Auch Wilderer sind Menschen
Schadenfreude über den Tod von Wilderern ist heuchlerisch.
Tim Wegner
27.07.2018

Anfang Juli wurden in einem Reservat in Südafrika die Überreste von drei Menschen entdeckt – vermutlich Wilderer. Auf der Jagd nach Nashör­nern, deren Horn sie teuer nach Asien verkaufen können, sind sie in das private Reservat Sibuya eingedrungen. Dort wurden sie offenbar von einem Rudel Löwen attackiert und gefressen.

Tim Wegner

Michael Güthlein

Michael Güthlein ist Redakteur am Magazin-Desk von chrismon, epd Film und JS-Magazin. Zusammen mit Konstantin Sacher schreibt er die Kolumne "Väterzeit". Er hat Journalismus, Geografie und Germanistik in Mainz und Bamberg studiert. Er schreibt am liebsten über gesellschaftspolitische Themen und soziale Gerechtigkeit.

Wilderei ist ein Verbrechen und muss hart geahndet werden, keine Frage. Aber die Schadenfreude und Häme, die danach über den grausamen Tod von Menschen durch die sozialen Medien geisterte, ist abstoßend. "Kein Gericht der Welt hätte ein besseres Urteil sprechen können. Dank dir, Löwe!", steht ­unter einem Artikel. Oder: "Ich habe versucht, den Tod dieser Menschen zu bedauern. Es ist mir nicht ge­lungen." Bedauern muss man deren Tod vielleicht nicht unbedingt. Wer sich illegal in ein Reservat ­begibt, kann damit rechnen, von Tieren angegriffen zu werden.

Ausgelassene Freude über ihren Tod ist allerdings heuchlerisch. Im Jahr 2017 wurden allein in Deutschland 57,9 Millionen Schweine und 3,5 Millionen Rinder geschlachtet, damit wir im Discounter Steaks für 2,99 Euro kaufen können. Tierleid wird gegen Profit getauscht, genau wie in der Wilderei. Das interessiert hierzulande aber kaum jemanden, weil man vor der eigenen Türe ­kehren müsste – und weil Schweine und Rinder sich nicht wehren ­können wie Löwen.

Permalink

Am 19. Juli 2018 ist der Field Ranger Respect Mathebula im südafrikanischen Kruger National Park von Wilderern ermordet worden. Von Verbrechern, die rücksichts- und skrupellos vor allem den steinzeitlichen asiatischen Aberglauben mit seinen Vorstellungen und „medizinischen“ Behandlungsmethoden bedienen. Die mit der AK 47 Nashörner, Elefanten und andere wunderbare und häufig von der Ausrottung bedrohte Tiere jagen und ihnen vielfach noch bei lebendigem Leib mit der Axt Hörner und Stoßzähne aus dem Kopf schlagen.

Leider ist der ermordete Ranger bei Weitem nicht der Erste und wird auch nicht der Letzte sein, der von diesen Kriminellen umgebracht wird.

Wie man diese Metzeleien mit der Nahrungsproduktion in Deutschland gleichsetzen kann (an deren Methoden auch ich vieles auszusetzen habe), ist mir schleierhaft: Kein Rind wird hier getötet, um ihm lediglich das Filet herauszuschneiden und den großen Rest auf die Müllkippe zu werfen. Deshalb auch von mir: Dank dir, Löwe!

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