anderer Schwerpunktsetzung und Tiefe teilweise subjektiv in Worten festgelegt worden ist. "Lernstoff" ist also interpretationsbedürftig, interpretierbar und flexibel handhabbar. Das in den Lockdowns eventuell Versäumte nun nachholen zu wollen, und wenn die Welt darüber zugrunde geht, ist nicht nur deshalb verheerender Unfug; wenn das überhaupt ginge, hieße das doch auch, man habe vor Corona immer nur im Schritttempo unterrichtet und könnte jetzt einfach mal ein paar beliebige Gänge hochschalten, weil man ja zuvor stets Ressourcen gespart habe - was lehrerseits wie schülerseits offenkundiger Blödsinn ist. Würde man nun angesichts der offensichtlichen Ausnahmesituation durch Corona am „Lernstoff“ und Abitur ein paar Abstriche machen, ginge weder die Welt unter noch die Bildungsrepublik Deutschland, und man riskierte auch nicht die Zukunft des Wirtschaftsstandorts. Die Schüler werden hier Opfer des allseits so gepriesenen Technokratie-Monsters Zentralabitur (angeblich: Gerechtigkeit und Vergleichbarkeit!): Da die Lehrer zwar Themen dafür genannt bekommen, aber nicht wissen, wo die Schwerpunkte liegen werden und in welcher Tiefe die Aufgaben behandelt werden müssen, aber an die ministeriellen Korrektur- und Bewertungsvorgaben strengstens gebunden sind, stehen sie unter dem furchtbaren Druck, ihren Schülern vorsichtshalber absolut alles Mögliche und das auch noch möglichst auf allerhöchstem Niveau einzubimsen. Ein wunderbares Rezept zum Verkorksen unserer Jugend(lichen) und zur Verzwergung von Lehrern! Ein beschämendes Beispiel inhumaner Weltfremdheit - ersonnen von Leuten, die ganz offensichtlich überhaupt keine Ahnung von dem haben, was „Bildung“ heißt.

So weit mein Leserbrief.
Mit freundlichen Grüßen,
Michael Lohr

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Sehr geehrte Frau I. Dutz,
Sehr geehrter Herr N. Husmann,

erstmalig schreibe ich diesen Kommentar auf eine Chrismon-Ausgabe, nachdem ich diese Monatszeitschrift
seit Jahren Wert schätze und sie auch als einen guten Gegenpol zu den Tageszeitungen empfinde.
Ihren Artikel empfinde ich jedoch zu einseitig und die Grenze zur journalistischen Neutralität ist nicht mehr gegeben.

Dass Corona ein bedeutender Einschnitt gewesen ist, ist nun hinlänglich bekannt. Es gibt jedoch Gruppen und Personen,
die davon weit mehr betroffen sind, als diese 4 Gymnasiasten, die irgendwie nur keinen "Bock" mehr auf Schule haben.
Kritiklos übernehmen Sie alle Aussagen der Schüler.

Das Niveau unseres Schulsystems ist seit Jahrzehnten am Sinken und Deutschland muss sich sehr anstrengen, um überhaupt
z.B. bei den Pisa Tests mithalten zu können. Dies geht einher mit einer Inflation von Noten und Abschlusszeugnissen, was sogar
gar nicht mehr bestritten wird. So wird der schlechte Zustand sogar noch beschönigt.
Vor diesem Hintergrund macht es durchaus Sinn Lerninhalte und Schulsysteme (3-Teilung von Haupt-, Realschule und Gymnasien
sowie G8, G9) zu hinterfragen.

Wenn die 4 Gymnasiasten permanent "Spaß" einfordern, Noten und Druck in jeder Form ablehnen und sich in eine heile Montessori Welt wünschen,
ist es mehr als bedauerlich, dass sie das erst nach 5-6 Jahren auf dem Gynasium "schon" feststellen. Im Gegenzug wollen sie sich aber mit
der "Allgemeine Hochschulreife" und dem höchsten deutschen Schulabschluss schmücken.
Im Gegenzug sollte die Frage erlaubt sein, was die Gesellschaft mit solchen Schulabgängern möchte und ob sie nicht besser der Schule verwiesen werden.
Unbedingt vernünftig ist es daher, dass ein Abschluss erstrebt wird, der den Befähigungen Rechnung trägt.
Das müsste den Gymnasiasten kommuniziert werden, ohne Wenn und Aber !

Wenn darüber hinaus heute vielfach Lehrer mit mit Gewalt bedroht werden, ebenfalls über Burnout klagen oder / und vorzeitig in den Ruhestand gehen,
so zeigt dies doch, dass mit gutem Willen mit einer solchen Schülerschaft kein Start zu machen ist.

Im Weiteren bemängele ich, dass Sie nicht auch ein offenes Wort und Probleme für Schüler anderer Schulen haben.

Mit freundlichen Grüßen
Hanjörg Weiß

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Es ist gut, wenn junge Menschen neue Ideen zu Ausbildung, Bedürfnissen, ihrem Leben entwickeln.
Die Schule hat bei der Integration der Individuen in die Gesellschaft eine normative Korrekturfunktion.
Die gegenwärtige Tendenz der Hyperindividualisierung macht auch vor diesem Sektor nicht halt.
Der in dem Artikel beklagte Druck besteht in anderen Sektoren noch wesentlich stärker.
Diesem standzuhalten ist ein schmerzhafter, aber erlernbarer Prozeß.
Durch Vermeidungsstrategien (keine Noten/freier Themenunterricht usw.) wächst eine Jugend heran,
die an der alles normierenden Realität scheitern wird.
Die Balance zwischen individuellen Bedürfnissen und gesellschaftlichen Notwendigkeiten ist in
eine gefährliche Schieflage geraten und wird durch romantisierende Denkweisen, wie in diesem Artikel,
weiter verstärkt.

Mit freundlichen Grüßen
Michael bohlmann

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Hallo Herr Husmann,

Ihr Artikel in chrismon 05.2023 hat mich zu folgendem Leserbrief angeregt:

Wer in dieser Welt nicht orientierungslos dahintreiben will, wird zeitlebens lernen müssen - mit oder ohne Noten. Worauf ich mein Interesse richte, ist aber immer noch meine Selbstbestimmung. Was haben mich als Pubertierenden die Herrschaftsdynastien im Mittelalter interessiert. Heute beginne ich mit großen Interesse mir dieses Wissen anzueignen. Damals waren meine Interessen anders gerichtet.
Und deshalb meine ich: Was Schule anbietet, sollte da ansetzen, was Kinder/Jugendliche wissen wollen und nicht, was sie im späteren Leben (vielleicht) brauchen. Das zu lernen ist immer noch Zeit genug. Ich bin sehr zuversichtlich, dass sich allein mit den Fragen unserer Kinder die Lehrpläne der Schulen mühelos füllen lassen.

Mit freundlichem Gruß

Hans Dieter Rothe

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Zuerst einmal ein Lob an die "Chrismon", die ich sehr gern lese. Ich bin Atheist und trotzdem mit sehr vielen Beiträgen und Aussagen einer Meinung. Ich habe einen technischen Ingenieurabschluss und möchte etwas zum Thema Ausbildung durch Schule schreiben. Frau Ott zitiert u.a. den Schüler der 11. Klasse Leo mit dessen Meinung: "Schule sollte weniger Wissen eintrichtern, sondern uns begeistern."
Nun muss anfänglich natürlich eine gewisse positive Einstellung, Erwartungshaltung und auch Begeisterung bei den Schülerinnen und Schülern vorhanden sein. Ich stelle dies nicht grundsätzlich in Frage. Trotzdem bestehen bzgl. der persönlichen Einstellungen zur Schule und dem Lernen zwischen Gestern und Heute zum Teil große Unterschiede. Dafür gibt es Gründe, die sich aus den Lebenseinstellungen und dem sozialem Umfeld der Kinder heraus entwickelten.

Eine Erkenntnis hatte ich jedoch auch schon in meiner Schulzeit (1955 bis 1966) und ebenso beim Studium: Es wird viel gelehrt, was die Lernenden für ihre spätere Berufsausübung nicht benötigen und was, diesen Umstand nicht beachtend dazu führt, dass Lernbegeisterung allgemein abnimmt.

Unsere Enkelinnen interessierten sich bereits mit 12, 13 Jahren für einen Beruf im Bereich Sozialwesen (Kindererziehung, Altenpflege, allgemein also für soziale Dienste. Ihre Lernhaltung fiel zwischen 7. und 8. Klasse ab. Ihre Begründung (außer dass sie berichteten, dass einzelne Lehrkräfte den Stoff nicht verständlich darbieten könnten): "Warum muss ich immer tiefer in die Fächer Physik, Chemie und Mathematik eindringen, wenn ich das meiste später nicht benötige? Und wenn dann vereinzelt doch, kann ich es ja auch nachholen, dann jedoch punktgenau".

Ich muss bekennen, dass auch ich in meinem Berufsleben z.Bsp. Diffenzial-, Integral- und Wahrscheinlichkeitsrechnung nie anwenden musste. Auch das stöchiometrisches Rechnen im Chemieunterricht begegnete mir seit Schule/ Studium nicht mehr.

Es gibt noch einige andere Gebiete, die lediglich für spätere Spezialrichtungen wichtig werden. Wenn heute dafür geworben wird, nicht immer nur über das Abitur zum Studium zu gelangen, sondern mehr wieder zu handwerklichen Berufen zu tendieren, steht dieser Aufruf im Widerspruch zu unnötig aufgeblähten Lehrplänen für alle bzw. macht diese oft unnötig. Wer z.Bsp. sehr frühzeitig ein Genie in Mathe und Naturwissenschaften zu werden scheint, hat auch das nötige Interesse. Hier sollten zeitig Spezialisierungen des Unterrichts erfolgen.

Mit freundlichem Gruß
Harald Bendix

"Warum muss ich immer tiefer in die Fächer Physik, Chemie und Mathematik eindringen, wenn ich das meiste später nicht benötige? Und wenn dann vereinzelt doch, kann ich es ja auch nachholen, dann jedoch punktgenau".

Es ist wohl eher die Ausnahme, dass man mit 12/13 Jahren schon genau weiß, was man beruflich macht! Und selbst, wenn man glaubt, es zu wissen, kann man seine Meinung (gerade in diesem jungen Alter, wo große Entwicklungsschritte zum Erwachsenwerden ja erst noch bevorstehen) ja noch ändern.

Schulen heißen nicht umsonst "allgemeinbildende Schulen" und das Abitur "allgemeine Hochschulreife". Und was ist, wenn man vielleicht irgendwann den Beruf wechseln will, dann aber nur eine spezifische Schulbildung hat und einen spezifischen Abschluss? Mit dem Fachabitur kann man ja auch nicht alles studieren!

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Den Schulgeschädigten, die ja nicht mehr schulpflichtig sind, schlage ich vor, sich von der Schule abzumelden, in eigenen Runden das zu lernen, was ihnen Freude bereitet, sich dann, wenn sie sich fähig fühlen, zum Extern-Abitur zu melden und die Prüfung abzulegen, ohne auf die Noten anderer zu schauen, denn "das erzeugt Hass". Ind wenn es mit dem Abi dann nicht klappt: Ein Mensch wird nicht dann Mensch, wenn er Abi hat. Er ist schon Mensch mit der ganzen und vollen Würde und Einzigartigkeit von der Zeugung an.
Alois Lienhard

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Eigentlich dachte ich das gibts so nicht mehr, dann dachte ich aber “typisch Gymnasium”.
Meine Erfahrung als Schüler und viel später als Mitglied der Schulinspektion und Schulaufsicht in Berlin haben gezeigt, dass an Gymnasien der weitaus schlechteste Unterricht stattfindet. Lehrerzentriert und oft ohne Empathie. Dort soll auf die Hochschule vorbereitet werden, nicht auf das Leben.
Es gibt andere Alternativen: Gesamtschulen, Gemeinschaftsschulen, Oberstufenzentren, Berufskollegs und zur Not gibt es ein Leben ohne Abitur.
Ich weiß wovon ich rede. Vom Schulversager zum Oberschulrat.

Ich wünsche den jungen Menschen alles Gute.

Roger Kutschki

Antwort auf von Roger Kutschki (nicht registriert)

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"Zur Not gibt es ein Leben ohne Abitur", schreiben Sie. Und damit ist schon alles gesagt. Denn das ist die Gesellschaft des Jahres 2023, in der man "zur Not" eben auch ohne Abi eventuell doch nicht in der Gosse landet.
Als mein Sohn die Schule abgebrochen hat, und ich das noch erzählt habe, bin ich oft dermaßen krass angegangen worden ("Unverantwortlich! Wie kann man das als Mutter zulassen? Naja, vielleicht berappelt er sich ja noch. Eventuell schafft er es ja noch auf dem zweiten Bildungsweg"), dass ich irgendwann einfach nicht mehr darüber gesprochen habe. Das Kind hat einen MSA, arbeitet in der Pflege und sucht gerade einen Ausbildungsplatz. Aber hey - vielleicht kriegt er ja noch die Kurve.

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Wieso kommt man auf die Idee, der Mensch fange erst beim Abiturienten an? Was sage ich den Handwerksmeistern, die selbiges nie brauchten, was erst den Gesellen und Gesellinnen?

Spaß beiseite: Hat jemand der Klagenden schon mal daran gedacht, dass er- sie-es sich mehr vor die Brust genommen hat, als die persönlichen Fähigkeiten zulassen?

....und so ganz nebenbei: Als Handwerker habe ich doch heute rosigere Aussichten als ein Akademiker, der von seiner Firma durch die ganze Welt gejagt oder als Assistenzarzt oder Pädagoge verheizt wird, um dann vor dem 45 Lebensjahr im burnout zu laden.

Aber: Dafür muss man eben anpacken können.

PS: Wenn ich Honig verkaufe, muss die Schrift auf dem Etikett mindestens 3 mmm groß sein - ihr Impressum ist kleiner als 2 mm geschrieben."Denk an die Großeltern-schreibe groß"

MFG Hans Tüten

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Hallo Herr Husmann,

ist es nicht traurig?
Offensichtlich sind viel mehr junge Menschen seelisch krank oder leiden an den Auswirkungen unserer Leistungsgesellschaft.

Unsere Enkel sind 12 und 9 Jahre, also noch vor der kritischen Zeit der Bildungsrevolution, wie in dem Titelthema ausführlich erläutert. In was für einer Gesellschaft leben wir eigentlich, wenn junge Menschen glauben, "Schaff ich mein Abi nicht, schaff ich mein Leben nicht". So stimmt das nicht. Es gibt auch ein sinnerfülltes Leben ohne Abi. Wir brauchen nur die Viellzahl der Aus-bildungsmöglichkeiten für Berufe ohne Abi zu sehen. Auch ist es nicht sinnvoll, dass immer mehr Studenten die Hörsäle füllen. Was wollen die später machen? Warum kann es nicht eine Ausbildung im Handwerk, eine kaufmännische oder technische Qualifikation oder eine Alternative, z. B. Gesundheitswesen oder Bundeswehr sein? Es gibt noch viel mehr interessante Berufe.

Hier sind neben der Gesellschaft natürlich vor allem die Eltern und die Schule gefordert. Diese müssen den jungen Menschen klar machen, was im Leben wichtig ist. Nicht das Abi um jeden Preis. Es gibt so viele tolle Berufe. Rechtzeitig eine qualifizierte und erfahrene Beratung kann einen Weg aufzeigen.

In dieser Woche gab es am Montag im ZDF eine interessante Doku-Reihe: Am Puls - Mitarbeiter gesucht! Das deutsche Job-Desaster. Sarah Tacke zeigt an einigen Beispielen aus der Arbeitswelt, woran es fehlt. Sehr empfehlenswert.

Ihr Bericht macht mich betroffen und nachdenklich. Unsere Gesellschaft ist auf einem falschen Weg. Nur wir zusammen können das ändern.

Viele Grüße
Wilfried Rabe

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Das ist eine feige Suizidformulierung. So wird der Enttäuschung von Eltern und Oma entsprochen. Die glaubten, das intelligenteste Kind der Welt zu haben. Wer ABI mit Leben gleichsetzt hat verloren, bevor er denken kann.

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Diese Texte machen mich krank!
Ja ich bin an diesem Thema noch immer interessiert, obwohl ich schon 82 Jahre alt bin. Also zu alt für Schule?
Ich hab "die Schule" schon gründlich kennen gelernt. Grundschule, Gymnasium, Universität, diverse Lehrtätigkeiten
bis zur Pensionierung. Und das nicht nur bei mir, auch bei 4 Kindern und 6 Enkelkindern.
Man möchte meinen, ich wüßte was ich da schreibe.
Schule war nie leicht, außer für wenige Überflieger, die es immer gab und geben wird.
Ansonsten handelt es sich um altersgerechte Arbeit, kein Freizeitvergnügen.
Sicher, sie kann so gestaltet werde, das ist das didaktische Problem, dass sie oft Spaß macht, aber nie immer.
Man muß sich öfters mal schinden und quälen, wie später im Leben auch. Meinen die "lieben Kleinen" dass sie
im Beruf später da herum kommen?
Man kann es aber auch schwerer machen als nötig: Ein kleines Beispiel, früher hatte man "Schulaufgaben". Die
waren oft nicht leicht oder auch wichtig. Heute haben die Schüler "Klausuren". Das Wort wurde dem universitären
Betrieb entnommen. Es macht die Sache unnötig schwerer und belastender. Die Anpassung nach oben ist
unnötig und erschwerend. Das Gleiche gilt für viele Lehr- und Lerninhalte, die auch nach unten ins Gymnasium
verschoben wurden, um es im Studium einfacher zu haben.
Wenn ich die Statements der jungen Leute lese, kann ich mir nicht vorstellen, wie wir das vor mehr als 60 Jahren
überleben konnten. Ich kann mich noch an Jahre erinnern, da gab es in ganz Niederbayern nur eine Handvoll
Einserabiturienten, manchmal auch nur einen. Heute müssen es in jeder Stadt mindestens ein Dutzend sein! Sollten wir wirklich dümmer gewesen sein, als die heutigen Schüler, oder waren die Abiturprüfungen einfach wesentlich schwieriger?
Gut! Die Coronazeit war hart und schwierig, aber aber dank vieler Hilfen auch zu bewältigen. Kein Grund für
Generationen von Schülern in Verzweiflung zu versinken.
Dieses Gejammer ist unbegründet und beruht auf völlig falschen Vorstellung von der Schulzeit.
Im Handwerk hieß es früher mal: "Lehrjahre sind keine Herrenjahre!"
Mit guten Wünschen für ein gelingendes Leben,
Josef Sattlegger

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Sehr geehrte Redaktion,

was für erbärmliche Jammerlappen!
Haben noch nie Hunger, Kälte, keine Wohnung erleiden, oder Leistungsdruck aushalten müssen , beschweren sich und sehen sich überfordert. Von Wohlstandsverwahrlosung zu sprechen, ist durchaus angebracht.
Millionen Kinder und Jugendliche in dieser übervölkerten Erde wünschen sich nichts sehnlicher, als unterrichtet zu werden und Schulen zu haben, in denen sie lernen können!
Hier stattdessen das weinerliche Jammern über die Schule. Wie wollen diese vier ihr künftiges Berufsleben meistern, wenn sie schon mit der Schule überfordert sind?

Ach ja, es bleibt ihnen noch die Politik, die grüne, wo sich allenthalben Schul- und Berufsversager und Gescheiterte am Leben ein Stellsichein geben. Beispiele: Ricarda Lang, Omid Nuripur, Kathrin Göring-E, Emilia Fester usw. Diese Lebensversager bestimmen jetzt unsere Geschicke mit. Ein Graus ist das!

Diesen Leserbrief werden Sie gewiß nicht bringen, weil schon die Kirche seit langer Zeit mit Linksgrün verbandelt ist. Chrismon erhalten wir als Abbonnenten unserer örtlichen Zeitung, sonst würde ich den Chrismon nie lesen.
Btw, bin kein AfD-ler und keiner anderen Partei angehörig, verfolge als alter Mensch nur mit Sorge all die Fehlentwicklungen bei uns.

MfG
Peter Maronde

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Welch weinerliche Abwertung von denen, die ihnen das Leben liefern. Keine Leistungsgesellschaft! Haben die in ihrer Weltfremdheit noch nicht gemerkt, von wessen Leistungen sie leben? Wohlstand ist ein Ergebnis von Leistung. Ich habe sie auch nicht in dem Mass erbracht, wie es erwartet wurde. Aber ich habe mein Optimum erreicht. Es war dann doch mehr, als alle erwartet haben. Eine süßliche FUN- und Gamergesellschaft kann kein erfolgreiches Gesellschaftsmodell sein.

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Ich hatte eigentlich gedacht, dass die Generation Jammerossi der Vergangenheit angehört, doch ganz offensichtlich ist in der Bildungspolitik eine Koalition mit Jammerwessis entstanden, für die die Einführung des ideologiegetränkten Gender-Sternchens die größte und wichtigste bildungspolitische Errungenschaft des 21. Jahrhunderts darstellt. Nein, es geht nicht um "auswendig können, was Redoxreaktion ist", aber es geht um das Verstehen, dass dieses Phänomen nahezu alle Lebensbereiche durchdringt (s. dazu den Beitrag von "katchem") und man Prozesse in Natur und Technik nur bewerten und verstehen kann, wenn man ein gewisses Wissensfundament (also die "Vokabeln", ohne die keine ernst zu nehmende Wissenschaftsdisziplin auskommt) mitbringt. Aber das ist eben mit Anstrengungen verbunden und die sind weder bei den betreffenden Schülern noch bei Frau Raesfeld, Frau Puder oder Frau Ott gefragt.
Richtig froh machte mich beim Lesen des Artikels, dass mein Sohn in Leipzig das Wilhelm-Ostwald-Gymnasium besucht hat und dort eine Ausbildung genießen durfte, die ihn zur Hochschulreife und zu einem erfolgreichen Berufseinstieg befähigte. An diesem Gymnasium war Leistung allerdings kein zu Hass führendes Übel sondern Anreiz zur Entwicklung der eigenen Persönlichkeit!

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Für mich waren alle Beiträge spannend und interessant zu lesen.
Ich bin selbst Mutter von drei erwachsenen Kindern. Die Schulzeit ist noch sehr präsent in mir.
Als Eltern war uns immer wichtig, unsere Kinder gut zu begleiten.
Wir waren bemüht ihnen zu vermitteln, dass egal mit welchen Ergebnissen sie die Schule abschließen, sie selbst zufrieden sind und für sich gut sorgen können.
Pädagogen sind Lebensbegleiter. Nicht alles gelingt gut im werden und wachsen eines Menschen.
Mir fehlt die Stimme der Eltern in den Beiträgen.
Oft habe ich erlebt, dass die Erwartungen von Eltern an ihre Kinder sehr hoch sind.
Damit das gelingt, werden Pädagogen verantwortlich gemacht für das, was nicht gelingt.
Ja, es braucht viel Lebendigkeit, ein gutes Miteinander, einen wertschätztenden Umgang im Schulsystem.

Antwort auf von Rebecca Lange (nicht registriert)

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Sie haben vorsichtig formuliert, und getroffen. Die Schüler für ihre mangelnde Begabung und das Versagen der Eltern verantwortlich machen? Der Natur die Schuld geben? Unsinn! Aber leider schützt auch das Elternrecht das Fehlverhalten ihrer  Schutzbefohlenen. Das gilt es zu renovleren. Man redet für die individuelle Lebensqualität von der "Work/Life-Bilanz". Vorher sollte man aber reden von einer den Einzelnen und jede Gemeinschaft tragenden ausgewogenen Bilanz von Rechten und Pflichten sowohl für den Einzelnen als auch für den Staat. Aber um Wahlen zu gewinnen ist dieses Thema tabu. Ausserdem riecht für Böswillige eine solche Ansicht gefährlich nach der Sympathie für eine dreckige Farbe. Mit Zumutungen und ohne Not  kann man keine Wahl gewinnen. Das ist das Basisproblem.

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Sehr geehrte Damen und Herren,
wir als zwölfte Klasse eines beruflichen Gymnasiums, mit dem Schwerpunktfach Pädagogik/Psychologie, haben mit Interesse ihren Artikel: „Schaff ich mein Abi nicht, schaff ich mein Leben nicht!“, sowie die dazugehörigen Leserbriefe gelesen und möchten uns diesbezüglich äußern.
Da wir als Schüler*innen täglich mit dem heutigen Schulsystem konfrontiert sind, haben wir zahlreiche Erfahrungswerte und Meinungen sammeln können.
Mit der Aussage des Titels können sich viele Schüler*innen unserer Klasse identifizieren, würden dieser jedoch nicht vollständig zustimmen. Unserem Erachten nach ist es zwar gesellschaftlich favorisiert ein Abitur zu absolvieren, schließt dennoch nicht aus, das Leben ohne dieses erfolgreich zu bewältigen.
Aus unserer Sicht, liegt die Problematik von Überforderung nicht bei den Schüler*innen, sondern im heutigen Bildungssystem. Dieses wurde kaum reformiert, jedoch wurden die inhaltlichen Ansprüche und der Leistungsdruck erhöht. Dadurch kommt es bei zahlreichen Schüler*innen zu einem Streben nach Perfektionismus, welchem Sie nicht gerecht werden können. In Folge dessen erhöht sich der Leistungsdruck abermals. Zudem hat sich die Notenempfindung in den letzten Jahren gewandelt. Für ein gutes Abitur müssen wir mehr tun, als es früher der Fall war und haben einen angehobenen NC als zusätzlichen Druck.
Wir empfinden hier einen besonders hohen Anspruch von vielen Seiten, der sich auch im Vergleich unter den Mitschüler*innen bemerkbar macht.
Als Antwort auf den Vergleich unseres Leidens mit dem Leiden während des Krieges, möchten wir folgendes sagen:
Wir Schüler*innen haben großen Respekt vor der Bewältigung der schlimmen Erfahrung, einen Krieg erlebt zu haben, jedoch finden wir, dass das Vergleichen von Leid in keinem Fall angebracht und fair ist, da jedes Individuum und jede Generation unterschiedlich belastet sein kann und Leid empfindet.
Heutzutage ist es endlich möglich seinen mentalen Zustand, frei und offen äußern zu können und es wird vermehrt als Stärke angesehen, psychologische Hilfe anzunehmen. Wir hätten allen kriegstraumatisierten Menschen gewünscht ebensolche Hilfe zu bekommen und bedauern, wenn Sie diese nicht erhalten haben.
Ein respektvolles Miteinander unter allen Generationen ist uns sehr wichtig und bedeutend für ein gesundes Zusammenleben.
Deshalb finden wir es notwendig für die nachfolgenden Generationen die Umwelt und das damit verbundene Schulsystem nachhaltig und positiv zu verändern, damit ein positives Bild der Schulzeit und der Bildung geschaffen werden kann.
Gerade weil wir offen über psychische Belastungen sprechen können, dieses Thema in Ansätzen zur Normalität dazugehört, sollte gerade jetzt die Chance ergriffen werden das Schulsystem zu ändern.
Wir bedanken uns für die Möglichkeit, diese wichtigen Themen in der Öffentlichkeit zu diskutieren und würden uns sehr über Rückmeldungen, in welcher Form auch immer, freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Die Schüler*innen der SGG 21a+b
und
Barbara Kritzinger

Abitur 1959. Damals gab es so gut wie keine Einser (1 - 1,3) . Leichter war es auch nicht. Auch hatten wir noch die 131er -Lehrer (umgeschulte Offiziere mit 2 Semester). Sie waren häufig sehr gut, aber oft auch traurige Gestalten. Die Noteninflation begann erst, als man es leichter machen wollte und die Softfächer angepriesen wurden. Der beste Schüler ist der, der alles weis. Sagt man, und es ist falsch. Der beste und erfolgreichste Schüler ist der, der gelernt hat, sein Wissen am besten in seinem Kopf für Problemlösungen zu vernetzen. Dazu gehört Abstraktion, Zusammenhänge erkennen, daraus Kausalitäten ableiten. Am schwierigsten ist dann eine verständliche Ergebnisformulierung. Eine reine Wissensintelligenz, ein fotographisches Gedächtnis ist wertlos, wenn sie nicht durch eine gute Verhaltensintelligenz bzw. Führungseigenschaft komplettiert wird. Wieviel "Unsinn" ( einmal gelernt und nie wieder gebraucht!) wird gelernt, der doch eigentlich nur auf "Lerntechniken" vorbereiten soll. Die Vernachlässigung der Naturwissenschaften durch das System ist einer der grössten Fehler. Auch die asiatischen "Drillanstalten" machen kaputt und können nicht das Ziel sein.

Da schwingt etwas mit, was die Realitäten verschleiern könnte. Seit Jahrzehnten die Forderung, dass alles (Leben, Schule, Beruf) leicht, einfach und lustig sein sollte. Fun u. easy die Work/Life-Bilanz. Wenn ernsthaft gemeint, gibt es einen Konflikt mit den eigenen Konsumgewohnheiten und der Leistungsbereitschaft anderer Kulturen. Wie mit der schulischen Bildung das Problem lösen? Und von der Bildung durch das Elternhaus, vom täglichen Allgemeinwissen durch die Gesellschaft, durch die Freizeit und der Community, durch Lesen und Medien wird nicht gesprochen. Denn ohne ein Allgemeinwissen fällt jede Bildung in Einzelteile auseinander. Weil gemeinsam erlebt, bleibt nur noch das Wetter als ein verbindendes Thema.

Sehr geehrte Damen und Herren der SGG 21a+b,

an der erwünschten Rückmeldung soll es nicht fehlen. Sie schreiben: "Wir Schüler*innen haben großen Respekt vor der Bewältigung der schlimmen Erfahrung, einen Krieg erlebt zu haben" Davon rate ich ab. Es gibt überhaupt keinen Grund, vor Krieg und seinen Folgen Respekt zu haben. Im Gegenteil. Kriege und ihre Ursachen sind zu kritisieren, nicht zu respektieren.

Möglicherweise schwebt Ihnen ein Handelsangebot in folgender Art vor: Wir zollen der aussterbenden Generation Respekt, die schon in der Zeit des 2. Weltkrieges und der anschließenden Nachkriegszeit gelebt hat. Als Gegenleistung erwarten wir Respekt für uns. Dieses Angebot wird von Stalingradkämpfern, Abiturienten des Jahrganges 1959 und ähnlichen Helden entschlossen zurückgewiesen. Ein Blick in die Leserkommentare auf chrismon zeigt das.

Weiter schreiben Sie: "Heutzutage ist es endlich möglich seinen mentalen Zustand, frei und offen äußern zu können und es wird vermehrt als Stärke angesehen, psychologische Hilfe anzunehmen." Diesen Zustand begrüßen Sie. Da rate ich ebenfalls ab. Es geht also weiter darum, Stärke zeigen zu müssen. Früher zeigte man Stärke, in dem man behauptete, man wäre gut drauf. Heute zeigt man Stärke, in dem man behauptet, es sei ja nicht so schlimm, man habe bereits psychologische Hilfe in Anspruch genommen, Das ist kein Fortschritt, sondern die Fortschreibung des Zwanges, den gesellschaftlichen Erwartungen entsprechen zu müssen.

Drittens haben Sie geschrieben: "..damit ein positives Bild der Schulzeit und der Bildung geschaffen werden kann." Da würde ich eher empfehlen, ein zutreffendes Bild der Schulzeit und Bildung zu schaffen. Sollte das dann wenig Begeisterung auslösen, wäre zu fragen, warum auch heute weiterhin gilt: Jede Gesellschaft hat die Schule, die zu ihr passt.

Fritz Kurz

Man kann auch "Respekt" als Achtung verstehen. Und so war es im Kontext wohl auch gemeint. Die Alten erzählen immer vom Krieg. Die Jungen können da nicht gleichwertig mitreden. Da bleibt dann nicht mehr viel, wenn die Zukunft so ungewiss ist. Politisch war sie schon immer unbekannt. 1945 u. folg. konnten wir doch immer noch auf die Natur als Sicherung vertrauen. Auch diese Gewissheit wankt. Die Globalisierung könnte mit den kulturellen Leistungsvergleichen und unseren Ansprüchen weitere Probleme bedeuten. Zusätzlich bald noch weitere 2 Milliarden mehr, die unsere Werte schlingern lassen. Noch mehr Bildungs- Drill und angelsächsische Eliteschulen (die Eltern mit 10 verlassen?), um der asiatischen Wissengier und den globalen Anforderungen zu entsprechen? Das kann es ja wohl auch nicht sein. Bildung im Rahmen einer angenehmen Work/Life-Bilanz? Der Weg ist noch zu finden.

"jedoch wurden die inhaltlichen Ansprüche und der Leistungsdruck erhöht."

Dazu hätte ich gern eine Quelle; haben Sie Abiture von vor 20-40 Jahren mit dem heutigen vergleichen? Recherchiert man dazu, findet man eher das Gegenteil, dass das Niveau im Allgemeinen sinkt.

Was den Leistungsdruck angeht, klingt aus Ihrem Post heraus, dass der vor allem selbstgemacht ist. Auch die Noteninflation trägt dazu bei. Es gibt immer mehr Einser-Abiture, macht man ein Abitur mit 3,x ist man heutzutage der Loser schlechthin. Das ist eher etwas, was m. E. schief läuft, diese Fokussierung auf bestimmte Noten, was selbstverständlich Druck erzeugt. Auch die Eltern spielen hier keine unwesentliche Rolle, das habe ich in meinem Berufsleben schon sehr oft feststellen müssen.

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Die einzige,welche einen Lebe- sentwurf hat,ist nach meiner Ansicht Martha.
Alle anderen wären doch besser im Kindergarten mit Kuschelecke aufgehoben.Das Leben ist hart und kein Wunschkonzert!
Wenn ich Ihnen meinen Lebensweg schildern würde,dann wüßten diese jungen Leute wie das richtige Leben funktioniert.
Udo Bidlo
Essen.

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Sehr geehrte Damen und Herren,
Ihr Artikel "Schule macht uns krank" hat mich sehr nachdenklich gemacht. Je länger ich darüber nachdenke, desto mehr denke ich, dass es in diesem Artikel gar nicht so sehr um Schule, sondern um unsere Gesellschaft geht.
1. Druck: Ich bin Vater dreier Kinder, die alle auf ein G8-Gymnasium in Hamburg gehen. Mein Ältester macht jetzt Abitur – und ich kann sagen, die Schule ist nicht anstrengender geworden als früher. Auch das Lernen ist keinesfalls mehr geworden. Er hatte genug Zeit für Sport, Musik, Arbeit in der Kirchengemeinde und sonstige Hobbies. Allerdings haben wir auch nie zu ihm gesagt „ohne Abi wirst Du nichts“. Insofern ist das eine Problem sicher eher der durch Eltern und Umgebung gemachte Druck. Und dies gerade nach dem durch die Pandemie bedingten Schulausfällen. Fatal.
2. Selbstbewusstsein: Zudem haben wir früher die Schule als Institution gar nicht in Zweifel gezogen. Das war halt so und wir mussten da durch. Mit dieser Einstellung erträgt sich manches leichter. Die neue Generation ist da selbstbewusster. Wer aber glaubt, alles beurteilen zu können, leidet schneller, wenn etwas nicht gefällt.
3. Übersensibilität: Ich bin auch langjähriger Sporttrainer von Teenagern und kenne Ihr Verhalten und Probleme in der Pubertät. Ich habe diesen Artikel mit einigen diskutiert – und kaum einer fand sich darin wieder. Ja, da gebe es „diejenigen, die an allem leiden würden“. Ich sage: Es gibt sicherlich eine (nicht kleine) Gruppe von Jugendlichen, die sehr sensibel ist und z.B. selbst Angst hat, mit falsch gewählten Worten jemanden zu verletzen. Unter den Sportlern gendert übrigens keiner.
4. Weltprobleme: Liest man die gewünschten Themen der Schulkinder Ihres Beitrages, dann geht es immer über die großen Probleme der Menschheit. Die können einen mächtig runterziehen, ja. Was wir benötigen sind positive Ansätze. Gerne vernetzte Projekte, die sich mit Lösungen beschäftigen und Hoffnung machen. Gerade darum sollte der Erdüberlastungstag nicht in den Schulen besonders begangen werden. Das macht den Kindern vor allem Angst. Ich bin auch Ausbilder im Unternehmen und erlebe zunehmend junge Menschen, die vor jeder Aufgabe erst einmal verzweifeln. Heute ist die Überwindung, sich der Aufgabe zu stellen und loszulegen, für einige schon ein zu großes Problem…
5. Gott-lose Gesellschaft: Im ganzen Artikel kommt Gott nicht vor und Kirche nur als „Belehrungsanstalt“ oder Veranstaltungsort. Für mich ist die Hoffnung auf einen Sinn des Lebens der große Mutmacher und Antreiber. Wer das nicht mehr kennt und glaubt, hat nur eine Gewissheit. Sicher im Leben ist nämlich nur der Tod. Daran kann man verzweifeln. Und das tun gerade sehr viele.
Mit freundlichen Grüßen
Rainer Bartsch
Hamburg

Das ist eine Antwort der Vernunft, eines erprobten Selbstbewußtseins. Dagegen steht der doch eher weinerliche und leider auch leicht Infantilisierte Weltschmerz, wie er als German Angst von außen belächelt wird. Dabei ist die Angst berechtigt und dies eine nicht leicht eingängige Bewertung. Sie und die Ursachen mit Schuldzuweisungen und noch weniger Belastungen und einer möglichst soften und freudvollen Bildung verändern zu wollen, geht an allen, auch an den von anderen konkurrierenden Kulturen tolerierten Möglichkeiten, vorbei. Die Probleme sind systemimmanent. Sie sind ein Ergebnis unserer Werte, unserer Zahl, unseres Wohlstandes, der Zivilisation und auch unsererer religiösen "Grundausstattung". Ob wir wollen oder nicht. Das tut weh.

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Auf dem Titelbild von Chrismon 05,2023 findet sich die Überschrift : Schule macht uns krank. Der zugehörige Artikel beginnt mit der Schlagzeile : „Schaff ich mein Abi nicht, schaff ich mein Leben nicht.“ Diese Überschriften finde ich erschütternd und – noch schlimmer - menschenverachtend. Ist denn der Mensch erst dann ein Mensch, wenn er das Abitur bestanden hat? Als mache erst das Abitur den Wert des Menschen aus. Daß heute ein Trend besteht, möglichst alle Jugendlichen zum Abitur zu bringen, ist eine Fehlentwicklung in der Bildungspolitik. Sie beruht auf einem falschen Gleichheitsbegriff des Menschen. Die Menschen sind nicht gleich, sie haben aber alle den gleichen Wert. Der Artikel muss allen Menschen, die kein Abitur gemacht haben, das Gefühl geben, sie seien Menschen zweiter Klasse. Das passt nicht zu unserem christlichen Menschenbild.

Bertram von Nesselrode

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