Kreuz und Quer - Lernen von der Diakonie. Krankenhausbesuch. Wie berührt man fremde Menschen
Kreuz und Quer - Lernen von der Diakonie. Krankenhausbesuch. Wie berührt man fremde Menschen
Monika Keiler
"Legen Sie die ganze Hand auf, sanft, aber nicht zaghaft"
Menschen aus der Diakonie helfen weiter. Diesmal: Krankenhausbesuch. Wie berührt man einen eher fremden Menschen?
Portrait Hanna Lucassen, Redaktion chrismon, Redaktions-Portraits Maerz 2017Lena Uphoff
24.10.2018

Meine Nachbarin darf nach einer Operation nicht aufstehen. Sie würde sich gern frisch machen, sagt sie. Die Schwestern haben keine Zeit. Da kann ich nichts tun, oder?

Gabriele Kuhnt: Fragen Sie nach, was sie braucht. Vielleicht reicht erst mal ein nasser Waschlappen für Gesicht und Hände? Oder eine Schüssel warmes Wasser. Solche Dinge sind kostbar, wenn man nicht selbst ins Bad kann.

Aber ob sie sich vor einer Be­sucherin waschen will?

Das ist schon intim, ja. Sie könnten auch anbieten, ihr die Sachen auf ihren Nachttisch zu stellen, bevor Sie gehen: Wasser, Lappen, Handtuch. Seife bitte extra, nicht ins Waschwasser. Frische Wäsche. Zahnputzzeug? Dann kann sie sich später in Ruhe frisch machen.


Gabriele KuhntMonika Keiler

Gabriele Kuhnt

Gabriele Kuhnt ist Gesundheits- und Krankenpflegerin, Lehrerin für Pflegeberufe und Respectare®- Praxisbegleiterin. Sie ist Mitglied im evangelischen Diakonieverein.    


Und wenn sie möchte, dass ich ihr helfe, beim Rückenwaschen etwa? Wie stelle ich mich da an?

Seien Sie sanft, aber nicht zu zaghaft. Streifen Sie mit der Hand im Waschhandschuh mit ruhigen Bewegungen über den Rücken. Legen Sie die ganze Handfläche auf. Das mögen viele lieber, als wenn Fingerspitzen oder Lappen flüchtig über die Haut huschen. Wenn Sie die Hand mal wegnehmen müssen, etwa um ein Handtuch zu nehmen, legen Sie die andere auf, so dass es immer Hautkontakt gibt. Fragen Sie Ihre Bekannte, wie es gut für sie ist. Und: Über­legen Sie sich vorher, ob Sie selbst so viel Nähe überhaupt wollen.

Darum geht es doch nicht. Ich will ja ihr was Gutes tun.

Sie spürt, wenn Sie sich unwohl ­fühlen. Wenn Sie sich aber gern ­darauf einlassen, schenken Sie 
ihr nicht nur Erfrischung, sondern auch eine angenehme Berührung. Das ist etwas Besonderes. In unserer Gesellschaft berühren wir einander ja kaum mehr, erst recht nicht außerhalb der eigenen Familie.

Dann tut es ihr auch schon gut, wenn ich ihre Hand halte?

Wenn sie das möchte, ja. Berührung braucht Erlaubnis. Wenn ich meine Mutter im Pflegeheim besuche, mache ich ihr immer ein Handbad, dann schneide ich ihre Fingernägel und massiere die Hände mit einem gut riechenden Öl. Ich weiß, dass sie das nor­malerweise mag, ich frage dennoch jedes Mal vorher, ob ich ­
ihre Hände nehmen darf.

Das klingt nach einem schönen Ritual für Ihre Mutter.

Und für mich! Niemand kann berühren, ohne berührt zu werden.
 
Infobox

Beim Evanglischen Diakonieverein Berlin-Zehlendorf gibt Gabriele Kuhnt Seminare zu Respektvoller Berührung für Angehörige und Gesundheitsberufler. Zum Seminarangebot

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Ich empfinde Ihre barsche Aussage "Darum geht es doch nicht" zu Beginn Ihrer 4. Frage als sehr unhöflich und störend in einem ansonsten gut geführten Interview. Und ich finde, es geht genau auch darum, wie Frau Kuhnt sagt: wieviel Nähe will man selbst zulassen.

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