Religionsunterricht, Theodor-Heuss-Schule Offenbach
Katrin Binner
Durch die Brille der anderen
Im Religions- und Ethikunterricht in Offenbach lernen jüdische, christliche und muslimische Elftklässler zusammen. Und trainieren, Unterschiede auszuhalten.
Hedwig Gafga, Autorin
Hedwig Gafga, Autorin
06.04.2021

"Wann ist eine Gesellschaft tolerant?", fragt der Lehrer. "Wenn die Mehrheit der Minderheit etwas erlaubt", sagt ein Schüler. "Da ist die Minderheit untergeordnet", meldet sich der nächste zu Wort, "und die Mehrheit bestimmt." – "Die Mehrheit duldet die Minderheit", sagt ein Weiterer, "die Minderheit darf tun, was sie möchte. Aber nur, solange die Mehrheit nicht davon betroffen ist." – "Das nenne ich eine schwache Toleranz", sagt eine Schülerin, "das würden wir uns so nicht wünschen."

Für den muslimischen Lehrer Yunus Demir ist das Projekt "ein Stück Lebens-identität" geworden 

Zu Wort gemeldet haben sich Nicolas, Bülen und ­Esra. Sie haben eine klare Vorstellung davon, welche Toleranz sie sich wünschen und welche nicht. Die drei leben in ­Offenbach am Main, der Stadt mit dem höchsten Aus­länderanteil in Deutschland. Sie besuchen die elfte ­Klasse der Theodor-Heuss-Schule (THS), eines beruflichen ­Gymnasiums in einem weißen, dreistöckigen Zweckbau am Rande des Stadtzentrums. Sie, wie auch zwei Drittel ihrer Mitschülerinnen und -schüler, stammen aus zugewanderten Familien – aus der Türkei, aus Süd- oder Osteuropa oder aus Marokko. 

Hedwig Gafga, Autorin

Hedwig Gafga

Hedwig Gafga, Journalistin, fragt sich, was nach Corona vom Projekt übrig bleibt. Sie hofft: viel. Und spätes­tens wenn Frau de Nève die Standbilder ins Spiel bringt, wird ausprobiert und gelacht.
Privat

Katrin Binner

Katrin Binner, Foto­grafin, hätte bei den "lebenden Bildern" gern mitgemacht, so ansteckend wirkte die Kreativität der Schüler:innen. Sie fand auch toll, wie konzentriert die Stimmung war – trotz ­Masken und ­Lüftungspausen.

Im Religionsunterricht reden sie heute über Toleranz – und sind sich ausnahmsweise einig: Nur geduldet zu sein, ist ihnen zu wenig. An anderen Tagen geht es kontroverser zu: wenn die Jugendlichen über Gottesvorstellungen diskutieren. Oder darüber, was die Religion ihnen erlaubt oder verbietet. Dann bleiben die Gegensätze im Raum stehen. Niemand löst sie auf. In diesem Religionsunterricht lernen die Jugendlichen nicht die Grundsätze ihrer Religion. Hier lernen sie, einander ausreden zu lassen, fair zu diskutieren. Nicht einmal die Lehrerinnen und Lehrer wissen, wie die Dialoge ausgehen.

Für die Jugendlichen in der Theodor-Heuss-Schule ist Vielfalt normal

Ist das Religionsunterricht, wie ihn Grundgesetz­artikel 7, Absatz 3, vorschreibt? Dort steht, dass Religionsunterricht an öffentlichen Schulen ordentliches Lehrfach ist und "in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religions­gemeinschaften erteilt wird". Also müsse er nach Reli­gions­gemeinschaften getrennt und nach den Vorstellungen von Kirchen- und Verbandsvertretern erfolgen, lesen viele daraus. In Offenbach sehen sie das ein bisschen anders.

"Goethe hat diese Form von Toleranz kritisiert", fährt der Lehrer fort. Er heißt Yunus Demir, ist Muslim und wurde eigentlich mal dazu ausgebildet, Mathematik und Ethik zu unterrichten. Nun konfrontiert er die Schüler im Religions- und Ethikunterricht – Muslime, Katholiken, Protestanten und Jugendliche anderer oder gar keiner Religion – mit Definitionen von Toleranz. Es müsse ja nicht immer die Mehrheit die Minderheit tolerieren, fährt Herr Demir fort. Manchmal tolerieren auch gleichstarke ­Gruppen einander und koexistieren friedlich. "Bekommt eine von ihnen mehr Macht, wird’s schwierig", fällt Abdel dazu ein. "Waffenstillstand", ruft Milisa. 

"Einer hat eine so warmherzige Geschichte erzählt, das hätte ich nie von ihm gedacht." Daniel, Schüler

Toleranz heißt nicht, einfach alles geschehen lassen

Es ist Viertel nach neun, ein Vormittag Ende Oktober 2020. Die 24 Schülerinnen und Schüler, der Lehrer und ­eine weitere Lehrerin im Raum tragen Masken. Wenn nicht das Coronavirus den Unterricht in den Klassenzimmern erzwungen hätte, sie säßen jetzt im Souterrain. Dort hat die Schulleitung Räume für den Religions- und Ethikunterricht in den elften Klassen freigegeben. Dort wird normaler­weise im open floor unterrichtet, das heißt: zwei elfte ­Klassen, zwei Lehrer, die Türen bleiben offen, damit sich die ­Jugendlichen mit ihren Fragen auch an die Lehrkraft der Parallelklasse wenden und sich untereinander austauschen können. Der dritte Raum heißt "Teppichraum". Hier wird gebetet, meditiert oder werden Schülerarbeiten präsentiert

Aber derzeit ist es nicht erlaubt, dort unten durcheinanderzuwuseln. Um alle Beteiligten vor Covid-19 zu ­schützen, bleiben die Jugendlichen in ihren Klassen­räumen. Heute gilt es nicht nur, Dialog und Zuhören zu üben. Es gibt da noch die drei Toleranzmodelle des Philosophen Rainer Forst zu verstehen. "Erlaubnis-Toleranz" und "Koexistenz- Toleranz" hat Yunus Demir schon angesprochen. Eines fehlt noch: der Respekt. "Da wird die Person an sich respektiert", sagt Ismael. "Aber warum respektiert man einen Menschen?", fragt Herr Demir zurück. "Weil ich von ihm genauso behandelt werden will", antwortet Ismael, "ich ­respektiere ihn, obwohl ich von seiner Meinung gerade nicht begeistert bin."

"Ja", sagt Herr Demir, "zur Toleranz gehört immer auch eine Ablehnungskomponente. Zum Beispiel beim Rauchen. Du magst es nicht, dass der andere raucht, tolerierst es aber – in begrenztem Maß. Auf keinen Fall bedeutet Toleranz, alles einfach geschehen zu lassen." 

Den Zusammenhalt stärken 

Entwickelt wurde das bundesweit einmalige Unterrichtsmodell unter dem Titel "Verschiedenheit achten – Gemeinschaft stärken". Eine Gruppe von engagierten ­Offenbacher:innen hatte sich nach dem Schock des Atten­tats vom 11. September 2001 zusammengefunden, um ­etwas gegen die wachsende Verunsicherung zu tun.

Ihr Gedanke: Wenn wir der Polarisierung der Gesellschaft etwas entgegensetzen wollen, dürfen wir die ­Kinder im Religionsunterricht nicht mehr separieren. ­Gemeinsam lernen hieß die neue Devise, gerade in ­Religion und Ethik. Sich selbst und die anderen besser kennenlernen, er­fahren, worauf es im Zusammenleben ankommt. ­Mittlerweile spricht man vom "Offenbacher Modell". 

Sich selbst kennenlernen

Das deutsche Grundgesetz fordert einen von den jeweiligen Konfessionen verantworteten Unterricht. Das Offenbacher Lehrerteam wollte von Anfang an die Zusammensetzung der Schülerschaft widerspiegeln: ein muslimischer und ein katholischer Lehrer, eine evangelische Lehrerin und eine Ethiklehrerin. Islamunterricht gab es Anfang der 2000er Jahre in Hessen nicht, Muslime und nicht konfessionell gebundene Schüler besuchten damals meist das Ersatzfach Ethik. Weil der Lehrer Yunus Demir ehrenamtlich auch in der Jugendarbeit seiner muslimischen Gemeinde aktiv ist, hatte man ihn für das Lehrerteam für den interreligiösen Unterricht angefragt. Erst zögerte er. Auch weil er gar nicht Islamwissenschaft studiert hat.

Nach und nach habe er verstanden, worum es eigentlich gehen sollte, sagt Yunus Demir nach der Unterrichts­stunde. Dass man erst mal sich selbst kennenlernt, dann Werkzeuge für den Dialog in die Hand bekommt, zum Beispiel die "dialogische Brille". Eine echte Brille. Jugendliche und Lehrer jedes Jahrgangs müssen sie selbst basteln. Und wer sie sich auf die Nase setzt, soll sich an die grundlegende Haltung erinnern: auf die anderen zu achten. Wahrzu­nehmen, was Schüler und Lehrer aus anderen Religionen und Weltanschauungen zu sagen haben, Lehrer und Schüler möglichst gleichberechtigt.

Es geht darum, ­einen Dialog zu führen. Nicht ums Diskutieren, also darum, selbst den besten Beitrag zu liefern, das lernt man ja auch so schon zur Genüge in der Schule. Früher seien für ihn Mathematik und Ethik wichtig gewesen, sagt Demir: "Religion kam an der Schule nicht vor. Dafür gab es kein Setting. Man zeigte sich nicht. Mittlerweile ist das Projekt ein Stück mit zu meiner Lebensidentität geworden." 

Wie kann man Toleranz darstellen? Vielleicht mit ausgestreckten Armen, die wie eine Waage aussehen 

Niemand wird ausgelacht

 Laut Grundgesetz verantworten die Religionsgemeinschaften die Inhalte des Religions­unterrichts und erteilen den Lehrkräften ­eine Lehrerlaubnis. In Offenbach verantwortet das Lehrerteam diesen Religionsunterricht selbst. "Wir sind im Duldungsstatus", sagt Schulleiter Horst Schad. Vonseiten der Schulaufsichtsbehörden bestünden Bedenken, ob das Projekt den Vor­gaben der Verfassung entspreche. Schad hofft aber, anderswo könnten ähnliche Projekte entstehen. Das Signal sei: "Weitermachen", sagt Carolin Simon-Winter, Schulpfarrerin und Fachleiterin. Sie war es, die das Projekt mit ins Leben gerufen und bis Sommer 2020 geleitet hat. Noch ist Carolin Simon-Winter als Schulpfarrerin mit sechs ­Wochenstunden an der THS, bald wechselt sie ganz in die Lehrerausbildung.

Und was sagen die Jugendlichen dazu? Ein Junge mit Käppi, Aufschrift "Offenbacher Original", findet das ­Offenbacher Modell "viel besser" als getrennte Religions- und Ethikgruppen, weil "mehr Vertrauen" da sei. Hier ­werde es persönlicher, sagt Ayoub. Die wichtigste Regel sei: "Keiner wird verhöhnt oder ausgelacht." An dem Punkt sind die Lehrer streng. "Hier haben wir mehr Lehrer, sie können unsere Fragen beantworten", sagt Umut. 

Stille aushalten

Der Junge mit dem Käppi, Ayoub und Umut gehören zur Klasse von Yunus Demir. Noch während der Unterrichtsstunde fliegen die Türen auf, im Flur wird es lebhaft. Die Jugendlichen sollen sich in kleineren Gruppen Standbilder ausdenken: Wie sieht es aus, wenn Toleranz nur Duldung ist, wie, wenn sie als ein Nebeneinanderher verstanden wird? Woran wird ein respektvoller Umgang erkennbar? Zwei Schüler bauen sich voreinander auf, wie zwei, die hitzig debattieren. Einer ruft dazwischen: "Hey, bist du krank? Nur reden und am Ende gibt man sich die Hand? Es soll auch was abgehen. Nicht so neutral!" Nun machen sie sich groß, schieben ein Bein nach vorn, halten die erhobenen Hände dem anderen wie ein Stoppschild vor die Brust.v

Acht elfte Klassen hat die Theodor-Heuss-Schule in ­diesem Schuljahr. Yunus Demir unterrichtet eine dieser Klassen – zusammen mit seiner Kollegin Dalila de Nève, der Ethiklehrerin. Im unteren Stockwerk unterrichtet derweil das zweite Lehrerteam denselben Stoff: Toleranz. ­"Augen zu. Stille aushalten", ruft Burkhard Ross­kothen, der katholische Religionslehrer. Auch die Jungs mit schwarzen Wollmützen klappen die Augen zu. Stille.

Burkhard Rosskothen ist der Katholik im Lehrerteam und seit sieben Jahren dabei. Er sagt, er liebe an diesem Religionsunterricht, dass er keine fertigen Antworten biete, sondern sich öfter in eine Kreativwerkstatt verwandele. Jetzt leitet er die Phase mit den Standbildern an. 

Einander achten

Seine evangelische Kollegin Myriam Bär kennt inter­konfessionellen Religionsunterricht von ihrer früheren Schule, der Deutschen Evangelischen Oberschule in ­Kairo, von der sie vor einem Jahr nach Offenbach am Main ­wechselte. Wegen des Offenbacher Modells, sagt sie. ­Myriam Bär stellt den Schülern die Aufgabe zu den Standbildern: "Erst mal nur beschreiben". Ein Junge sagt: "Die stehende Gestalt breitet ihre Arme waagerecht über die anderen aus. Die drei links sitzen alle gleich, die drei rechts sitzen unterschiedlich." Zögernd sagt eine Schülerin: "Die ausgebreiteten Arme sehen aus wie eine Waage. Kann heißen: Jeder wird gleichbehandelt." Eine Schülerin, die das Standbild mitgestaltet hat, erklärt: "Das Gesetz gilt für alle. Da herrscht Gleichheit. Aber die drei auf der einen Seite dürfen verschieden sein. Sie werden darin geachtet."

Die nächste Doppelstunde hat das Lehrerteam Demir, de Nève, Rosskothen und Bär schon fertig geplant. Die Jugendlichen bekommen einen achtminütigen Ausschnitt aus dem Film "Brokeback Mountain" über die Liebe zweier Männer in den USA der 60er Jahre zu sehen. Der Ausschnitt zeigt die Szene, in der die Ehefrau des einen Mannes sieht, wie er den anderen küsst. Burkhard Rosskothen kennt die Reaktion der Schülerinnen und Schüler schon aus früheren Jahren. Da gehe manchmal ein Aufschrei durch die Klasse, sagt er. Die Schüler werden gefragt: Was fand ich schön, was schrecklich? Was kann ich tolerieren, was nicht? ­Yunus Demir erinnert sich an einen Schüler, der erst gesagt habe: "Ich mag diese Lebensweise nicht", und später ergänzte: "Aber ich toleriere sie." 

Nur in den elften Klassen 

Wichtig ist den vier Kolleginnen und Kollegen auch der Kontakt zu den Gemeinden in Offenbach. Sie be­suchen mit ihren elften Klassen Kirchen und Moscheen. Für ­manche sei der größte Schritt der Besuch der Synagoge, sagt Rosskothen. Auch für die jüdischen Schüler sei er bedeutsam. "Erst wenn sie Vertrauen gefasst haben, erzählen sie offen, dass sie jüdisch sind." Wenn er auf den Fluren höre, wie einer den anderen mit "Du Jude" anranze, ­spreche er die Schüler darauf an, sagt Rosskothen. "Das hat nichts zu bedeuten", wiegelten die Jugendlichen meist ab. "Genau darum sagen Schüler manchmal lieber nicht, dass sie ­Juden sind", antworte er dann.

Nur in den elften Klassen unterrichtet das Lehrerteam gemeinsam. Danach ­werden die Schüler:innen in Religion und Ethik auf das Zentralabitur vorbereitet, ­wieder getrennt nach Konfessionen, wie es der hessische Lehrplan vorsieht. Frage an sechs Jugendliche aus den zwölften Klassen der Theodor- Heuss-Schule, an Nesslihan, Nadja, Hamrah, Nina, Lisa und Daniel: Welche Erinnerung habt ihr an den gemeinsamen Religionsunterricht in der elften Klasse? 

Es bleiben Fragen offen - gerade das ist toll

Nesslihan: "Anfangs saßen wir im Sitzkreis. Wir waren nicht nach Religionen getrennt. Später versammelten wir uns klassenübergreifend im Teppichraum. Da lagen Begriffe wie ‚Mut‘, ,Vernunft‘, ,Glaube‘, ,Bewegung‘ auf dem Boden. Wir haben uns den Begriffen zugeordnet und dazu Standbilder entwickelt."

Nadja: "Das war nicht wie Unterricht, sondern wir ­haben mehr selbst erarbeitet."

Hamrah: "Das ist ein freies Ding. Es gibt nicht immer ein Resultat. Das wirkt weiter. Da bleiben offene Fragen, die mich weiter beschäftigen."

Mehrere erzählen: "Es geht um Erfahrungen aus dem eigenen Leben." "Wir haben drei Dinge, die symbolisch für etwas Wichtiges stehen, mitgebracht und dazu erzählt. Manchmal haben wir geweint, manchmal gelacht. Vor allem haben wir das gemeinsam gemacht."

Nina: "Was ich jetzt am meisten vermisse: Dieses ­Mitei­nanderreden über unsere Erfahrungen und was wir miteinander zu tun haben. Jetzt sprechen wir in Reli über Jesus, monoton. Dieses Abenteuerliche fehlt einfach."

Lisa: "Wir lesen in Ethik Platon und so. Da zählen nur die Texte, nicht wir."

Hamrah: "Als Griechenland damals die Grenzen vor den Flüchtlingen schloss, haben wir überlegt: Wie kann man solche Konflikte lösen? Wir haben verschiedene ­Lösungswege entwickelt."

Daniel: "Als wir am Anfang des Schuljahres davon erzählt haben, was uns wichtig ist, hat einer, der immer kalt auf mich gewirkt hatte, eine so warmherzige Geschichte erzählt. Das hätte ich nie von ihm gedacht."

Hamrah: "Nach deiner Geschichte kamen Leute auf dich zu: ‚Krass, dass du das erzählt hast. Ich fühl mit dir.‘" 

Infobox

Staat und Religion

 

In Deutschland sind Staat und Religion getrennt, zugleich arbeiten Staat und Religionsgemeinschaften in vielen Bereichen zusammen. Vor diesem Hintergrund ist Artikel 7 im Grundgesetz (GG) zu verstehen. Er regelt, dass der Religionsunterricht an öffentlichen Schulen ordentliches Lehrfach ist und "in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaft erteilt wird". Das heißt, der religiös-weltanschaulich neutrale Staat organisiert den Unterricht, trägt die Kosten, und der Unterricht muss den staat­lichen Erziehungszielen entsprechen. Die Reli­gionsgemeinschaften bestimmen die Details des Lehrplans und beglaubigen die religiöse Befähigung der Lehrenden.

Für den christlichen Religionsunterricht hat der Staat in den beiden Kirchen langjährige Partner, für den jüdischen Religionsunterricht arbeitet er mit den jüdischen Gemeinden zusammen. Beim Islamunterricht fehlen vielerorts rechtlich anerkannte Partner. Einige Bundesländer kooperieren mit den islamischen Dachverbänden, ­ die meisten haben aber die Zusammenarbeit mit dem größten Moscheeverband Ditib wieder aufgekündigt, weil sie den Einfluss der Türkei auf Ditib fürchten. Andere Länder wie Nordrhein- Westfalen haben Beiräte oder Kommissionen berufen, in denen neben den Islamverbänden auch kleine muslimische Gruppen und Einzelpersönlichkeiten vertreten sind.

Bayern will künftig Islamunterricht in staat- licher Regie ohne religiöse Partner anbieten. Die Inhalte erarbeitet das Bildungsministe- rium zusammen mit der Universität Erlangen-­Nürnberg. Hessen weitet sein Modellprojekt ­ "Staatlicher Islamunterricht" aus. Wenn der Staat allein für die Inhalte verantwortlich ist, entspricht der Religionsunterricht nicht GG Artikel  7, man spricht dann eher von Islamkunde.

Um der wachsenden religiösen Vielfalt Rechnung zu tragen, bietet Hamburg "Religionsunterricht für alle" an: Schüler:innen werden im Klassenverband von wechselnden Lehrkräften unterrichtet, mehrere Religionsgemeinschaften ­verantworten die Inhalte gemeinsam. Anders an der Offenbacher Theodor-Heuss-Schule, wo die Verantwortung für den Unterricht bei den Lehrerinnen und Lehrern liegt, die in ihre ­jeweilige Konfession eingebunden sind.

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Erst wenn Mensch nicht mehr im Wettbewerb zusammen lebt, also wenn die Werteordnung nicht mehr korrumpiert werden kann, wird Toleranz zweifelsfrei-eindeutig und wirklich-wahrhaftig "wie im Himmel all so auf Erden".

Antwort auf von Horst (nicht registriert)

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Höchstwahrscheinlich ist der Tod Jesus nur eine Geschichte der immernoch bewusstseins-/glaubensschwachen Schuld- und Sündenbocksuche, und Jesus hatte sich aus Frust über die Menschen einfach von der Bewegung getrennt - zum Frust, diese deutliche Geschichte: Matthäus 21,18-22

Auf jeden Fall ist es wie heute offensichtlich immernoch falsch, dass nur eine Partei/Volksgruppe schuld war/ist.

Die (wettbewerbsbedingte!) Dummheit der Menschen, die immernoch verhindert, dass Mensch als ganzheitliches Wesen das Ebenbild von Gott/Vernunft und Geist/Verantwortung "wie im Himmel all so auf Erden" gottgefällig fusioniert-gestaltet, ist seit Jesus nicht geringer geworden, im Gegenteil.

Antwort auf von Horst (nicht registriert)

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Dass Jesus vielleicht bereits aus Christentum/Glaube/Gottesebenbildlichkeit ausgetreten war, bevor die richtig in Schwung gekommen waren, ist eine interessante Vorstellung. Aber Jesus war an der genannten Bibelstelle doch nicht über seine Zeitgenossen gefrustet, sondern hatte Hunger. Deshalb grollte er dem fruchtlosen Feigenbaum und verfluchte ihn erfolgreich, publikumswirksam und mit sofortiger Wirkung. Das müssten Sie mir noch erläutern, lieber Herr Horst!

Traugott Schweiger

Antwort auf von Traugott Schweiger (nicht registriert)

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Ach, die Reaktion / blöde Frage der Jünger, die ist gänzlich uninteressant?

Antwort auf von Horst (nicht registriert)

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Die Frage der Jünger ist weiter nicht bemerkenswert. Die wussten, dass Bäume zum Vertrocknen Wochen, Monate, wenn nicht Jahre brauchen und gaben ihrer Verwunderung darüber Ausdruck, dass der Feigenbaum von jetzt auf gleich eingegangen war.

Sehr aufmerken sollte man allerdings auf die Antwort, die der Meister zu bieten hatte. Als Religionsstifter vollbringt man Wunder schließlich nicht zum Spaßvergnügen, sondern mit voller Absicht. Welche? Das Jüngervolk sollte auf das Gebet verpflichtet werden. In schönster Werbemanier wird in Aussicht gestellt, dass nach der Gebetsverrichtung alle Wünsche wahr werden. Soweit immerhin nur falsche Versprechung. Der eigentliche Hammer ist die Behauptung, dass im Falle eines grandiosen Reinfalls dies nicht zum Anlass genommen werden darf, leise Zweifel, wenn nicht gar Kritik an der vollmundigen Versprechung zu entwickeln. Das darf auf keinen Fall sein. Wenn der Berg doch keinen eindrucksvollen Kopfsprung ins Meer macht, dann haben die Jünger eben nicht genügend tüchtig geglaubt beim Beten.

Dies ist die altbekannte autoritäre Tour, Kritik grundlos zurückzuweisen und statt dessen dem, der Zweifel entwickelt, Schuld zuzuweisen.

Diese Tour hat nicht nur Jesus drauf gehabt. Wer heutzutage an die Versprechung glaubt, ein Aluhut schütze vor Covid-19, erlebt genau dasselbe. Wenn er trotz seines glaubensvoll getragenen Hutes auf die Intensivstation muss, dann erweist sich nicht sein Glaube als Irrtum, sondern er hatte den Hut eben nicht richtig aufgesetzt. Wer heutzutage an die Versprechung glaubt, er müsse nur immer engagiert und fleißig sein, dann würde er es zu etwas bringen, erlebt genau dasselbe. Wenn er trotz aller Fortbildung, Anstrengung und Lesens psychologischer Ratgeber bei Hartz IV landet, dann erweist sich nicht der Spruch "Jeder ist seines Glückes Schmied" als gefährlicher Irrtum, sondern der Zeitgenosse hat sich eben nicht genügend oder falsch abgemüht.

Übrigens: "Jesus kam gerade aus dem Tempel, wo er den Geldwechslern die Tische umgehauen hatte." Nein, dieses unglaubwürdige Rowdytum - Geldwechsler lassen sich nicht von einem Einzelnen gleich reihenweise die Tische umhauen - hatte schon am Tag vorher stattgefunden. Jesus hatte die Nacht in Betanien verbracht. Und bitte nicht die Attacke auf die Geschäftseinrichtung von Taubenhändlern und Geldwechslern mit irgendwelchen linken Umtrieben verwechseln. Jesus hatte überhaupt keine Kritik am Geldwechslergeschäft. Ihn wurmte, dass das Bethaus entweiht wurde. Also auch wieder die berechnende Sorge ums richtige Beten, siehe oben.

Traugott Schweiger

Antwort auf von Traugott Schweiger (nicht registriert)

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Schweiger: "Wenn er trotz aller Fortbildung, Anstrengung und Lesens psychologischer Ratgeber bei Hartz IV landet, dann erweist sich nicht der Spruch "Jeder ist seines Glückes Schmied" als gefährlicher Irrtum, sondern der Zeitgenosse hat sich eben nicht genügend oder falsch abgemüht."

"Individualbewusstsein", so wie das wettbewerbsbedingte Treiben, kann einem spirituellen Menschen nur dann so richtig stören, wenn die Heuchelei offensichtlich zur schamlosen Verlogenheit im Kern wird.

Mensch bedeutet ALLE, und weil das besonders in der Vorsehung der "göttlichen Sicherung" (die begrenzte Kraft des Geistes) schwer oder nur inspirierend über die Zeit zu vermitteln ist, hatte Jesus sicher mit gleichen emotionalen Problemen zu kämpfen - ich hätte bei allem/selben Verständnis nicht annähernd die gleiche Beherrschung!

Antwort auf von Horst (nicht registriert)

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Dieser bürgerliche ideologische Schlager will erstens darüber hinwegtäuschen, dass es "die Menschen" überhaupt nicht gibt, sondern "der Mensch" nur vorkommt als Arbeitgeber oder Arbeitnehmer, Vermieter oder Mieter, Politiker oder Bürger, Arzt oder Patient usw. Zweitens will das Beharren auf der Gleichheit nicht wahrhaben, dass durch die Gleichbehandlung, insbesondere die rechtliche, die tatsächliche Ungleichheit am Laufen gehalten wird.

Dieser Fehler dann übertragen in die luftigen Höhen des Glaubens, der Spiritualität und sonstiger Vorstellungswelten ergibt weitere Irrtümer.

Wenn Sie wieder mal Lust auf Diskussion haben, lieber Herr Horst, stehe ich gerne zur Verfügung.

Traugott Schweiger

Antwort auf von Traugott Schweiger (nicht registriert)

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Jesus kam gerade aus dem Tempel, wo er den Geldwechslern die Tische umgehauen hatte.

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"Ich mag diese Lebensweise nicht", und später ergänzte: "Aber ich toleriere sie."

Ja , das gehört sich so. Ein braver Schüler weiß, was er zu sagen hat. Oder ist er nur gehorsam ?
Das ist Aufklärung und Erziehung mittels Religion.

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