Begegnung - Kein Mitleid mit den Jungs
Begegnung - Kein Mitleid mit den Jungs
Sebastian Arlt
Bloß nicht gleich wieder Mitleid mit den Jungs!
Denn das nervt, sagt Schauspielerin Maria Furtwängler. VW-Vorständin Hiltrud Werner weiß, wie man sich unter Männern Gehör verschafft. Empfindlich darf man nicht sein.
Tim Wegner
Tim Wegner
01.09.2019

chrismon: Frau Werner, stimmt es, dass Sie einen Lkw-Führerschein haben?

Hiltrud Werner: Ja, in der DDR war es billiger, den Lkw-­Führerschein zu machen als den Pkw-Führerschein. Damit habe ich bei ehrenamtlichen Katastrophenschutzübungen des Roten Kreuzes die Laster mit Zelten in das übungs­weise zu evakuierende Stadion fahren dürfen. Das war spannender, als rot aufgepinselte Wunden zu verbinden.

Maria Furtwängler: Als Vierjährige wollte ich auch unbedingt Lkw-Fahrerin werden. Ich habe eine Frau gesehen, die mit kräftigen Armen an einem großen Steuer saß und einen, in meinen Augen, riesigen Bus gesteuert hat. ­Diese Fähigkeit wollte ich auch haben. An dem Beispiel sieht man ganz schön, dass die Sehnsucht, "ein großes Rad zu drehen", a priori auch bei Mädchen vorhanden ist, nur fällt sie gesellschaftlich oft nicht auf fruchtbaren Boden.

Sebastian Arlt

Maria Furtwängler

Maria Furtwängler, 52, ist Ärztin und Schauspielerin, 
sie ist vor allem als 
Tatort-Kommissarin Charlotte Lindholm bekannt. Am 25. September um 20.15 Uhr läuft in der ARD 
der Spielfilm "Nachts ­baden", in dem sie ­eine Mutter und Rocksängerin spielt. 
Sie ist verheiratet 
und hat Tochter ­und Sohn. Mit ihrer 
Tochter Elisabeth hat sie die MaLisa-
Stiftung gegründet, die Frauenbilder 
in den Medien ver­ändern will.
Sebastian Arlt

Hiltrud Werner

Hiltrud Werner, 
53, ist VW-Vorstandsmitglied für Integrität und Recht. Davor 
war sie bei BMW, MAN und bei ZF Friedrichshafen. Sie hat in der DDR eine Ausbildung zur Textiltechnikerin gemacht und Mathematische Methoden und Datenverarbeitung 
studiert. Sie ist 
eine von 27 weiblichen Vorstandsmitgliedern der Dax-Konzerne, 
die anderen 164 sind Männer. Sie ist 
verheiratet und hat 
eine Tochter 
und ­einen Sohn.

Dass Sie Lkw fahren können, hat Ihnen das später ­genützt, Frau Werner?

Werner: Klar. Als ich zum Lastwagenbauer MAN gekommen bin, sollte ich beim Vorstand in São Paulo ein Thema vorstellen. Ein mir wohlgesonnener Kollege schickte mir vorher eine Mail: "Dear Hiltrud, please wear trousers, they are not used to skirts in the board room." Ich bin zwei Tage 
früher nach Brasilien geflogen und habe auf unserem Testgelände alle Lkw gefahren, vom Transporter bis zum 44-Tonner. Das hat sich in Windeseile rumgesprochen. In der Vorstandssitzung habe ich dann im kurzen rosa Kleid präsentiert. Kompetenz war trotzdem kein Thema mehr.

Frau Furtwängler, Lkw-Fahrerinnen gibt es ja selten auf dem Bildschirm. Sie haben das untersuchen lassen . . .

Furtwängler: Ja, meine MaLisa-Stiftung hat Frauenbilder im Film untersucht. Und jetzt auch auf Youtube. Das ­Ergebnis ist nicht sehr ermutigend, was die nächste Generation angeht.

"Wie eine Rolle rückwärts"

Gibt es denn die Influencerin, die einen Computer auseinanderbaut und wieder zusammen?

Furtwängler: Die gibt es bestimmt, aber die hat dann wahrscheinlich nur 100 Follower. Bei den wirklich Erfolgreichen dreht sich fast alles um Fashion, Beauty, Beziehung und Koch- und Basteltipps. Es wirkt wie eine Rolle rückwärts in die 50er Jahre. Bei den Männern ist das Inhaltefenster sehr viel breiter. Und obwohl die jungen Frauen zum Teil sehr viel Geld damit verdienen, beteuern sie, dass es nur ein Hobby sei.

Warum?

Furtwängler: Wenn sie erzählen würden, wie hart der Job der Influencerin auch ist, würde es die Vorstellung von einem modernen Prinzessinnenleben zerstören. Mühelos überall hinfliegen, immer toll aussehen, die angesagteste Tasche am Arm, super Figur . . . das ist die Sehnsucht, die da bedient wird. Dass da harte Disziplin hintersteckt und oft auch Photoshop, passt nicht ins Bild.

Muss ja anstrengend sein für die jungen Leute, die das gucken . . .

Furtwängler: Ja, die Medien setzen Jugendliche extrem unter Druck, dieses permanente Optimieren: Was, der hat schon seinen Abschluss, was, die fliegt nach Barcelona? 
Als ich jung war, gab’s bei uns zu Hause ein Telefon, da konnte ich warten, ob der Angebetete mal anruft. Da­zwischen hockte ich viele Stunden einfach in meinem Zimmer. Heute guckt man ständig, was der macht und was jene macht, das setzt die jungen Leute unter Druck. Ich habe als Kind in einer anderen Lässigkeit gelebt.

Werner: Und es kommen immer neue Erwartungen ­dazu. Das Studieren war vor 30 Jahren nicht annähernd so reglementiert. Es scheint, dass heute alles außerhalb einer Norm nicht normal ist. Das fängt im Kleinen an. Wir unter­schätzen dabei oft die Wirkung einzelner Sätze. Wenn die jungen Leute zu hören bekommen: "Was, du ­studierst immer noch?" – dann ist das wertend und vielleicht sogar verletzend.

"Frauen müssen sich den Raum ertrotzen"

Gibt es dagegen einen Satz, mit dem wir die Jungen ­bestärken können?

Furtwängler: "Schön, dass du abgenommen hast! Die zwei Kilo weniger stehen dir gut!" Das meine ich natürlich ­ironisch.

Werner: Und wehe, sie nehmen die zwei Kilo wieder zu!

Furtwängler: Diese Fixierung auf Äußerlichkeiten ist sehr problematisch. Über die Hälfte der neunjährigen Mädchen hierzulande findet sich schon zu dick. Der Mensch will sich ja vergleichen und einordnen: Wo stehe ich? Das war immer so. Aber heute bist du permanent konfrontiert mit denen, die so schlank sind und so einen geilen Urlaub machen und diese geilen Typen an der Hacke haben. Der Vergleichsdruck hat enorm zugenommen.

Werner: Genau! Meine Tochter hat mit dem Klavier ­spielen aufgehört, weil sie sagte, so gut wie die und die werde ich sowieso nie. Um Jugendliche vom ständigen Ver­gleichen mit anderen abzubringen, hilft vielleicht, wenn man mit einer Frage reagiert: "Was du tust, passt das für dich selbst? Wenn es sich für dich gut anfühlt, dann mach es!" Mir ist noch ein zweiter Satz eingefallen, der wichtig ist, das Selbstvertrauen zu fördern: "Der einzige Mensch, der definiert, wer du bist, bist du selbst."

Furtwängler: Aber dafür müssen sich junge Frauen den Raum ertrotzen, um sich auszuprobieren. Der Körper ist für viele Frauen weniger der Ort, von dem aus sie lustvoll die Welt entdecken, sondern eine dauernde Selbst­optimierungsbaustelle geworden. Es ist für die jungen Frauen trotz aller sexueller Aufklärung eher schwerer geworden, zu ihrer eigenen Lust zu finden. Die Allgegenwärtigkeit von Pornografie hat das nicht leichter gemacht. Dabei ist ja klar, je mehr Empathie ich für mich selbst entwickle, umso mehr Empathie ist auch für andere da.

Werner: Liebe dich selbst, nimm dich selbst an. Sei du selbst. Das sind ermutigende Sätze für die Töchter.

Furtwängler: Aber wie finde ich das heraus? Wer bin ich? Männer können auf dem Bildschirm alles sein. Dick, dünn, lustig, politisch. Der Korridor für Frauen ist viel schmaler. Noch mehr als zu meiner Mädchenzeit geht es darum, schön zu sein. Ich habe auch gelitten in der ­Pubertät, der Busen zu klein und der Hintern ganz falsch, aber ich habe nicht jeden Tag gucken können, WIE falsch es war!

Werner: Genau, der Korridor der Norm, des Akzeptierten ist zu schmal. Das ist in der Wirtschaft genauso. Stellen Sie sich ein Bücherbord vor. Wenn man Männer sucht für eine Managerposition, da stehen die Buchstützen weit auseinander, weil es zwanzig verschiedene Typen gibt, von denen man sich vorstellen könnte, dass sie die Aufgaben meistern. Da ist mal der Sanierer gefragt, mal ein operativ Starker. Wenn man eine Frau sucht, kommen die Buchstützen so eng zusammen, dass nur genau ein schmales Büchlein reinpasst: So muss sie sein, so und nicht anders. Das ist einer der Gründe, der die Suche nach Frauen für Führungspositionen behindert.

"Man darf nicht empfindlich sein"

Wie muss sie denn sein?

Werner: Oft habe ich das Gefühl, sie darf nie einem Mann auf die Füße getreten sein, sollte nur auf ihr Thema ­fokussiert, superspezialisiert sein. Genau das Gegenteil von dem, was Männer erfolgreich macht: nämlich dass sie netzwerken. In meinem Verantwortungsbereich die Buchstützen auseinanderzuschieben, sehe ich als eine wichtige Aufgabe an. Als ich mein Vorstandsressort vor zwei Jahren übernommen habe, gab es da 17 Prozent Managerinnen in Führungspositionen, jetzt sind es 34 Prozent. Die Frauen waren vorher schon da, aber keiner hatte sie auf dem Schirm, weil der Suchkorridor zu eng war.

Tim Wegner

Ursula Ott

Ursula Ott ist Chefredakteurin von chrismon und der digitalen Kommunikation im Gemeinschaftswerk der Evangelischen Publizistik gGmbH. Sie studierte Diplom-Journalistik in München und Paris und besuchte die Deutsche Journalistenschule in München. Sie arbeitete als Gerichtsreporterin bei der "Frankfurter Rundschau", als Redakteurin bei "Emma", als Autorin und Kolumnistin bei der "Woche", bei der "Brigitte" und bei "Sonntag aktuell" sowie als freie Autorin für Radio und Fernsehen. 2020 und 2021 wurde sie unter die 10 besten Chefredakteur*innen des Jahres gewählt. 2019 schrieb sie den Bestseller "Das Haus meiner Eltern hat viele Räume. Vom Loslassen, Ausräumen und Bewahren".
Tim Wegner

Claudia Keller

Claudia Keller ist Chefredakteurin von chrismon. Davor war sie viele Jahre Redakteurin beim "Tagesspiegel" in Berlin.

Furtwängler: Kürzlich hatte ich eine Sitzung mit einflussreichen Medienmacherinnen. Sie alle entsprachen überhaupt nicht dem Bild, welches das Fernsehen oder die Werbung von mächtigen Frauen vermitteln. Eine war sehr zierlich und unscheinbar und hatte eine zarte Stimme. Der einzige Mann in der Runde wollte den Frauen erklären, wo es langgeht, da hat diese Frau nur kurz ausgeholt, zackzack, und ihn mit trefflichen, klaren Argumenten zurechtgewiesen. Ich dachte nur: Treffer, versenkt. Die Diversität der Frauen ist in Wirklichkeit riesig, aber in den Medien sehen erfolgreiche Frauen immer sehr ähnlich aus: dünn, mainstreamattraktiv, schicker Anzug. Die Frau ist dann entweder megatough, aber unglücklich im Privatleben. Oder sie ist unglücklich im Beruf, und am Schluss zieht sie auf die Farm nach Mallorca, weil sie dort ihren Hirten gefunden hat.

Megatough – muss man hart sein als Vorstandsfrau, Frau Werner?

Werner: Empfindlich darf man auf jeden Fall nicht sein. Es geht aber nicht um Härte, es geht um Airtime. Um ­Redezeit. Wie schaffe ich es, dass mir in einer Vorstandssitzung zugehört wird, ohne dass mir gleich einer ins Wort fällt, mein Punkt abgebügelt oder gleich von der Agenda gestrichen wird? Mir ist es wichtig, dass die guten Beiträge von den Mitarbeitern aus meinem Ressort oben 
an­kommen, und dafür brauche ich Redezeit und Gehör.

"Notfalls auch mal weiterreden"

Furtwängler: Wie machen Sie das?

Werner: Man muss Zeit in die Vorbereitung stecken. ­Vorher mit zwei, drei Leuten sprechen, die Positionen ­vergleichen, Kausalzusammenhänge gut begründen, Verbündete suchen. Eine Art Choreografie einüben.

Furtwängler: Und was machen Sie, wenn Ihnen trotzdem das Wort abgeschnitten wird?

Werner: Notfalls auch mal weiterreden, wenn der Inhalt wichtig ist. Interessanterweise kommt es manchmal vor, dass nach einem Businessdinner einer zu mir sagt: Wow, jetzt war eine Frau dabei, und wir haben uns trotzdem den ganzen Abend über Autos unterhalten! Mann, ich arbeite seit 29 Jahren in der Autoindustrie, ich muss nicht über Kinder, Kochen, Krankheiten reden. Es kann passieren, dass die Runde reflexartig das Thema wechselt oder das Niveau senkt, sobald eine Frau dazukommt. Das muss man dann wieder hochbringen. Redezeit und technische ­Diskussionen auf hohem Niveau halten, das sind für mich die zwei wichtigsten Punkte.

"Equal Pay war im Osten selbstverständlich"

In deutschen Dax-Vorständen sind von 191 Personen nur drei aus Ostdeutschland, davon sind zwei Frauen. Zufall?

Werner: Meine Mutter hat immer gearbeitet. Das hat mich sicher geprägt. Darüber hinaus waren Frauen in technischen Berufen dort überall vertreten. Equal pay, also gleiche Bezahlung für gleiche Arbeit, war selbstverständlich. Mit der gleichen Selbstverständlichkeit sind wir vielleicht nach der Wende auch in westdeutsche Unternehmen eingestiegen und haben uns behauptet.

Und Ihr Vater?

Werner: Er war Diakon in einem evangelischen Pflegeheim mit über 250 Patienten. Von ihm habe ich gelernt, was Menschenwürde heißt. Jeder Mensch war ihm gleich wertvoll, egal wie leistungsfähig oder alt. Das Verhalten in scheinbar nebensächlichen Situationen nahm er dabei sehr ernst, zum Beispiel, wenn eine Krankenschwester sagte, die Omi in Zimmer sieben habe dies und das gemacht, dann bestand er darauf: "Das ist Frau Müller!"

Und heute ist der Vater stolz auf die Tochter?

Werner: Ja, sehr. Weil er sieht, dass mir nicht Karriere und Geld das Wichtigste waren, sondern die Frage, wo ich mich einbringen kann mit meinen Fähigkeiten. Mein Vater hat eine besondere Art, auf Menschen zuzugehen. Darin ist er mir noch immer Vorbild. Und es bedeutet mir viel, dass er stolz auf mich ist.

Furtwängler: Ihr DDR-Frauen habt eure Kinder früh und ohne weiteres abgegeben, und die wurden gut betreut.

Werner: Ja, die Kinderbetreuung in der DDR war sehr gut. Insbesondere im Alter zwischen vier und sechs, wenn Kinder sehr neugierig und lernwillig sind, haben die Kinder­gärten diese Zeit mit vielen frühkindlichen ­Bildungsangeboten genutzt und auch soziale Kompetenzen in der Gruppe mit gefördert. Davon habe ich aber nicht mehr profitiert. Mein Sohn ist im Jahr des Mauer­falls geboren, meine Kinder sind beide in München aufgewachsen. Ich habe mal in einem Interview gesagt, dass meine Kinder so nebenbei groß geworden sind. Da habe ich einen riesigen Shitstorm bekommen! Es ist offenbar für viele schwer vorstellbar, Familie und Beruf unter ­einen Hut zu bringen.

"Es geht viel zu langsam voran"

Als Sie in den Westen kamen, hat Ihnen die Exotenrolle geholfen?

Werner: Nein, das war kein Vorteil. Ich bin oft von ­anderen Frauen gefragt worden: Wie machst du das? Erklär doch mal. Was sagt dein Mann dazu, wenn du so spät nach Hause kommst? Als ich das zweite Mal schwanger war, hieß es in der Personalabteilung: Das kann doch nicht im Sinne des Unternehmens sein, wir haben Sie doch gerade befördert! Und als ich im Jahr 2000 in die Revisionsab­teilung wechseln wollte, hieß es: Aber Sie haben doch ein kleines Kind, Sie können doch gar nicht reisen. Da sagte ich: Es gibt viele Männer, die auch Kinder haben und ­reisen können. Das war immer wieder Thema, aber mir ist es ganz gut gelungen, es zum "Nichtthema" zu machen. Nun finde ich, es muss wieder zum Thema werden. Beruf und Familie zu vereinbaren ist immer noch schwierig ­für Frauen, das geht viel zu langsam voran. Ich glaube, die Öffnung der Grenze hat die Gleichstellung der Frauen im Wes­ten vorangebracht, aber es ist noch lange nicht 
zu Ende.

Furtwängler: Wir machen uns da als Frauen gegenseitig zu viel Druck. Man hört immer noch: Du gibst das Kind schon so früh weg? Du bist nicht da, wenn es mittags aus der Schule kommt? – Es ist kein Zufall, dass die Länder mit dem höchsten Mutterideal die geringste Geburtenrate haben, Italien und Deutschland.

"Wir müssen extrem wachsam sein"

Wo stehen wir heute, 30 Jahre nach dem Mauerfall?

Furtwängler: Weltweit sehen wir einen Backlash. Viele der neuen Machthaber zeigen einen autokratischen ­Führungsstil und sind sehr konservativ eingestellt. Da kommt es dann auch schnell zur Beschneidung der Frauen- und Minderheitenrechte. Wir müssen extrem wachsam sein, um schon erreichte Rechte nicht wieder zu verlieren. Wir neigen dazu, schnell wieder Mitleid zu haben mit den Männern. Ich halte das kaum aus. Och Gott ne, die armen Jungs. Zum Beispiel bei der #MeToo-Debatte. Nach der ersten großen Welle begann unter uns Frauen gleich die andere Debatte: "Oh, vielleicht sind wir zu weit gegangen, jetzt trauen die armen Männer sich gar nicht mehr, mit uns Fahrstuhl zu fahren." Ich bin fest davon überzeugt, 
dass diese Angst von uns Frauen, nicht zu gefallen, ­die patriarchale Gesellschaft immer noch am Leben hält. ­
Wir wollen einfach immer nett sein. Irgendwie liebenswert. Man soll uns mögen und attraktiv finden. Ich kenne dieses Gefühl nur zu gut.

Werner: Die #MeToo-Debatte war wichtig. Man hat, ­Männer haben gelernt, dass es beim Ausnutzen einer Machtposition ein Öffentlichkeitsrisiko gibt. Und das ­finde ich in Ordnung!

Furtwängler: Öffentlichkeitsrisiko. Was für ein schönes Wort.

Noch ein schönes Wort – Integrity. So heißt der Posten von Frau Werner. Übersetzt heißt das: Anstand. Wie lebt man heute anständig?

Werner: Anständig ist, wenn ich mich auch dann richtig verhalte, wenn es keiner sieht. Wenn Sie in einen leeren Raum kommen und ein Portemonnaie liegt auf dem Tisch. Stecken Sie es ein oder bringen Sie es zum Fundbüro?

Furtwängler: Tue dem anderen nichts, von dem du nicht willst, dass man es dir selber tut. Das nenne ich Anstand.

Nebenbei gefragt

Frau Furtwängler, waren Sie Ihren ­Kindern schon mal peinlich? 


 

Furtwängler: In der Disco hat ­
mich mal ein Freund meines Sohnes 
angeflirtet. Mein Sohn: "Du weißt schon, dass das 
meine Mutter ist." 
Der pulverisierte sich!

 

Ihre Lieblings­heldinnen 
als Kind?


Furtwängler: Ronja Räubertochter und Pippi 
Lang­strumpf.

Wobei entspannen Sie sich?

Furtwängler: 
In der Natur, 
in den Bergen.

 

Frau Werner, ­waren Sie Ihren ­Kindern schon mal peinlich?


Werner: Ich war oft mit meiner Tochter shoppen, 
und mir gefielen ­Sachen, von denen 
sie fand: Das zieht 
man in deinem Alter nicht mehr an.

Ihre Lieblings­heldinnen als Kind?

Werner: Pippi Langstrumpf 
und für meine Tochter die Rote Zora. 
Aber mehr noch 
Bud Spencer und Terence Hill!

Wobei entspannen Sie sich?

Werner: Live im Eishockey­stadion oder beim 
Fußball. Da, wo 
man Emotionen freien Lauf lassen kann.

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Sehr geehrte Redaktion,
ich freue mich ganz oft über gute Beiträge in ihrem Magazin. Sie bauen mich auf, weiten meine Sicht und helfen mir zu Erkenntnissen. Das Interview mit Frau Furtwängler und Frau Werner gehört nicht zu diesen guten Beiträgen. Vor dem Lesen dachte ich, Frauen, die so weit kommen, müssen klug sein. Nach dem Lesen fand ich, dass sie in einer feministischen Sichtweise gefangen sind, die viel Kampfgeist versprüht, aber weder intelligent ist, noch dem Thema Gleichberechtigung gut tut. Aus meiner Sicht ist es kein Fortschritt, gegen Ellbogen-Machos die Ellbogen-Muttis einzusetzen. Der christliche Weg besteht nicht darin, Mitleid einzustellen, damit man einen höheren Platz in der weltlichen Ordnung einnehmen kann. Ich finde, man hätte die Ansichten der beiden Frauen etwas hinterfragen müssen.
Mit freundlichen Grüßen
Andreas Matt

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Hallo! Da unterhalten sich zwei nicht mehr ganz junge Frauen über die nächste Generation und die jungen Menschen und jemand, der dieser Generation angehört, bekommt vor allem bei den Aussagen von Frau Furtwängler ein permanentes Kopfschütteln. Allein schon, dass Frau Furtwängler gleich zweimal behauptet, unsere Generation würde aufs Fliegen als Statussymbol abfahren, sagt deutlich mehr über sie aus, als tatsächlich über die jungen Menschen. (Wer einmal googelt, stellt schnell fest, Frau Furtwängler hat bzgl. Klimaschutz noch nicht viel kapiert.)

Und dann solche Aussagen wie: Ihr DDR-Frauen...

Also wirklich, finden Sie nicht bessere Gesprächspartner, wenn Sie sich über Gleichberechtigung bei jungen Menschen unterhalten wollen? Z.B. junge Menschen! und nicht so jemand dermaßen von sich und der eigenen Meinung überzeugten Menschen wie Frau Furtwängler.
Bitte mehr Substanz beim nächsten Mal! Danke,
Christian v. Appen

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Liebe Redaktion von Chrismon!
Chrismon, das evangelische Magazin, titelt in seiner letzten Ausgabe - Frauen, nehmt euch den Platz! -. Die Schauspielerin Maria Furtwängler und die VW-Aufsichtsrätin - anderenorts als VW-Vorständin beschrieben - Hiltrud Werner unterhalten sich darüber, wie man sich unter Männern Gehör verschafft. Ja, Sie haben richtig gelesen - Aufsichtsrätin/Vorständin. Das steht so da! Ich finde das geradezu lächerlich, wie man hier die Deutsche Sprache verdreht und vergewaltigt! So eine Position kann man(n)/frau auch anders umschreiben!
Außerdem fühle ich mich als Mann diskriminiert, wenn sie meinen Platz haben wollen, den ich als fleißiger, produktiver, ehrlicher und frauenverstehender Mann einnehme!

Volker Krause

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Vieles darin ist durchaus bedenkenswert und interessant, aber dass Sie das Bild vieler (linker westlicher) Intellektueller, die DDR sei doch eigentlich gar nicht so schlimm gewesen ("Ja, die Kinderbetreuung in der DDR war sehr gut") unkommentiert 1:1 verbreiten, ärgert mich sehr. Natürlich kann Frau Furtwängler in einer freien Gesellschaft die (hoffentlich aus eigener Anschauung gewonnene) Meinung vertreten, in der DDR seien "Kinder gut betreut" gewesen - man kann ja außerdem "gut" rein quantitativ betrachten (nämlich, dass schon sehr sehr kleinen Kinder tatsächlich den ganzen Tag über in Einrichtungen abgegeben werden konnten), man kann "gut" aber auch im Sinne einer Qualität verstehen - und zu der gehörte in der DDR eine ideologische Indoktrination und die Gleichschaltung vom ersten Schritt an. Denken Sie nur an Bettina Wegners Lied "Sind so kleine Hände" - diese bitteren Wahrheiten beruhen auf eigener Anschauung. Übrigens wurde dieses Lied bei Jugendgottesdiensten in Ostberlin gesungen.

Und noch etwas: Wenn aus der (natürlich positiven) gleichen Bezahlung von Frauen in der DDR auf reale Gleichberechtigung in diesem Unrechtsstaat geschlossen wird (wie Frau Werner das nahelegt), ärgert mich das sehr. Der 8. März wurde gefeiert, aber im Privaten war Haushalt Frauensache, und Kinderbetreuung sowieso. In dieser Hinsicht kann von Gleichberechtigung in der ehemaligen DDR keine Rede sein.

Sehr schade, dass Sie dieses Bild einer DDR mit glücklichen rundum-betreuten Kindern und selbstbewussten Frauen, die sich überall behaupten, weil sie ja einst Equal Pay genossen haben, verbreiten. Die "Ränder" der Gesellschaft, die AfD genauso wie die Linke, wird's freuen.

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Liebe Redaktion,
sehr gerne lese ich Ihr Heft und bin froh über Ihre ehrliche Berichterstattung. Verlogen finde ich die Fotos von Maria Furchtwängler in Ihrer letzten Ausgabe. Sie zeigen eine so viel jüngere Frau, die es gar nicht gibt. Die Fotos waren klar bearbeitet. Und dann erklärt die Schauspielerin, dass sie es schade findet, dass sich viele Frauen nur mit Ihrem Äußeren beschäftigen.
Sie ist eine intelligente, gebildete, erfolgreiche und schöne Frau, kann aber nicht zu ihrem Alter stehen.
Bedauerlich.
Mit freundlichen Grüßen
Nicola Krause

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Guten Tag,
mich nervt langsam das Getue der Karrierefrauen, die damit protzen, dass ihreKinder so nebenbei groß geworden sind. Das erhöht wieder den Druck auf die Frauen, die Kinder haben wollen und es dann doch lassen, weil sie eben nicht die Möglichkeiten haben, dass ihre Kinder so nebenbei groß werden können. oder ein Kind bekommen haben und das Gefühl haben, sogar verzweifelt sind, dass es nicht so nebenher geht. Was mache ich nur falsch, warum schafft Fr. Werners nebenbei? Ich denke mal, dass Frau Werner nicht mit einem Facharbeiter sondern mit einem gut verdienenden Akademiker verheiratet ist. Dann kann man auch gut reden und sich die entsprechende Infrastruktur leisten.
MfG
A. Alsdorf

Antwort auf von A. Alsdorf (nicht registriert)

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Liebe Frau/Herr Alsdorf,
Vielen Dank für Ihren Leserbrief, den ich erst heute lese. Sie sprechen mir aus dem Herzen. Auch ich habe mich seinerzeit sehr über dieses Interview geärgert, aus denselben Gründen wie Sie.

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Ich liebe CHRISMON!!
Dank für Ihre heutige BEGEGNUNG mit M. Furtwängler u. Frau H. Werner. Ein Labsal, die Meinungen dieser beiden "gestandenen" Frauen zu lesen!!! Und die Fotos!! Freundlichkeit und "Ruhen-in-sich" strahlen sie aus, besonders Frau Werner. Sie wäre mein absolutes Vorbild, wenn ich ein junges Mädchen wäre...( werde nächstes Jahr 80....)

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Es ist erfreulich, wenn starke Frauen sich auch an große Aufgaben heranmachen. Aber bei ihrem Beitrag in CHRISMON 09/2019 sind Claudia Keller und Ursula Ott in ihrem Eifer wohl über das Ziel hinausgeschossen. Der Mensch bildet eine Gemeinschaft, die alle einschließt, weshalb es auch keine Menschin geben kann. Der Präsident ist eine Einzelperson. Wenn er weiblich ist, wird er zur Präsidentin. Der Vorstand ist ein Gremium, das wieder alle einschließt. Von einer VORSTÄNDIN zu reden, ist also genau so abwegig wie die Menschin.
Der Sprachunfug geht ohnehin schon zu weit, weshalb ja der OB von Hannover auch zum Sprachpanscher des Jahres gewählt wurde. Also laßt mal die Kirche im Dorf.

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Die „Vorständin“ – des Guten zuviel!
Mit Entsetzten habe ich die Titelseite der Chrismon vom September 2019 zur Kenntnis genommen, ein Entsetzen, das es mir unmöglich machte, das Blatt weiter in Händen zu halten.
Es gibt in der deutschen Sprache Nomina, die eine bestimmte Menge (im mengenlogischen Sinne) von Individuen bezeichnen:
- der Verein,
- die Gruppe
- das Kollektiv
Zu der Klasse solcher Nomina gehört auch „der Vorstand“. Das Genus dieser Mengen ist völlig unabhängig von der Zusammensetzung der bezeichneten Kollektive. In einem Verein können allerlei Geschlechter vereint sein, ebenso in einer Gruppe oder in einem Kollektiv.
Niemand kam (bisher) auf den Gedanken, ein weibliches Mitglied eines Vereins eine „Vereinin“, ein weibliches Mitglied eines Kollektives eine „Kollektivin“ zu nennen. Wollen wir genau das ausdrücken, folgen wir anderen Regeln, Wir bilden z.B. Komposita: „Vorstandsmitglied“, „Vereinsmitglied“ usw., oder wir wählen verwandte Nomina, z.B. „Kollektivistin“. Die „Vorständin“ verstößt gegen diese Regeln, was bei einigen sprachlich empfindsamen Menschen die oben bezeichneten Gefühle des Unwohlseins auslöst.
Mir geht es nicht um eine grundsätzliche Kritik an sprachlichen Gleichberechtigungsversuchen. Aber hier ist in guter Absicht über das Ziel hinaus geschossen worden. Ich würde mich sehr freuen, wenn die Redaktion der Chrismon mir künftig durch sorgfältigere redaktionelle Arbeit die Lektüre wieder ermöglichen würde. Mit freundlichen Grüßen

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"Frauen, nehmt euch den Platz!" Heft 09. 2019

Sehr gehrte Frau Keller, sehr geehrte Frau Ott,
man hat als älterer Zeitgenosse schon so manchen Befreiungs - Kampf erlebt, den der Schwarzen in Südafrika, den der Algerier in Nordafrika als Beispiele für die Befreiung vom Kolonialismus, den der Ungarn und Tschechen gegen die Zwangsherrschaft der Sovjets, den der Chilenen gegen die Militär - Diktatur Pinochets, heute das Unrecht, dass die Israelis an den Palästinensern in Form massiver Militärgewalt ausüben ... aber auch innerstaatliche Befreiungs - Kämpfe wie diejenigen Schwarzen und Indianer in den USA als Beispiel für rassistische Unterdrückung ... die Aufzählung ließe sich beliebig erweitern.
Man ist also als aufmerksamer und engagierter Zeitzeuge mit Unrecht und Gewalt hinlänglich vertraut.
Und hätte sich niemals träumen lassen, dass die Dimension dieser Leid - Erfahrungen noch einmal eine weitere Steigerung erfahren könnte, wie es diese verdienstvolle Moderation des Gespräches zwischen Frau Furtwängler und Frau Werner unter dem Titel: "Frauen, nehmt euch den Platz!" durch Sie im Chrismon - Magazin jetzt dem beklommenen Leser vor Augen geführt hat.
Welch schwere Unrechts - und Leid - Erfahrungen ihnen, die sich hart zum Erfolg haben durchkämpfen müssen, zuteil geworden sind! Wie Frau Furtwängler schon als Kind verwehrt wurde, "ein großes Rad zu drehen", weil ihr frühzeitig der Berufsweg zur LKW - Fahrerin verbaut wurde. Wie Frau Werner es zwar geschafft hat, LKW - Fahrerin zu werden, aber dafür mit der zutiefst demütigenden Behandlung konfrontiert wurde, dass man ihr als künftiger Managerin den Anblick eng aneinander gerückter Buchstützen auf dem Bücherbord im Bewerbungs - Zimmer, die nur für ein Buch Platz ließen, ostentativ zumutete Wie sie erleben musste, dass man, also Mann ihr ins Wort fällt oder dass Männer das Gesprächsthema wechseln, wenn sie sich zu ihnen gesellt. Eine besonders subtile und deshalb auch besonders perfide Unterdrückungs - Strategie. Eine typisch weibliche Benachteiligungs - Erfahrung, von der Männer wohl nur schwerlich eine Vor-stellung haben!
Wie der jetzige Backlash zum autokratischen Führungsstil trotz #MeToo die männlichen Machthaber wieder zu einer Beschneidung von Frauen - Rechten verführt - kaum auszuhalten für Frau Furtwängler, die dazu neigte, "Mitleid mit den Männern zu haben". Was man ihr sofort abnimmt.
Und dann eine ihrer der zentralen Erkenntnisse dergestalt, dass die "Angst von Frauen, nicht zu gefallen, die patriarchale Gesellschaft immer noch am Leben hält." Die ja Ursache und Quelle allen Unterdrückungs - Übels ist.
Frau Werner versuchte es zwischendurch auch einmal mit einem Hinweis auf das für Frauen noch immer ungelöste Problem von Beruf und Familie, dass aber unter ihrer Gesprächsmoderation zugunsten der viel wichtigeren Zielsetzung: “Bloß nicht wieder Mitleid mit den Jungs!” natürlich nicht weiter vertieft werden konnte.
Insgesamt eine exemplarische überzeugende Darstellung all der Ungeheuerlichkeiten, die die patriarchale Unterdrückung der Frau mit sich bringt. Dass sich jetzt auch die christliche Kirche so selbstlos und mit soviel Augenmaß auf die Seite der unterdrückten Erfolgsfrauen stellt, sollte einem als Mann zu denken geben. Unverständlich vor diesem Hintergrund, dass am Sonntag den 8.9.2019 dieses entlarvende Aufklärungs - Gespräch nur so kurzfristig im Internet erschien.
Mit freundlichen Grüßen Axel Boldt

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Danke für Euer Interview mit Frau Furtwängler und Frau Werner. Frau Werner hat ja noch ganz vernünftige Ansichten, aber Frau Furtwängler ist unerträglich. Da spielt sich jemand als wissende Frau und Oberlehrerin auf, wie sich meine Generation zu verhalten habe, und haut selbst Dinger raus, dass es zum Fremdschämen ist.

Ihre Ansichten sind so konservativ und gleichzeitig ist sie derart von sich überzeugt, dass es schade bleibt, wie unwidersprochen Chrismon dieser Frau eine Plattform bietet. Wie von gestern sie ist, zeigt ihr schon bei zahlreichen anderen Interviews wiedergegebenes Beispiel mit der Pilotin. Das ganze geschah im Übrigen auf einem enorm kurzen Inlandsflug, nämlich von München nach Berlin.

Sorry, wer so mit der Zukunft von unserer Generation umgeht, von so einem Menschen möchte ich auch keine Ratschläge als Frau erhalten, ach ja, als DDR-Frau. Ja, BRD-Frau Furtwängler, seit bereits 30 Jahren gibt es die DDR nicht mehr.

Bitte in Zukunft kritischer Aussagen in Interviews begegnen, liebes Chrismon, danke

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