Flüchtlinge
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Gütersloher Verlagshaus
Warum darf sich 2015 nicht wiederholen?
22.08.2021

„2015 darf sich nicht wiederholen.“ Dieser Satz war in den letzten Tagen von Armin Laschet, von Alice Weidel (AfD), von  baden-württembergischen CDU-Innenminister Thomas Strobel und von weiteren führenden CDU-Politikern wie Julia Klöckner, Paul Ziemiak und auch vom CSU-Chef Markus Söder zu hören oder zu lesen.

Also 2015 – was war denn da so schlimm?

2015 war das Jahr, an dem Deutschland beinahe eine Million Flüchtlinge aufnahm und Kanzlerin Merkel den berühmten Satz gesagt hat: „Wir schaffen das“. Und tatsächlich haben Hunderttausende Deutsche als Unternehmer, als Sprachlehrer, als Wohnung zur Verfügung Stellende, als Hilfe Anbietende den Geflüchteten eine großartige Willkommenskultur bereitet, über welche die halbe Welt gestaunt hat.

Die Bilder darüber sind noch im kollektiven Gedächtnis. Der spätere Präsident Frankreichs, Emmanuel Macron, sagte damals in Berlin: „Mit dieser Willkommenskultur hat Deutschland die Ehre Europas gerettet.“

Doch warum schämen sich jetzt plötzlich so viele deutsche Politiker wegen „2015“? Warum darf sich „2015 nicht wiederholen“? Droht Deutschland Unheil?

Ist Migration ein Unglück?

Die meisten der damaligen Flüchtlinge sprechen inzwischen gut Deutsch, haben einen Job, zahlen Steuern und arbeiten für ihren und unseren Wohlstand in Arbeitsplätzen, die viele Deutsche nicht mehr haben wollen. Das Abendland ist tatsächlich nicht unter gegangen. Die meisten Geflüchteten sind gut integriert. Warum aber dann diese lächerliche und feige Aussage führender deutscher Politiker, dass sich „2015 nicht wiederholen darf“?

Es ist Wahlkampf und dabei reden Politiker und Politikerinnen oft nicht nur schrecklich dummes Zeug, sondern biedern sich auch gerne mit populistischen und ausländerfeindlichen Thesen ihren Wählerinnen und Wählern an.

Die Spiegel-Kollegin Margarete Stokowski schreibt zu Recht: „2015 war das Jahr, in dem die Zivilgesellschaft vieles von dem geleistet hat, was die Politik nicht konnte oder nicht wollte.“ Und die Kollegin schreibt weiter: „Was sich nicht wiederholen darf, ist, dass Politiker*innen flüchtende Menschen wie Atommüll behandeln, von dem sie nicht wissen wohin.“

Mit dem fatalen, falschen und feigen Satz „2015 darf sich nicht wiederholen“ lenken führende Politiker  auch von ihrem aktuellen Versagen in der Afghanistan-Politik ab. Das ist dreifach schändlich: Schändlich gegenüber den Geflüchteten von 2015, schändlich gegenüber den deutschen Flüchtlingshelfern von 2015 und schändlich gegenüber jenen Afghanen, die von dieser Bundesregierung in diesen Tagen sträflich vergessen und den Taliban preisgegeben wurden.

Der Satz „2015 darf sich nicht wiederholen“ ist ausländerfeindlich, rassistisch und eine Beleidigung vieler Opfer. Man kann sich für diese Politik nur noch schämen.

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Na ja, entgegen der hier zitierten Aussage von Frau Weidel dürfte sich die AfD durchaus ein zweites 2015 wünschen - möglichst vor dem 26. September.
Herr Dr. Alt befindet sich da in sehr guter Gesellschaft.Eine bessere Wahlwerbung kann er der AfD gar nicht bescheren...
Zur Zeit sieht es allerdings so aus, als ob die Kanzlerin diesmal eine Wiederholung des von ihr damals herbeigeführten Kontrollverlustes an den Grenzen vermeiden will.
Vielleicht möchte sie ja am Ende ihrer Kanzlerschaft wenigstens ein einziges Mal "Schaden vom deutschen Volk wenden und seinen Nutzen mehren", so wie sie es oft genug geschworen hat...

Wer hat hier über was die Kontrolle verloren? Der Staat verliert bestimmt nicht die Kontrolle über das ihm zufließende Menschenmaterial, wenn er die umfangreiche Datenerfassung nicht sofort an der Grenze, sondern ein paar Stunden oder Tage später in seinen idyllischen Auffanglagern oder sonst wo vornimmt.

Der Kontrollverlust liegt ganz wo anders. Anständige Bürger - ja, das kommt ausnahmsweise auch mal vor - haben noch einen Rest von Verstand besessen und die ankommenden Flüchtlinge mit Luftballons und kaltem Tee versorgt. Der Staat hat die Flüchtlinge dann seinem ausgearbeiteten Ausländer- und Flüchtlingsregime unterworfen und sie entweder wieder rausgeschmissen oder sonstigen ziemlich trüben Daseinsformen überlassen. Dieses schauderhafte Zusammenspiel von privater Hilfsbereitschaft und knallharter staatlicher Kalkulation ausgerechnet Willkommenskultur zu nennen, bezeugt einen vollkommenen Kontrollverlust über elementare Begrifflichkeit und Logik.

Fritz Kurz

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Über 90 Prozent der Syrer in Deutschland leben von Sozialhilfe, die deutschen Gefängnisse sind voll mit Afghanen.

Deshalb darf sich 2015 nicht wiederholen.

Antwort auf von Robert K. (nicht registriert)

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Sehr geehrter Herr K.,

korrekt ist: 65 Prozent der in Deutschland lebenden Syrer erhalten Hartz IV-Leistungen (Stand März 2021).

https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/arbeitsmarkt-fuer-fluechtlinge-mehrheit-der-syrer-bekommt-hartz-iv-17436764.html

Mit freundlichen Grüßen

Michael Güthlein

chrismon-Redaktion

Antwort auf von Michael Guethlein

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Sehr geehrter Herr G.
zu der Anzahl der syrischen Empfänger von Leistungen nach SGB II sind noch diejenigen Asylbewerber hinzuzurechnen,welche in den ersten 18 Monaten Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen. Dies sind z.Zt. diejenigen , die seit II/2020 zugewandert sind, also etwa 70 000. Die Anzahl der syrischen Empfänger von Transferleistungen wird also deutlich über 65 % liegen.
Bzgl. der Kriminalität konsultiere man die Statistik des BKA : "Kriminalität im Kontext von Zuwanderung - Bundeslagebild 2020",
insbesondere die Seiten 19 ff. Hier fällt bei den schweren Delikten wie Sexualstraftaten sowie Roheits - und Rauschgiftdelikten auf, daß die meisten Täter aus Afghanistan und Syrien stammen.
Herr K. liegt also mit seiner Einschätzung grundsätzlich richtig.
Das Land verändert sich und im Unterschied zu manchem prominenten Kirchenfunktionär freue ich mich gar nicht darauf...

Und selbst wenn 120 Prozent der geflüchteten Afghaninnen als Vergewaltiger in deutschen Gefängnissen einsitzen und dort die üppigen Transferleistungen verprassen sollten, welche grundsätzlich richtige Einschätzung, die Sie offenbar mit Herrn K. teilen, folgt daraus, Herr Querdenker?

Fritz Kurz

Antwort auf von Robert K. (nicht registriert)

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"die deutschen Gefängnisse sind voll mit Afghanen". Noch voller als mit Afghanen sind die deutschen Gefängnisse übrigens mit Deutschen. Also alle Deutschen ab nach Afghanistan? Oder was?

Der ausländerfeindlichen Stimmungsmache mit Statistik begegnen zu wollen, dürfte nicht weit führen. Der Anfang von Kritik könnte das Aufzeigen der zugrundeliegenden Denkmuster sein. Von denen stellt sich dann allerdings schnell heraus, dass sie keine Spezialität der Populisten sind, sondern aus der berühmten Mitte der Gesellschaft stammen. Daraus folgt etwas Wichtiges, was der geneigte Leser selber schlussfolgern kann.

Fritz Kurz

Umgekehrt wird ein Schuh draus ! Es ist gerade die offizielle Statistik,welche eine von vielen nachvollziehbaren Erklärungen für die zunehmenden Vorbehalte gegenüber bestimmten Ausländergruppen liefert: In Hamburg und Berlin sind bereits mehr als 50 % aller Häftlinge Ausländer außereuropäischer Provenienz. In Sachsen hat sich von I/ 2016 bis 2019 die Zahl der ausländischen Häftlinge verdoppelt, von 482 auf 981.(Quelle:Einfach mal Googeln)
Hochaktuell ist darüberhinaus eine Vorlage des Ministeriums des Inneren von NRW vom 30.08.2021(17/5610) für die Sitzung des Innenausschusses vom 02.09.2021 zum TOP "Plünderungen im Hochwassergebiet" :
Von 145 ermittelten Tatverdächtigen nehmen die Spitzenplätze ein: Rumänen (52),Deutsche (27),Türken (12). Der Rest verteilt sich auf über 20 Nationen.
Bezeichnend ist dabei ist die Bemerkung zu den deutschen Tatverdächtigen : "Sofern Personen neben der deutschen Staatsangehörigkeit weitere Staatsangehörigkeiten aufweisen, sind sie als deutsche Staatsangehörige in der Tabelle ausgewiesen".
Der vorlegende Referent zeigt damit ein heute kaum mehr anzutreffendes Maß an Zivilcourage, denn "veritas odium parit".
Er verdient uneingeschränkte Anerkennung.

Also wie kommen die berühmten Kreise mit den "zunehmenden Vorbehalte(n) gegenüber bestimmten Ausländergruppen" zu ihren zunehmenden Vorbehalten? Weil sie die Schriftenreihen von Eurostat - https://ec.europa.eu/eurostat/de/ - oder destatis - https://www.destatis.de/DE/Home/_inhalt.html - abonniert haben? Dann haben sie begeistert Zahlenkolonnen studiert und sich am Ende bei den Ausländerfeinden engagiert?

Nein, die vaterländischen Kameraden in der Version 1.0 haben sich Springerstiefel und Bomberjacken angezogen und "Ausländer raus" gebrüllt, ohne vorher das statistische Jahrbuch konsultiert zu haben. Weil dieses Vorgehen aber nicht den ersehnten Zulauf brachte, wurde auf Version 2.0 umgestellt. Auch jetzt sind nicht Statistiken der Grund dafür, das Internet mit Vorbehalten gegen Ausländer zu fluten. Das Urteil über Ausländer ist längst gefällt. Jetzt gilt es, Statistiken aufzuspüren, die diese ausländerfeindliche Überzeugung zu stützen scheinen.

Ausländerfeind wird man nicht durch Statistiklektüre. Ausländerfeind wird man so: Zunächst glaubt man den Standardbürgern, die überzeugt sind, mit Marktwirtschaft und Demokratie das große Los gezogen zu haben. Dann merkt man, dass der Ärger im noch vorhandenem oder durch den schon verlorenem Job, die Probleme mit dem Vermieter, der überschaubare Kontostand und die Macken des/der Liebsten nicht passen wollen zum Rundumlob der Verhältnisse.

Diese unschöne Diskrepanz wird von den anständigen Bürgern mit Abweichungen zwischen Ideal und Wirklichkeit erklärt. Die Märkte sind eben nicht so frei, wie sie sein müssten, um Segen für jedermann zu versprühen. Am politischen Ruder sitzen mal wieder die Falschen. Die Chancen waren wieder nicht gleich verteilt oder wurden nicht genutzt. Diese allesamt unzutreffenden Erklärungen leuchten manchem Zeitgenossen nicht ein. Er bevorzugt eine andere, genauso unzutreffende Erklärung: Die Ausländer sind schuld.

Beide Seiten bewaffnen sich dann mit Statistiken, um Ihren Überzeugungen zu Gewicht zu verhelfen. Sie hauen sich diese Statistiken gegenseitig um die Ohren. Das geht an der Sache gründlich vorbei und erfreut sich großer Beliebtheit.

Zu hoher Form laufen diese Albernheiten dann auf, wenn bei Doppelstaatlern zu entscheiden ist, nach welchem Schlüssel der Entschluss zur Kriminalität auf den guten Deutschen oder den bösen Ausländer in Personalunion aufzuteilen ist.

Fritz Kurz

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