Das unüberlegte Geschenk
Das unüberlegte Geschenk
Kati Szilagyi
Das unüberlegte Geschenk
Stefanie Schardien, Pfarrerin in Fürth und "Wort zum Sonntag"-Sprecherin, beantwortet für chrismon jeden Monat kniffelige Lebensfragen.
Stefanie SchardienARD/BR/Markus Konvalin
22.10.2020

Jutta B. aus Essen fragt:

"Eine langjährige enge Freundin von mir bringt, wenn sie ein­geladen ist, immer etwas mit. Und mir scheint, sie greift dann zu Hause einfach irgendwas, nur um nicht mit leeren Händen zu kommen. Neulich wieder, und da habe ich ihr die CD zurückgegeben: "Liebste Freundin, ich brauche keine Geschenke. Aber wenn – dann bitte für mich ausgesucht." Stellte sich heraus: Just in diesem Fall hatte sie dieses Musikstück ganz bewusst für mich gewählt – aber mir zu einer anderen Feier Espressotassen weitergeschenkt, wo im Karton dann sogar ein Teller fehlte. Alles andere habe ich nicht aufgerollt, das ist zu lange her. Jetzt ist sie gekränkt, weil ich ihr das pauschal unterstellt habe. Habe ich überreagiert?"
 

Stefanie Schardien antwortet: 

Auch wenn Freunde "Gottes Ent­schuldigung für Verwandte" (George Bernard Shaw) sein sollen, haben es wohl viele von uns schon erlebt: Freundschaften können kompliziert werden. Etwa dann, wenn ich mich bei aller Zuneigung wiederholt enttäuscht fühle. In Ihrem Fall verknüpft sich das mit dem nicht minder komplexen ­Thema des Schenkens. Überlegungen darüber, wer was und warum mit ­welchen Gaben beabsichtigt oder erlebt, füllen ganze Bibliotheken. Nicht nur beim Geschmack, sondern vor allem beim Geben und Nehmen läuft nun zwischen Ihnen und Ihrer Freundin im Wortsinn etwas "schief".

Stefanie SchardienARD/BR/Markus Konvalin

Stefanie Schardien

Die Theologin Stefanie Schardien, geboren 1976, ist Theologische Geschäftsführerin des Gemeinschaftswerks der Evangelischen Publizistik, wo auch chrismon erscheint.

Ohne den Frust anzusprechen, würde Ihre Freundschaft – zumindest für Sie – dauerhaft belastet. Das kann auch für Ihre Freundin, bei aller momentanen Verletztheit (oder Scham?), keine Option sein. Setzen Sie sich – geschenkefrei – zusammen und hören, was der anderen gefällt und was Ihnen bei ­Treffen wichtig ist. Vielleicht gibt es eine für Sie beide passende Verabredung: Zum Beispiel, dass Sie sich, wenn überhaupt nötig, etwas Leckeres mitbringen, das Sie dann gemeinsam genießen können. Denn wie schon Charles Dickens wusste: "Nichts ist wertvoller als ein guter Freund, außer ein Freund mit Schokolade."

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Was habe ich mich schon über Geschenke geärgert! Das Makrameekörbchen, das Strohblumengesteck, das Plüschtier. Warum soll ich mir die Details unserer Einrichtung von Besuchern bestimmen lassen? Bei dem nächsten Besuch wird dann das Vorhandensein geprüft. Unsere Hilfe ist schon ganz verzweifelt, weil ich ihre Bewunderung für alle Arten von Düften nicht teile. Was mußte ich schon lügen und heucheln, nur um des lieben Friedens Willen. Denn es war klar, kam nicht die gebührende Resonanz, hing der Segen schief. Man merke, die höfliche Lüge ist immer noch friedlicher als die ungeschminkte Wahrheit. Aber es gibt eine Lösung:

Drum gebe, was nicht selten ist, die Gabe, die Du nicht vermisst, an Andere, weil es billig ist. Aber wenn sie einen Kreislauf macht und als Bumerang Dir Ärger macht, dann hast Du etwas falsch gemacht.

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